Die Trüffelgöttinnen (German Edition)
Armen auf sie zu. Das war vermutlich die Herrscherin über Falten, schlaffe Haut und Fettpolster, Madame Beauté. Zumindest ließen ihre Vorliebe für französische Wörter und ihr hinreißender französischer Akzent darauf schließen.
„ Darf ich Ihnen ein paar von diesen wundervollen Champagnersahnetrüffeln anbieten? Sie werden extra für unser Haus zwei Mal die Woche frisch aus Belgien eingeflogen!“
Madeleine griff nach einem Kristallschälchen, vermutlich extra von Lalique aus Paris eingeflogen, und hielt Melanie die verführerisch duftende, kunstvoll aufgeschichtete Pyramide aus weißen, rosa und dunkelbraunen Sahnetrüffeln unter die Nase. Champagnersahnetrüffel! Ein paar! Einer davon hatte schon mehr Kalorien als Melanies reichhaltigster Abendimbiss. Zum ersten Mal fragte sie sich ernsthaft, ob sie hier eigentlich wirklich in einer Schönheitsfarm gelandet war, aber die erlesenen Cremetiegel und Flacons, die Kleenexboxen und die ganzen kosmetischen Instrumente, die sie bis auf einige wenige von ihren regelmäßigen Sitzungen bei ihrer Frankfurter Kosmetikerin kannte, ließen keinen Zweifel daran.
Als Melanie schweren Herzens ablehnte, griff Madeleine selbst zu und verzehrte vor ihren Augen in rascher Folge und mit genießerischem Gesichtsausdruck fünf dieser unverzeihlichen Todsünden.
„ Mademoiselle, Sie müssen das auch tun! Wie sollen wir sonst unser Ziel erreichen - in nur einer Woche!“
Madeleine hielt ihr noch einmal das Schälchen unter die Nase, und diesmal konnte Melanie dem köstlichen Duft nicht mehr widerstehen. Sie nahm einen der zartrosa Trüffel und ließ ihn im Mund schmelzen, während Madeleine sie glücklich ansah wie eine Mutter, deren Kind endlich den ersten Löffel des verhassten Spinats aufgegessen hatte.
Was hatte ihr Ziel mit der Anzahl der verspeisten Champagnersahnetrüffel zu tun, und welches Ziel um Himmels willen war das eigentlich?
„ Wunderbar, nicht wahr? Wissen Sie, ich muss mich auch immer noch jedes Mal dazu überreden, aber es geht immer leichter! Man muss eben einiges tun für die Schönheit!“
Madeleine seufzte und stellte das Schälchen beiseite, dann führte sie Melanie zu dem großen, ungemein bequem aussehenden Behandlungsstuhl. Vermutlich aus extra aus Transsylvanien eingeflogenem Fledermausleder dachte Melanie in einem leichten Anflug von Sarkasmus.
„ Ich habe bereits einen umfangreichen Behandlungsplan für Sie aufgestellt, Mademoiselle. Bitte nehmen Sie ihn mit in Ihre Suite und studieren Sie ihn eingehend. Wenn Sie Änderungswünsche haben, werden wir diese selbstverständlich berücksichtigen! Und jetzt entspannen Sie bitte ganz einfach!“ gurrte Madeleine, während sie Melanie in eine bequeme Sitzposition brachte.
Kurz bevor sie endgültig in ein von herrlichen Duftessenzen, kühlen Lotionen und Cremes und sanft massierenden Händen herbeigeführtes Nirwana sank, fiel Melanies Blick in einem letzten wachen Moment auf das Regal mit den Cremetiegeln und dort auf ein kleines goldenes Cremedöschen. Aging-Creme stand in geschwungenen Lettern auf dem irisierenden Etikett, das sich im Wegdämmern vor ihrem ungläubigen Blick in einem leuchtenden Farbnebel auflöste.
Nur mühsam gelang es Melanie, gegen die angenehme Schwere der Entspannung die Augenlider zu heben. Im ersten Moment wusste sie nicht, wo sie war, bis ihr Blick auf das kleine rote Herz und den rosa Teddybären fiel. Das Mermaid, natürlich! Sie brauchte noch einen Moment, um richtig wach zu werden, aber dann sprang sie mit einem Satz aus dem Behandlungsstuhl, in dem sie ganz offensichtlich direkt in ihre Suite geschoben worden war. Sie musste wirklich sehr entspannt gewesen sein.
Sie hatte keine Ahnung, was Madame Beauté mit ihr angestellt hatte, sie spürte nur, dass es unter der Oberfläche ihrer leicht geröteten Haut arbeitete. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass es bereits kurz vor Sechs war. Melanie beschloss, vor dem Abendessen einen kleinen Rundgang durch die Anlage zu machen, bevor sie sich zum Abendessen im Mermaid’s Delight einfand, um als Buße für die Sahnetrüffel nur ein paar Salatblätter und vielleicht einen kleinen Magermilchjoghurt zu sich zu nehmen. Anschließend würde sie im Sender in Frankfurt anrufen und sich danach über Mays Unterlagen hermachen, um endlich zu erfahren, wie dieses brandneue Format aussah, das sie und May gemeinsam umsetzen sollten.
Sie entschied sich für einen besonders gewagten hautengen Overall aus schwarzem Seidenjersey,
Weitere Kostenlose Bücher