Die Trüffelgöttinnen (German Edition)
dessen tiefer Rückenausschnitt bis zum Poansatz reichte und den Blick auf viel straffe Haut freigab und ihre makellose Figur voll zur Geltung brachte. Sollte man ruhig sehen, dass sie eine Schönheitskur durchaus nicht so nötig hatte, wie man ihr einzureden versuchte! Mit selbstbewusst erhobenem Kopf verließ sie ihre Suite und fand sich auch ohne Rachels Plan auf Anhieb in den zahlreichen mit pinkfarbenem Samtvelours ausgelegten Gängen und Fluren zurecht. Während Sie sich einen umfassenden Überblick über die Anlage verschaffte, begegnete sie mehreren bekannten Gesichtern, eine von ihnen war eine amerikanische Songdiva, von der Melanie fast alle CDs besaß. Melanie sah ihr nach, bis sie um die nächste Ecke verschwunden war.
In dem weitläufigen Park, der zu der Anlage gehörte, saß auf einer der muschelförmigen Bänke eine lebende Legende im obligatorischen pinkfarbenen Bademantel und blätterte sichtlich gelangweilt in einem der überall bereitliegenden Schönheitsmagazine. Melanie kannte die ständig in der internationalen Yellow Press kursierenden Geschichten über die unerträglichen Starallüren dieser begnadeten Schauspielerin und erwartete, ganz einfach hoheitsvoll übersehen zu werden. Stattdessen erntete sie ein Lächeln, das sogar Packeis zum Schmelzen gebracht hätte.
„ Hätten Sie Lust auf einen kleinen Plausch? Ich langweile mich ziemlich, muss ich zugeben, und Sie sind die erste wirklich sympathisch wirkende Frau, die mir hier begegnet, und dabei reise ich morgen schon wieder ab.“
Gegen ihren Willen fühlte Melanie sich geschmeichelt und setzte sich zu dem Star. Überrascht registrierte sie die zarten Linien, die das Gesicht wie ein fein gesponnenes Netz überzogen, und auch wenn diese Frau auch ohne Schminke noch attraktiver war als die meisten anderen Frauen ihres Alters, so wirkte ihre Haut durchaus nicht so taufrisch wie auf der Leinwand. Interessant, was man mit Filmschminke so alles vor den Augen der Kinobesucher verbergen konnte.
„ Wissen Sie, bis auf besonders hartnäckige Fans der eher unangenehmen Sorte traut sich ja auch kaum jemand, mich anzusprechen. Jeder glaubt das, was die Presse über mich erfindet, nur weil ich die Journalisten nicht so hofiere, wie sie es gerne hätten. Und die anderen“, sie strich mit einer anmutigen Bewegung eine vom Wind ins Gesicht gewehte Locke zurück, „trauen sich nicht, weil sie glauben, man sei ein Übermensch, quasi eine herabgestiegene Göttin, und dass sie ein Blitzstrahl träfe, wenn sie es wagten, sich zu nähern. Man wird ganz schön einsam dabei, glauben Sie mir.“
Sie sah einen Augenblick lang so traurig aus, dass Melanie heftig gegen den Impuls ankämpfen musste, sich spontan zu ihr hinüberzubeugen und sie wie ein Kind in den Armen zu wiegen.
„ Ich war drei Tage hier. Länger war nicht möglich, weil ich mitten in Dreharbeiten stecke. Wie lange werden Sie bleiben?“
„ Eine Woche. Ich bin heute Mittag angekommen und hatte auch schon meine erste Behandlung. Äußerst entspannend, kann ich nur sagen.“
Melanie fühlte noch jetzt die hypnotische Wirkung der sanft kreisenden Fingerspitzen und der betäubenden Duftessenzen.
„ Dann haben Sie ja noch alles vor sich. In einer Woche kann man natürlich wesentlich mehr erreichen als in drei Tagen. Eigentlich hatte ich diesen Besuch hier ja gar nicht eingeplant, aber mein Manager hat mit Engelszungen auf mich eingeredet, und“, sie verstummte für einen Moment und hielt ihren Blick starr auf Melanie gerichtet, als eine Gruppe von drei ziemlich auffällig gekleideten und schmuckbehangenen Frauen langsam an der Bank vorbeischlenderte, und dabei immer wieder ehrfürchtig und aufmerksamkeitsheischend herüberäugte.
„ Oh Gott, nicht schon wieder dieses Trio Infernal! Die verfolgen mich schon seit meiner Ankunft!“
Melanie beschloss, eine ihrer Spezialwaffen einzusetzen, mit der sie bisher erfolgreich jeden unerwünschten Zeitgenossen abgeschreckt hatte, egal ob männlich oder weiblich. Sie musterte die drei Frauen so herablassend und arrogant von oben bis unten, dass es sofortige Wirkung zeigte. Das Trio steckte irritiert die Köpfe zusammen und zog tuschelnd weiter.
„ Ich danke Ihnen! Es gibt nichts Schlimmeres als zudringliche Fans, die einem am Liebsten das letzte private Detail aus den Poren quetschen würden.“
Die Arme atmete sichtlich erleichtert aus. Das Leben als Weltstar schien noch härter zu sein als Melanie bislang gedacht hatte.
„ Wo waren wir stehen
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