Die Trolle
erkennen konnte.
Obwohl der Fluss schon beinahe vollständig im Dunkeln lag, entledigte Sten sich am Höhleneingang seiner Kleider, um ein Bad zu nehmen. Das Wasser war klar und kühl, aber nicht zu kalt. Mit kräftigen Zügen schwamm er zu einem Felsen in der Mitte des Flusses, den der Strom zu einem beinahe gleichmäßigen Block geschliffen hatte. Die Strömung zerrte träge an seinem Körper, doch er zog sich auf den gewaltigen Steinbrocken, wo seine Zehen Halt auf dem glitschigen, von Algen bewachsenen Boden suchten. Prustend schüttelte er sich das Wasser aus den Haaren, streckte sich aus und genoss die letzten wärmenden Sonnenstrahlen.
Sein Blick fiel auf seine Arme und Beine, wo die Male und Verfärbungen, die er als Andenken an Zorpads Gastfreundschaft mitgenommen hatte, sich bereits gelblich verfärbten. Bald würde ein farbenfrohes Muster seinen Körper bedecken, eine verblassende Erinnerung an die Brutalität seiner Häscher.
Noch immer stellte er sich die Frage, was der Einäugige in Zorpads Kellern mit seinem Satz »Wenn wir erst das Eisen haben …« gemeint haben könnte. Zorpad hatte nicht gewollt, dass sein Lakai weitersprach, das war klar. Und das, obwohl er mich danach hat in einen Käfig verfrachten lassen.
Irgendwann würden die Flecken und Verfärbungen auf seiner Haut verschwinden, doch die lange weiße Narbe, die sich links über die Rippen zog, hob sich deutlich von seiner braunen Haut ab. Diese Erinnerung an die Masriden würde er sein Leben lang behalten. Als er die Wunde davongetragen hatte, war es beinahe einem Wunder gleichgekommen, dass er überlebt hatte. Zumindest hatte Viçinia, die sich wochenlang um ihn gekümmert hatte, das später behauptet. Sie hatte jedoch auch behauptet, dass der Heiler ihn den anstrengendsten Patienten genannt habe, den er je behandelt hatte. Was zeigte, dass sie gewiss auch übertrieben hatte, was seinen damaligen Zustand anging. Die Erinnerung an ihren gespielten Zorn und die echte Sorge um ihn ließ ihn lächeln.
Der Wald an den Ufern wirkte ruhig und friedlich, Vogelstimmen klangen durch die milde, frühherbstliche Abendluft, und zwischen den Klippen jagten die ersten Fledermäuse über dem leise gurgelnden Wasser hin und her. Eine Weile sah Sten dem unbekümmerten Treiben zu und gestattete sich, all seine Sorgen und Nöte für den Augenblick zu vergessen. Dann jedoch kehrte er in die Wirklichkeit zurück und dachte darüber nach, wie er die Trolle am besten nach Teremi bringen konnte.
Die Masriden hatten ihre eroberte Stadt im Lauf der Jahrzehnte ausgebaut, und inzwischen beschützte eine wehrhafte Mauer den größten Teil Teremis. Die Trolle durch die Tore einschmuggeln zu wollen war vermutlich ein zu gewagtes Unterfangen. Wohl oder übel würden sie den Magy überqueren müssen, denn Zorpads Hauptstadt hatte einen Hafen, in dem zahlreiche Schiffe und Boote lagen. Dort mochte es eher möglich sein, die Trolle in das Innere der Stadt zu schaffen. Oberhalb von Teremi war der Fluss so breit und flach, dass es in den wasserarmen Monden manchmal eine Furt gab, durch die man den Flusslauf einfach überqueren konnte. Aber die Regenfälle der letzten Wochen hatten die Zuflüsse des Magy gespeist, so wie die Reiba hier, sodass der Magy gewiss mehr Wasser führte.
Blieben die Fähren … aber wie sollte der Wlachake die fünf Trolle auf eines der breiten Boote schmuggeln? Es war ausgeschlossen, dass sie offen mitfuhren, das würde viel zu viel Aufmerksamkeit erregen. Dann gab es noch die Flusskähne und Fischerboote; möglicherweise ließ sich eines davon kaufen oder zur Not stehlen, denn Geld hatten sie schließlich keines bei sich.
Vielleicht sollte er die Trolle auch einfach irgendwo in einem Versteck zurücklassen und allein nach Teremi gehen? Doch Sten war sich sicher, dass die Trolle diesen Plan verwerfen würden, so vernünftig er auch sein mochte.
Er war tief in Gedanken versunken, als plötzlich ein Stein vor ihm in den Fluss platschte und Wasser zu ihm aufspritzte.
Fluchend richtete sich der junge Krieger auf die Fersen auf und warf dann einen vorsichtigen Blick nach oben. Auf dem Felsen gegenüber stand ein Baum, eine alte Weide, die sich in das spärliche Erdreich gekrallt hatte, und zwischen den herabhängenden Ästen der Weide sah Sten undeutlich eine Gestalt, die halb von den Zweigen verborgen war.
»Sag deinen großen ungewaschenen Freunden, dass wir sie hier oben erwarten, wenn die Sonne schläft«, ertönte die Stimme des Elfen durch
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