Die Trüffelgöttinnen (German Edition)
Mischung aus schlechtem Gewissen und Gier in sich hineinschlang.
„ Na, dann wollen wir mal!“ Jay schnappte sich die beiden Koffer. „Ich habe den Schlüssel zu Ihrem Appartement bekommen, ich bringe Sie direkt dorthin, und morgen geht’s dann los im Sender!“
Er steuerte auf den Ausgang zu und schwenkte dabei die Koffer so lässig, als seien sie leicht wie Daunenfedern.
Melanie schob Rachel diskret eine Fünfzigdollarnote in die Hand und umarmte das Mädchen. Sie war ihr in dieser Woche im wahrsten Sinne des Wortes ans Herz gewachsen: das rosa Plastikherz hatte Rachel und sie über die Distanz verbunden wie siamesische Zwillinge. Kaum hatte sie auf den Knopf gedrückt, stand Rachel auch schon wie aus dem Boden gewachsen vor ihr, manchmal war es Melanie direkt unheimlich gewesen, sie kam sich vor wie in einem chinesischen Kaiserpalast, wo die Dienerinnen Tag und Nacht ergeben vor der Tür ihrer Herrin wachten, um beim geringsten Seufzer sofort zur Stelle zu sein.
„ Ich wünsche Ihnen einen superschönen Aufenthalt in New York, Miss Vetter! Schön, dass Sie bei uns waren! Und hier“, Rachel zog aus einem pinkfarbenen Pelztäschchen, das sie locker um die Hüften hängen hatte, etwas heraus, das Melanie fast vergessen hätte: den rosaroten Teddybären, den sie ihrer Nichte mitbringen wollte, „den wollten Sie doch mitnehmen nach Deutschland.“ Sie drückte Melanie das niedliche Kuscheltier in den Arm.
„ Und ich werde mir ganz bestimmt immer die neue Talkshow von Good-Morning-YOU! anschauen. Ich drücke Ihnen ganz fest die Daumen, dass es ein ganz, ganz großer Erfolg wird!“
Melanie war gerührt und umarmte das Mädchen noch einmal kurz. Dann verließ sie das Mermaid durch die sich mit einem diskreten Surren vor ihr teilende Tür und stieg zu Jay in den direkt vor dem Eingang wartenden Wagen.
Melanie war noch müde und Jay sah aus, als sei seine Nacht kurz und äußerst ereignisreich gewesen, und so hing schließlich nach einer höflichkeitshalber geführten Kurzkonversation jeder seinen eigenen Gedanken nach, ohne dass eine peinliche Stimmung entstanden wäre.
Sie kamen zügig voran und dadurch, dass Jay zwei kleinere Staus geschickt umfuhr, parkten sie schon dreißig Minuten später vor Melanies neuem Zuhause.
Die aus einem fünfstöckigen Gebäude und einem kleinen Vorgarten bestehende Anlage wirkte sehr gepflegt, dem Rasen sah man an, dass er regelmäßig bevor die Grashalme eine bestimmte Länge überschreiten konnten, gemäht wurde.
Jay trug noch die Koffer für sie in den Lift und vereinbarte dann mit Melanie, dass er sie am anderen Morgen pünktlich um neun Uhr abholen und ins Studio bringen würde.
Niemand hätte vermutet, dass es in diesem Appartement noch vor Kurzem einen Wasserschaden größeren Ausmaßes gegeben hatte, alles war sauber und aufgeräumt, und es duftete herrlich nach den blassgelben Mimosen, die überall in kleinen dekorativen Glasvasen verteilt waren. Alle Räume waren nahtlos mit einem champagnerfarbenen, seidig schimmernden Teppichboden ausgelegt, der ein Vermögen gekostet haben musste.
Melanie kickte ihre Pumps in hohem Bogen von sich und machte sich barfuß auf Erkundungstour durch ihr neues Zuhause.
Von dem kleinen, mit sicherem Stilgefühl antik eingerichteten Flur aus gingen links und rechts vom Eingang zwei Türen ab. Hinter der rechten verbarg sich das ganz in Schwarz und Weiß gehaltene, aufwendig verspiegelte Bad mit eingelassener Wanne aus schwarzem Marmor, in der mindestens drei Personen Platz hatten. Am Kopf- und Fußende standen ein sechsarmiger silberner Kerzenleuchter, mehrere kleine und große geschliffene Kristallkaraffen, die mit Essenzen und Lotionen in den unterschiedlichsten schimmernden Farben gefüllt waren, und eine große, mit schwarzem Satin überzogene luxuriöse Puderdose.
Die linke Tür öffnete dem Blick die in knalligem Rot eingerichtete Küche, die von der in einem amerikanischen Haushalt unvermeidlichen Microwave über den großen chromblitzenden Herd bis zur riesigen Kühl-Gefrier-Kombination alles enthielt, was man brauchte, um seinen Gästen oder sich selbst in beeindruckend kurzer Zeit ein beeindruckend umfangreiches Menu auf den Tisch zaubern zu können.
Irgendein freundlicher Geist hatte wohl vermutet, dass sie völlig ausgehungert hier ankommen würde, jedenfalls war der Kühlschrank bereits mit Dingen gefüllt, die sie sich noch vor Kurzem vorsichtshalber noch nicht einmal vorzustellen gewagt hatte, aus Angst, die
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