Die Trolle
Wachpostenlinie. Ohne zu wissen, wann die Wachen jeweils abgelöst wurden, war es zu riskant, einen Posten auszuschalten, und für eine längere Beobachtung der Routine blieb ihnen nicht genug Zeit. Dementsprechend versuchte Sten eine Möglichkeit zu finden, zwischen zwei Feuern hindurchzuschleichen, was natürlich heikel war. Bäuchlings arbeiteten sie sich Stück für Stück vor, die Nerven zum Bersten gespannt und jeden Handbreit Boden überprüfend, bevor sie weiter krochen. Zu beiden Seiten sahen sie den Lichtschein der Feuer und am rechten eine Gestalt, die auf und ab schritt. Doch schienen die Blicke des Soldaten sich mehr auf den finsteren Rand des Waldes zu konzentrieren. So leise wie möglich robbten sie weiter, bis sie den Feuerschein hinter sich gelassen hatten.
In einer kleinen Kuhle machte Sten Halt und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Alles klar?«, fragte er Costin, der stumm nickte. Jetzt galt es, in das Lager selbst einzudringen und so viel wie nur möglich über die Stärke und Zusammensetzung von Zorpads Heer herauszufinden. Nach einer kurzen Pause liefen sie geduckt zu den ersten Zelten und knieten sich hinter eines. Das Lager lag ruhig da, der größte Teil der Krieger schien zu schlafen, was kaum verwunderlich war, wenn man bedachte, wie sehr Zorpad seine Untergebenen antreiben musste, um ein solches Marschtempo vorzulegen. Mit einem Wink zeigte Sten Costin die Richtung an, dann schlich er auch schon weiter. Ohne größere Probleme gelangten sie an den ersten Zeltreihen vorbei, stets darauf bedacht, einen Bogen um die heruntergebrannten, aber noch glimmenden Feuer zu schlagen. Die wichtigeren Anführer der Masriden würden natürlich in Dabrân übernachten, in einem weichen Bett und mit einem Dach über dem Kopf, und waren somit sicher vor Übergriffen durch die Kundschafter. Aber auch hier draußen, vor den Toren der Stadt, musste es irgendwelche Hinweise auf Zorpads Pläne geben. Sich auf seinen Orientierungssinn verlassend, schlich Sten zwischen den Zelten umher und versuchte, in die Nähe des Herzens dieses Heerlagers zu gelangen. Im Geiste schätzte er die Größe der Zelte und die ungefähre Menge der darin untergebrachten Krieger ab, und sein Mut sank mit jeder langen Reihe von Zelten, an denen sie vorbeikamen. So verflucht viele, fuhr es ihm durch den Sinn. Der Marczeg hat alles zusammengekratzt, was er nur auftreiben konnte!
Schließlich mussten sie anhalten, denn vor ihnen lag ein schmaler Streifen ohne Zelte, hinter dem wieder Feuer brannten und Wachen umherschritten. Das Erdreich, vermutlich einst eine satte Wiese, war durch Hufe und Stiefel aufgewühlt und schlammig, dennoch glitten die beiden Wlachaken zu Boden und legten sich hinter das letzte Zelt in Deckung.
»Wachen«, flüsterte Costin unnötigerweise, und Sten nickte. Hinter den Feuern erhoben sich weitere Zelte, größer und prunkvoller als die der einfachen Soldaten, und daneben sah der junge Krieger dunkle Schatten wie von Karren stehen. Ein kleines Grüppchen Soldaten, etwa eine Hand voll, hatte sich um eines der Feuer versammelt und redete leise miteinander. Verständlicherweise waren sie nicht besonders aufmerksam, befanden sie sich doch mitten unter mehreren tausend Verbündeten.
»Warte hier«, zischte Sten. »Ich komme gleich zurück. Wenn nicht, verschwinde.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, erhob er sich und huschte davon, an der Rückseite des Zeltes entlang bis zu dessen anderem Ende, von wo aus er noch einen Blick auf die Gruppe der Wachen warf, bevor er das freie Stück überquerte. Mit hämmerndem Herzen erreichte er ein großes, dunkles Zelt, in dessen Schatten er sich duckte. Erst einmal blieb er einige Herzschläge lang dort, bis seine Atmung sich wieder beruhigt hatte, dann spähte er um das Zelt herum. Zu seiner Linken konnte er leises Wiehern hören, während die Wagen nur ein, zwei Dutzend Schritt vor ihm standen. Vorsichtig schlich er weiter und näherte sich den Fahrzeugen, die sauber aufgereiht abgestellt worden waren. Mal sehen, was der Marczeg so an Nachschub dabeihat. Sten grinste. Auf den Ladeflächen waren Güter, über die jeweils eine Plane gespannt war, um sie vor Regen zu schützen. Leise hob Sten den festen Stoff an und fand auf dem ersten Wagen ein gutes Dutzend Fässer. Ein kurzes Rütteln zeigte ihm, dass diese gefüllt waren, also schlich er zum nächsten Karren, auf dem sich ebenfalls Fässer befanden. Nichts Besonderes, dachte der Wlachake. Sodann fiel sein Blick
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