Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
auch als erste, daß Erzbischof Adolf bei der Todesnachricht einen Tobsuchtsanfall bekam und wertvolle venezianische Glasgefäße, die er erst kurz zuvor bei Constantin für viel Geld erstanden hatte, an die Wand schmetterte.
Nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte, dachte er scharf nach und kam auf eine Lösung. Er erklärte, die Königswahl sei nichtig, da der kleine König nicht getauft sei! Außerdem habe der Kaiser die Kurfürsten unter Druck gesetzt.
Ich muß sagen, daß ich mich über diese Begründung doch sehr gewundert habe. Jeder Gläubige ist verpflichtet, sein Neugeborenes am Tag nach der Geburt, spätestens am dritten Tag, taufen zu lassen. Und ausgerechnet die Kaiserin sollte das unterlassen und damit ihr Kind der Gefahr ausgesetzt haben, die ewige Seligkeit nicht zu erlangen, falls es plötzlich und unerwartet sterben sollte?
Wie dem auch sei, nach dieser Stellungnahme unseres Herrn Erzbischof nahm niemand mehr den Knaben in der Obhut seiner Mutter ernst. Herr Adolf gebärdete sich jetzt so, als habe er persönlich die höchste Krone des Reiches zu vergeben, und sah sich selbst nach geeigneten Kandidaten um. Geeignet hieß für Adolf: Es durfte auf gar keinen Fall ein Staufer sein. Zuerst bot er die Krone dem Herzog Bernhard von Sachsen an, was mich ebenso erstaunte wie ärgerte. Erstaunte, weil dieser Sohn Albrechts des Bären weder von seiner Abstammung noch von seiner Persönlichkeit her von sich reden gemacht hatte; und ärgerte, weil Bernhard das arg beschnittene Herzogtum Sachsen erhalten hatte, das nach meiner Ansicht zum Erbe des verstorbenen Löwen gehörte.
Aber siehe da: Bernhard wollte die deutsche Königskrone gar nicht haben, vielleicht aus der Erkenntnis, daß sie allzu schwer auf seinem Haupt lasten würde. Nun lud Erzbischof Adolf zu einem allgemeinen Fürstentag nach Köln ein. Eine ganz besonders dringende Einladung erging dabei an Herzog Berthold von Zähringen, und mein Vetter Constantin sagte mir mit Behagen, er wisse aus bester Quelle, daß in dem Einladungsschreiben an Berthold so etwas stehe wie, der Zähringer möge bitte eintausendsiebenhundert Mark Silber mitbringen, dafür könne er dann die Königskrone gleich mitnehmen.
Vermutlich zögerte der Herzog Berthold, denn als nächstes erfuhr Constantin, daß Adolf jetzt Richard Löwenherz als
Kandidaten im Sinn hatte. Obwohl der englische König sich gut mit Adolf verstanden hatte, nachdem dieser zu seiner Befreiung beigetragen hatte, wollte auch er dem Angebot des Kölner Königsmachers nicht folgen; er hatte schon alle Hände voll zu tun mit dem Königreich, das er bereits besaß. Er gab darum dem Kölner Abgesandten die Antwort mit, man möge doch an seiner Statt den jungen Grafen von Poitou berücksichtigen.
Du fragst, wer in aller Welt das denn wieder sei? Ganz einfach: Poitou hatte Königin Alienor ihrem Lieblingssohn Richard zugedacht. Nachdem dieser nun zum König aufgerückt war, hatte er die Grafschaft seinem Neffen Otto überlassen - dem Sohn des Löwen und seiner Frau, meiner Freundin Mathilde.
Als ich davon hörte, erinnerte ich mich daran, wie Mathilde vor vielen Jahren davon geträumt hatte, eins ihrer Kinder auf dem deutschen Thron zu sehen. Und mir fiel auch ein, wie der kleine Otto auf seinem Steckenpferd durch die Kemenate seiner Mutter geritten war. Nun, das lag viele Jahre zurück, und seine Eltern waren beide tot und konnten sich nicht mehr über die Aussicht ihres Sohnes freuen.
1198
J edoch so einfach war es nicht. Erzbischof Adolf mochte noch so gebieterisch tun, aber es tanzten keineswegs alle Fürsten nach seiner Pfeife. Während er im März des Jahres 1198 seinen Fürstentag in Köln abhielt, wurde bekannt, daß in Erfurt ebenfalls eine Versammlung von Fürsten stattfand - und diese wählten Philipp von Hohenstaufen, den Bruder des verstorbenen Kaisers. Er hatte im Jahr davor die Regentschaft für seinen kleinen
Neffen übernommen, das hätte Erzbischof Adolf zu denken geben sollen. Aber er war so versessen darauf, den nächsten König nach seinem Geschmack zu bestimmen, daß er für die Ernennung von Herzog Berthold als Kandidaten sorgte, dieser sollte noch im gleichen Monat in Andernach gewählt werden.
Aber stell dir vor: In Andernach war alles bereit, der Erzbischof stand dort in seinem schönsten Ornat, nur der vorgesehene Kandidat Berthold erschien nicht. Er hatte sich gemütlich mit Philipp verständigt und sich von ihm die eine oder andere Abrundung seiner
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