Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
süddeutschen Gebiete zusagen lassen. Das schien ihm vermutlich viel lohnenswerter, als sich mit diesem in einen Kampf um die Krone zu stürzen. Ich muß sagen, daß ich das recht klug von ihm fand.
Unser armer Erzbischof durfte also wieder schäumen und toben, weil es nicht nach seinem Kopf ging. Obwohl Philipp ihm ein sehr freundliches Schreiben sandte und etliches dafür bot, wenn Adolf seine Wahl anerkennen wollte, mochte dieser davon überhaupt nichts wissen. Ein Eilbote ging ab, der Otto nach Deutschland rief.
Der Erzbischof eilte ihm entgegen und kehrte mit dem jungen Welfen nach Köln zurück.
Die Bürger bereiteten ihm einen rauschenden Empfang. Er war jung, sah gut aus, und Köln hatte seit je seine Beziehungen zu England gepflegt.
Wieder stand ich in der dichtgedrängten Menge, wie damals, als seine Großmutter Alienor Köln besucht hatte. Aber während damals bitterkaltes Winterwetter gewesen war, lockte uns dieses Mal schon der Mai mit seinen Frühlingsdüften. Die Sonne strahlte auf die wartenden Leute herab, und ich hatte ein leichtes Kleid an und schwitzte dennoch zwischen den vielen Menschen. Schon aus der Ferne kündigte sich die
Ankunft des Prinzen an, man hörte es am Jubel. Und dann sah ich ihn. Es war lange her, daß ich ihn in Braunschweig getroffen hatte, aber ich hätte ihn dennoch erkannt - zu groß war die Ähnlichkeit mit seinem Vater, dem Löwen. Er strahlte und winkte in die Menge, seine dunklen Augen blitzten. Ich hielt eine Blume in der Hand, die wollte ich eigentlich auf seinen Weg werfen, aber statt dessen flog sie dem Prinzen an den Kopf. Er fing sie auf, lachte, suchte in der Menge - und, anders als bei seiner Großmutter damals, fiel sein Blick auf mich. Er schaute gleich weiter über die Köpfe, suchte offenbar nach einem jungen Mädchen, das die Werferin gewesen sein mochte, dann kam sein Blick zu mir zurück. Er lenkte sein Pferd etwas zur Seite und hielt an.
»Sophia?« fragte er ungläubig. Ich konnte es nicht fassen. Es war so lange her; daß er mich noch wiedererkannte! Aber freilich hatte ich mich nicht mehr so sehr verändert wie er in seiner Jugend. Ich nickte ihm begeistert zu. Jetzt blickte auch der Erzbischof herüber und wollte sehen, was den Prinzen aufhielt. Otto sagte etwas zu ihm, was ich bei der lauten Menschenmenge nicht hören konnte, und rief mir dann zu: »Sophia, wir sehen uns später.«
Auf einen Wink des Erzbischofs kam einer seiner Reiter zu mir und fragte mich nach meinem Namen und nach unserem Haus. Dann lud er mich ein, am abendlichen Begrüßungsmahl teilzunehmen - mitsamt meinem Gatten, natürlich.
Und so kam es, daß ich mit Gottschalk doch wieder, wenn auch weit unten, an einem Fürstentisch saß, obgleich ich gedacht hatte, diese Zeiten seien nun endgültig vorbei. Übrigens waren wir nicht allein unter den Edelleuten der fürstlichen Hofhaltung: Mein Vetter Constantin war anwesend und Simon, welcher die Burggrafschaft als Pfand erworben hatte und der darum »comes« genannt wurde, auch die vornehme
Rigmudis, Witwe und Schwiegertochter von Kölner Vögten, die dabei war, aus ihrem bedeutenden Besitz ein großes Frauenkloster zu gründen und auszustatten.
Ja, Erzbischof Adolf brauchte eben viel Geld. Er hatte gehofft, die Fürsten würden dafür bezahlen, wenn er ihnen zur Wahl verhalf - aber nein, die Rechnung ging nicht auf. Er selbst war es, der große Mittel aufbringen mußte, wollte er seine Absichten verwirklichen. Woher nehmen? Er lieh, er verpfändete, er borgte - bei den reichen Kölnern. Constantin machte glänzende Geschäfte, ließ sich wertvolle Sicherheiten verschreiben und Pfänder überantworten - und er beteiligte die ganze Sippe.
Auch in den folgenden Tagen kam der Prinz des öfteren in unser Haus und ließ sich von mir immer wieder erzählen, was ich ihm von seinen Eltern berichten konnte, die er in ihren letzten Jahren nicht mehr hatte sehen dürfen.
Inzwischen arbeitete der Erzbischof fieberhaft. Boten kamen und gingen, seine Sekretäre waren vor lauter Arbeit dem Zusammenbruch nahe. Bischöfe und Fürsten vom Niederrhein und aus Lothringen reisten an und brachten ihr anspruchsvolles Gefolge mit, es wurde nach Kräften geschmaust, gezecht und eingekauft. Als im Monat Juni die letzten, ernsthaften Verhandlungen und Besprechungen stattfanden, erschien ein besonderer Stern am Himmel.
Das gab ein großes Aufsehen, weil jedermann dies für ein gutes Vorzeichen hielt. Am 9. Juni wurde dann Otto von
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