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Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Titel: Die Trüffelgöttinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lexa Holland
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das Leben.
    Er nahm noch einen Schluck Champagner und sah den zarten Rauchgebilden nach, die von dem Zigarillo zur Decke aufstiegen. Er war schon immer davon überzeugt gewesen, dass Eintagsfliegen weiter in die Zukunft sehen konnten als Menschen, aber diese Entwicklung hätte selbst ein überraschend weitsichtiges menschliches Exemplar nicht voraussehen können. Im Grunde empfand er das Ganze inzwischen als interessantes und vor allem höchst lukratives Experiment, das er bis zu seinem Abschluss distanziert wie ein Wissenschaftler den aufgespießten Schmetterling beobachten würde.
    Das Einzige, das ihn dabei wirklich störte, war die Notwendigkeit, nach außen hin zu leben, was er predigte. Er musste von jetzt an vorgeben, geradezu vernarrt zu sein in Fettpolster an Stellen, die nach seinem ausgeprägten Sinn für Ästhetik nicht unförmige Ausbuchtungen, sondern sanft nach innen führende Rundungen erforderten, und in schlaffe, gekräuselte Haut, obwohl es für ihn keinen wundervolleren Anblick gab als den von makelloser Glätte und Straffheit hervorgebrachten seidigen Schimmer der gepflegten Haut einer schönen Frau.
    Glamour ahnte mit leiser Wehmut, dass die Tage hemmungsloser Sinnenfreuden mit wohlgeformten, sich auf langen Beinen anmutig bewegenden Wesen für ihn gezählt waren. Schon jetzt gingen Scharen von Frauen, die dem bisherigen Schönheitsideal entsprochen hatten, mit unglaublicher Härte gegen sich selbst dazu über, ihre anbetungswürdigen Körper und Gesichter mit allen nur denkbaren Hilfsmitteln in Karikaturen ihrer selbst zu verwandeln.
    Und nachdem Glamour rund um die Uhr in allen verfügbaren Medien seine ständig um neue fantasievolle Details erweiterte Philosophie vortrug, gab es immer mehr Männer, die das von ihm entworfene Bild der sinnenfreudigen Sexgöttin verinnerlichten und zu erkennen glaubten, dass sie im Grunde an Frauen eigentlich schon immer das Üppige, Weiche, Nachgiebige geliebt hatten, und Gesichter, die in einem Netz von Linien Geschichten und Geheimnisse bargen.
    Die Erkenntnis, dass er für diesen aus seiner Sicht endgültigen Beweis der kinderleichten Manipulierbarkeit und Dummheit der menschlichen Spezies verantwortlich war, verursachte Glamour einerseits leichtes Unbehagen, andererseits gab es ihm ein Gefühl grenzenloser Macht. Und als er dann noch berücksichtigte, dass sich dadurch Dollarscheine wie vermehrungswillige Lachse unaufhaltsam gegen jeden Strom in Richtung seines Kontos bewegten, schmolzen alle damit verbundenen negativen Gefühle dahin wie Schokolade in einer Kinderhand.
    Diesmal musste Glamour keine seiner einstudierten Mienen bemühen. Er fühlte sich plötzlich irgendwie rundherum glücklich, und im gegenüberliegenden Spiegel sah er ein Gesicht, das er von nun an als Miene Hans im Glück erinnern und es so jederzeit reproduzierbar auch für Fälle zur Verfügung haben würde, wo er nicht so glücklich war wie jetzt, aber so aussehen wollte.
     
    * * *
     
    „ Und wie findest du Melanie?“
    Barry sah May beim Kaffeekochen zu, während er gerade noch eine der beiden Bananen erwischte, die er wie ein Jongleur kurz nacheinander in die Luft geworfen hatte. Die andere landete mit einem lauten Klatschen auf seinem Schreibtisch.
    „ Ich glaube, sie passt sehr gut in unser Team. Schade, dass wir nicht mehr Zeit für eine Unterhaltung hatten vor ihrer Fahrt ins Mermaid.“
    May holte eine Milchtüte aus dem Kühlschrank und versuchte vergeblich, mit ihren langen Fingernägeln die Lasche abzureißen. Schließlich nahm sie eine Schere aus der sogenannten Werkzeugschublade unter dem Kühlschrank, wo jeder alles hineinwarf, dass irgendwie zum Dosen-, Gläser- oder Tütenöffnen zu gebrauchen war.
    „ Mir war das ziemlich peinlich. Aber du weißt ja, der Boss hat darauf bestanden, dass sie es erst erfährt, wenn sie hier ist.“
    Sie goss Kaffee in die Tassen und gab in jeder zwei Stücke Zucker. Dann nahm sie sich von dem bereitstehenden Teller einen Donut mit Schokoladenglasur und biss mit einer gewöhnungsbedürftigen Mischung aus Schuldgefühlen und der Vorfreude auf die Auswirkungen der Kalorien auf ihren Taillenumfang ein kleines Stückchen ab. Es fiel verdammt schwer, die jahrzehntelang kultivierten Schuldgefühle angesichts eines Verstoßes gegen das bisherige Kalorienlimit abzulegen wie ein abgetragenes Hemd! Jeder Bissen, der aussah, als besäße er mehr als fünfzig Kalorien, löste bei May ganz automatisch einen Pawlowschen Reflex aus, der sie am

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