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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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den Spalt. Von einem Augenblick zum nächsten verschwand er, als wäre er nie da gewesen. Zunächst strengte Sten noch seine Augen an, aber als er sicher war, dass es nichts mehr zu sehen gab, schwamm er zur Höhle zurück.
    Während er sich wieder ankleidete, sagte er zu Zdam: »Der Vînak war draußen. Er sagt, sie warten auf euch, wenn die Sonne untergegangen ist.«
    Bis auf ein unbestimmtes Brummen konnte er dem Troll jedoch keine Antwort entlocken. Gereizt fragte sich Sten, ob Zdam so schweigsam war, weil er noch weniger Worte kannte als die übrigen seiner monströsen Begleiter.
    Der Aufstieg, an den sie sich machten, sobald die Trolle erwacht waren, fiel Sten leichter als der Abstieg, da sein Körper mit jeder Nacht Schlaf und jeder Mahlzeit wieder zu seiner alten Stärke und Ausdauer zurückfand. Auch die Trolle erreichten schnell die Kante des Felsens, wo sich die Gruppe erst einmal vorsichtig umsah. Der Vînak hatte von mehreren Elfen gesprochen, und auch wenn dies vielleicht eine Lüge gewesen war, so mussten sie doch mit einer ganzen Gruppe von Spitzohren rechnen. Prüfend sog Pard Luft in seine Nüstern und nickte zustimmend: »Sie waren hier; wie viele, weiß ich nicht.«
    »Kannst du den Spuren folgen?«, fragte Sten leise.
    Beinahe beleidigt sah der riesige Troll ihn an. »Kannst du in den Wald scheißen?«
    »Schon gut, schon gut«, erwiderte Sten säuerlich, aber der Troll hatte sich schon abgewandt und führte die Gruppe vom Fluss fort und tiefer in den Wald hinein. Nach einigen Dutzend Schritten sahen sie nicht weit entfernt ein kleines schwaches Licht, wie von einer niedrig brennenden Flamme. Und tatsächlich, als sie sich vorsichtig näherten, brannte auf einer Lichtung ein rauchloses Feuer. Behutsam näherten sie sich, bis aus dem Wald wieder die Stimme des Elfen ertönte: »Wie ich hörte, mögt ihr Menschen euer Fleisch verbrannt, deshalb das Feuer. Ich habe das hier für euch.«
    Mit diesen Worten wurde eine Hand voll Kaninchenkadaver auf die Lichtung geworfen, die offenbar sorgfältig gehäutet und ausgenommen worden waren. Hinter ihnen her schritt der Elf, diesmal langsam, und trat schließlich mitten in den Feuerschein.
    Es war das erste Mal, dass Sten einen Elfen sah, und er besah sich das fremdartige Wesen genau. Auf den ersten Blick unterschied ihn nicht viel von einem Menschen, nur war er kleiner als die meisten und von schlankerem Wuchs. Gekleidet war er nur in eine lockere, lederne Hose, die ihm von der Hüfte bis knapp unter die Knie reichte. Im flackernden Schein des Feuers konnte der Wlachake erkennen, dass die Hose aus verschiedenen Lederflicken zusammengenäht worden war und dass die Nähte alle mit kleinen gestickten Mustern verziert waren.
    Augenfälliger als die Kleidung – oder besser, ihr Fehlen – war der Oberkörper des Elfen, denn auf seiner Brust und den Schultern prangte ein großes Hautbild. Obwohl er sich Mühe gab, die verschlungenen Linien zu erkennen, konnte Sten kein wirkliches Motiv ausmachen. Vielmehr handelte es sich um große, dunkle Flächen und Konturen, die in seltsamen Bögen und Wirbeln über die Haut liefen und den Umrissen der Muskeln folgten. Das Ganze ergab ein verwirrendes, seltsam faszinierendes Bild, das den Blick des Betrachters gefangen hielt. Schon oft hatte Sten die Hautbilder gesehen, die von den Bilderstechern der Masriden angefertigt wurden und die inzwischen auch bei den Wlachaken beliebt waren, aber dies hier war anders, nicht so dunkel und künstlich, sondern auf eine Weise an die Haut des Elfen angepasst, dass es wirkte wie ein natürlicher Teil von ihm. Es zog sich vom Bauch aus über die Brust und die Schultern bis zu den Ellenbogen hinab, und Sten war sich recht sicher, dass der Rücken des Elfen ähnlich verziert war.
    Dazu trug der Vînak sein schwarzes, langes Haar, das selbst im spärlichen Licht schimmerte, offen und nur von einigen Zöpfen gebändigt.
    Am fremdartigsten aber war das Antlitz, dessen scharf geschnittene Züge Neugier ausdrückten. Unter dünnen Brauen sahen zwei mandelförmige, unergründliche Augen hervor. Die Ohren waren lang und spitz und standen ein wenig vom Kopf ab, was gemeinsam mit den hohen Wangenknochen den raubtierähnlichen Eindruck verstärkte, den der Elf auf Sten machte. Die Haut des Gesichts war ebenso wie die des Körpers gebräunt und erschien dennoch sehr fein und glatt. Außer den Augenbrauen und Kopfhaaren konnte Sten keine weiteren Haare erkennen, weder am Leib noch am

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