Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
Braunschweig, Graf von Poitou und Herzog von Aquitanien, zum König gewählt.
An diesem Tag zündete ich in drei Kirchen große Kerzen an, sprach Dankgebete und dachte daran, wie glücklich meine liebe Mathilde und ihr Löwe an diesem Tag gewesen wären. Sie hatten so große Hoffnungen gehegt, die brutal zerschlagen
worden waren und sich nun wider alles Erwarten doch noch erfüllten.
Nun ist es mit der Wahl allein ja noch nicht getan. Ein König muß auch feierlich gekrönt werden, sonst gilt er nicht als König. Und das hat, so wollen es Herkommen und Brauch, in Aachen zu geschehen, durch den Kölner Erzbischof, mit den Reichsinsignien. Was das ist? Nun, soviel ich weiß, gehören dazu ein Reichsschwert, eine Reichskrone (jeder Fürst hat eine oder auch mehrere Kronen, aber dies ist eine besondere, die nur bei der Königskrönung getragen wird), die Heilige Lanze, ein Krönungskreuz und ein uraltes Evangeliar, auf das der König seinen Eid ablegt. Vielleicht gehört auch sonst noch etwas dazu, aber mehr weiß ich nicht.
Und nun wurde es schwierig. Der Kölner Erzbischof stand Otto nur allzugern zur Verfügung, aber die Stadt Aachen hatte bedeutet, sie sei staufertreu und wolle keine Krönung des Welfen in ihren Mauern sehen. Und die Reichsinsignien? Ja, die waren im Besitz des verstorbenen Kaisers Heinrich gewesen, und nun hatte sie sein Bruder Philipp.
Die Stadt Aachen konnte zur Krönung überredet werden, wenn auch nur durch ein starkes kölnisches Heer, nicht aber Philipp zur Herausgabe der Insignien. Und so gab es, und das wird hoffentlich einmalig bleiben, zwei Krönungen, die sich beide nicht so recht an das offizielle Protokoll hielten: In Aachen, am richtigen Ort, wurde vom richtigen Erzbischof der Welfe Otto zum König gekrönt, aber mit den falschen Insignien.
In Mainz, am falschen Ort, erfuhr vom falschen, dort zufällig anwesenden Erzbischof von Tarantaise der Staufer Philipp seine Krönung - dafür aber mit den echten Insignien.
Nun hatten wir zwei Könige. Zwei nicht ganz rechtmäßige önige. Was sollte daraus wohl werden? Es war nicht zu erwarten, daß sie sich vertragen würden.
Das taten sie auch nicht. Da König Otto von seinem Onkel, Richard Löwenherz von England, unterstützt wurde, verbündete sich König Philipp folgerichtig mit dem Franzosen. Wir standen auf Seiten Ottos, und zwar sowohl der Erzbischof wie auch die Bürger. Zu unserem Entsetzen marschierte Philipp im Herbst 1198 gegen Köln. Auf seinem Weg zu uns brannte er verschiedene Orte nieder, die zum Kölner Bereich gehörten. Wir richteten uns fieberhaft auf Kampf und Belagerung ein; aber zu unserem grenzenlosen Staunen machte Philipp nur zwei Meilen vor unserer Stadt kehrt und zog nach Süden ab. Den Grund hierfür habe ich nicht erkennen können, aber es war uns auch gleich, Hauptsache, er war wieder fort.
1198
I m nächsten Jahr mußten wir das gleiche erleben: wieder rückte Philipp gegen unsere Stadt und kehrte kurz zuvor um. Aber dieses Mal nahm ich die Bedrohung gar nicht recht wahr. Unsere Sippe erlitt einen neuerlichen schweren Verlust: Mein Vetter Constantin starb. Das traf mich tief, denn ich hing sehr an diesem Mann, der wohl der begabteste unserer ganzen Sippe gewesen ist (ja, meine Tochter, auch begabter als ich selbst). Ich hatte sehr viel von ihm gelernt und nach Großvaters Tod oft vertrauensvoll seinen Rat gesucht.
Constantin war das ganze Jahr nicht recht gesund gewesen und hatte wohl eine Ahnung, daß sein Ende nicht mehr allzu fern war. Es war ihm daher sein Seelenheil in den Sinn gekommen, und als guter Kaufmann war er bereit, für das, was er wünschte, auch einen anständigen Preis zu zahlen. Er ließ darum mit ungeheuren Kosten eine ganze Anzahl von Marmorsäulen aus Italien herbeischaffen und stiftete
sie für den Bau der neuen Kunibertskirche. Ich denke mir, daß Gott für diese äußerst großzügige Spende Constantin etwas schuldig war und ihm darum anstandshalber das Fegefeuer erließ.
König Otto wollte uns wohl für den Schrecken der Bedrohung durch König Philipp entschädigen. Er hielt am 6. Januar des Jahres 1200 einen Hoftag in Köln und stiftete an diesem ihrem Gedenktag drei goldene Kronen für die Heiligen Drei Könige.
Am nächsten Morgen hatten wir gerade unseren Frühbrei zu uns genommen, als eine Reiterschar in unsere Gasse ritt. Sie sprangen von den Pferden und setzten sich auf die Stiegen vor den Häusern. Einer der Reiter aber betrat unser Haus, und als ich nach
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