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Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Titel: Die Trüffelgöttinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lexa Holland
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alle Pluspunkte auf ihrer Seite.
    Als Harry dann außerdem noch feststellte, dass Gladys’ durch nichts und niemanden zu erschütternde Seelenruhe nicht nur Balsam für seine angespannten Nerven war und sie ihn in einer Weise zu verstehen schien, wie es kein anderer tat, sondern zudem noch einen unverbogenen Verstand und einen unbestechlichen Blick fürs Wesentliche und für Trends hatte, bezog er sie des Öfteren mit ein, wenn er neue Ideen für eine seiner Talkshows brauchte.
    „ Also, Schätzchen, was ist dir über die Leber gelaufen? Komm, lass es raus!“ Gladys ermunterte ihn mit einem Nicken, noch einen Schluck zu nehmen, und zwinkerte den anderen verschwörerisch zu.
    „ Dieses Arschloch war wieder da, dieser Kerl, der neulich in der Sendung erzählt hat, dass er Meerschweinchen vögelt!“
    Harry bemühte sich, die Phonzahl so weit unten zu halten, dass Gladys nicht wieder Anlass zur Rüge hatte.
    „ Was kann ich dafür, dass der jetzt von seinen Kollegen verspottet und von seinen Nachbarn geschnitten wird? Ist es vielleicht mein Meerschweinchen? Ich hasse Meerschweinchen!“
    Er nahm noch einen Schluck Kaffee.
    „ Und hat ihn vielleicht jemand gezwungen, das zu erzählen?“
    Harry wusste natürlich so gut wie alle anderen Anwesenden, dass die Talkshowgäste von den Moderatoren mit einem unglaublichen Spektrum psychologischer Tricks, die von Versprechungen ( „Sie werden sich danach wahnsinnig erleichtert fühlen! Das ist wie eine Blitztherapie!“ ) über Aufhetzung ( „Schauen Sie sich dieses Schwein doch mal an! Der hat es doch mehr als verdient, dass sie ihm endlich so richtig eins auswischen!“) bis hin zu Erpressung reichten ( „Wir haben das alles nur für Sie vorbereitet, und jetzt wollen Sie kneifen? Dann werden wir leider Schadensersatz von Ihnen verlangen müssen – das wird teuer!“), dazu gebracht wurden, Dinge auszusprechen, die sie bisher noch nicht einmal allein im Dunkeln zu flüstern gewagt hatten. Es war nicht das erste Mal, dass jemand ausgerastet war, nachdem er als Gast in einer Talkshow seine intimsten Geheimnisse ausgebreitet hatte, um hinterher zu realisieren, dass sie nun nicht nur der verständnisvollen Moderatorin, sondern auch der netten Kassiererin im Supermarkt, der ganzen Nachbarschaft, den Kumpels in der Stammkneipe und seiner alten herzkranken Mutter bekannt waren.
    Vor einigen Monaten hatte leider Sam Cruel, einer der fiesesten und darum auf der Beliebtheitsskala der Zuschauer am weitesten oben rangierenden Moderatoren, daran glauben müssen. Eine fünfzigjährige Bankangestellte hatte auf die Behauptung Cruels, sie werde durch ihr Outing den Geliebten endlich ganz für sich gewinnen, vor der Kamera ihre außereheliche Affäre mit einem Bischof ausgebreitet, einschließlich der Nennung dessen Namens und der von ihm bevorzugten, äußerst skurrilen Sexpraktiken, und war danach natürlich den Bischof, ihren gehörnten Gatten, ihre gutnachbarlichen Beziehungen und ihren Job los. Die Drohanrufe aus Kirchenkreisen hatten den inneren Druck noch weiter verstärkt, und so fand sich Marilyn Mannor vier Wochen später schließlich pünktlich zum Dienstantritt Cruels vor dem Sendegebäude ein, wo sie ihn und dann sich selbst mit der alten, aber funktionstüchtigen Armeepistole ihres Vaters erschoss.
    Harry hatte keine Lust, so zu enden wie Sam Cruel, selbst wenn er nach dem Schuss direkt in ein riesiges Fass Mouton Rothschild fallen sollte. Eigentlich hätte er sich keine Sorgen über eventuelle Vergeltungsaktionen ausgeflippter Talkgäste machen müssen, sie konzentrierten sich normalerweise auf die Moderatoren, die ohne Rücksicht auf die Folgen für die Betroffenen jedes widerliche Detail aus ihnen herauskitzelten.
    Aber dieser Meerschweinchenschänder war ein Sonderfall. Er hatte sich ganz offensichtlich auf ein Objekt im anonymen Hintergrund konzentriert: den Studioboss. Ihn, Harry Shinder. Dieser Verrückte hatte sogar schon seine Privatadresse herausgefunden und ihm vor der Garage aufgelauert, als er einen Klecks Vogelscheiße von seinem Jaguar polieren wollte, bevor sie sich in den Lack fressen konnte. Gott sei Dank hatte ein Nachbar das folgende Handgemenge gesehen und war ihm zu Hilfe geeilt, obwohl Harry zwei Tage zuvor direkt vor dessen Augen mit einer Kettensäge und seinem widerlichsten JR-Grinsen einfach einen überhängenden Ast vom nachbarlichen Kirschbaum abgesägt hatte.
    Wer wusste, wozu dieser Meerschweinchenmalträtierer noch imstande war! Er hatte

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