Die Trüffelgöttinnen (German Edition)
zum Packen ins Hotel fahren wird, und von dort aus direkt zum ‚Mermaid’, dem exklusivsten Beauty-Spa von New York, wo du auf Kosten des Senders ein paar Tage verbringen wirst. Es ist nämlich so,“ sie hatte sichtlich Mühe, die richtigen Worte zu finden, „dass wir für die Sendung noch ein bisschen was an deinem Äußeren verändern müssen.“
Der letzte Satz traf Melanie wie ein Keulenschlag. Sie musste etwas an ihrem Äußeren verändern? Sie, an der die bewundernden Männerblicke wie Abziehtattoos klebten, wenn sie irgendwo auftauchte? Außer heute beim Frühstück im Hotel, aber dem maß sie inzwischen keine besondere Bedeutung mehr bei.
Dass ihre Taille und Hüften wesentlich schmaler und harmonischer proportioniert waren als die von May, brauchte man gar nicht erst nachzumessen, und dass sie diejenige war, die den makelloseren, glatteren Teint und die straffere Haut hatte, sah man nun wirklich nicht nur unter dem Mikroskop. Und sie sollte diejenige sein, die sich einer Schönheitsbehandlung unterziehen musste? Sie war fassungslos.
„ Nur ein paar Kleinigkeiten, Melanie, wirklich! Und du wirst sehen: nach dieser Woche fühlst du dich wie neu geboren, und dann kann es losgehen mit uns beiden! Hier“, sie zog eine schmale grüne Mappe und eine Videokassette aus ihrem Schreibtisch, „findest du alles über das neue Konzept und wie wir beide das Ganze umsetzen werden! Das liest du am besten auf der Beautyfarm. Du musst jetzt leider gleich wieder los, damit du jede Minute für deine Behandlungen nutzen kannst. Ich rufe dir einen Fahrer.“
Mit der rechten Hand schob sie Mappe und Video über den Schreibtisch, während sie mit der linken einen kleinen roten Knopf an ihrem Telefon drückte. Keine Minute später stand ein freundlicher junger Mann mit einer überwältigenden Rastalockenfülle vor ihr, der sich als Jay vorstellte und sie zielstrebig zum Aufzug führte, nachdem sie sprachlos Labtop und Handtasche wieder aus dem Schreibtisch geholt und sich von May verabschiedet hatte.
Während der Fahrstuhl sie und ihren Chauffeur zweiundfünfzig Stockwerke in die Tiefe stürzen ließ, wuchs in ihr eine Gewissheit, die ihr zunehmendes Unbehagen bereitete: Die kommenden sechs Monate würden zweifellos noch einige Überraschungen für sie bereithalten.
Ob sie das befürchten oder ob sie sich darüber freuen sollte, würde sie wohl erst am Ende erfahren.
Die Fahrt mit dem ebenso charmanten wie kommunikationsfreudigen Jay zum Hotel und dann weiter zum Mermaid war so kurzweilig und interessant, dass sie kein Auge hatte für die an ihnen vorbeifliegenden Sehenswürdigkeiten in Form von Bauwerken und in bunter Kleidung dahineilenden Menschen unterschiedlichster Hautfarben. Jay klärte sie im Detail über die individuellen Eigenarten ihrer neuen Kollegen auf, und das klang teilweise eher wie ein Auszug aus einer besonders skurrilen Daily Soap. So erfuhr sie unter anderem, dass ihr gemeinsamer Boss Harry Shinder hinter seinem Rücken nur Hyde genannt wurde, weil er genau so skrupellos, mörderisch und hinterhältig war wie die berühmte Romanfigur aus Dr. Jekyll und Mr. Hyde , was durch sein originalgetreues JR-Grinsen noch eindrucksvoll unterstrichen wurde. Sein Hobby war das Sammeln alter französischer Rotweine, von denen einige so teuer waren, dass eine Familie in der Bronx vom Erlös einer einzigen Flasche mehrere Jahre hätte leben können. Er hortete sie in seinem sorgfältig temperierten Gewölbekeller wie kostbare Schätze, und wenn Hyde für seltene und kurze Momente seine sterbliche Hülle für einen unerwartet sympathischen Jekyll freigab, schwärmte er von seiner bevorzugten Todesart: in einem großen Eichenfass mit 1888er Mouton Rothschild zu ertrinken.
Es schien so manchen zu geben, der ihm diesen Wunsch liebend gern umgehend erfüllt hätte, wäre der Wein nicht so verdammt teuer gewesen.
Barry Winner, auf dessen Banane ihr Boss im Studio ausgerutscht war, wurde auch in Anwesenheit oft nur Dong genannt. Melanies Repertoire an Dirty English war groß genug, um den Körperteil zu identifizieren, der damit bezeichnet wurde, aber der Spitzname hatte noch einen anderen Hintergrund. Wie Jay grinsend anmerkte, hatte Barry diesen Namen einerseits dem mit einem überdimensionalen Geschlechtsorgan ausgestatteten Pornostar Long Dong Silver zu verdanken und andererseits seiner Angewohnheit, sich vor dem abendlichen Ausgehen eine Banane in die Hose zu stecken, wobei er Bananen der Marke Chiquita
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