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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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Mütze und ungeschmückt heiraten. Ich erschrak sehr. Offenbar hatte das junge Paar dem Pfarrer in der Beichte den Fehltritt verschwiegen. Das war eine schwere Sünde, und so wollten sie nun vor den Traualtar treten? Es war sinnlos, sich der Hoffnung hinzugeben, niemand werde etwas davon erfahren; alle Pfarrer rechneten genau nach, ob das erste Kind auch im ziemlichen Abstand zur Eheschließung geboren wurde.
    Am liebsten hätte ich Gunther und Johanna angefleht, sich lieber der Demütigung der schmucklosen Hochzeit zu unterwerfen, als die Sünde der Beichtlüge und ihre Folgen auf sich zu laden. Aber ich scheute die Bloßstellung vor den
vielen Menschen und zögerte. Und dann war es zu spät, der Zug setzte sich zur Laurenzkirche in Bewegung.

    Die Trauung war sehr schön und ergreifend - für alle bis auf mich. Ich war voller Unruhe. Als der Pfarrer die Trauformel sprach, malte ich mir schlimme Dinge aus: wie mein Sohn und seine Frau nach der vorzeitigen Geburt ihres Kindes vor dem Kirchenportal stehen würden, um Buße zu tun. Auch bei dem festlichen Hochzeitsmahl im Bürgerhaus wollte es mir nicht schmecken. Da tippte mich jemand auf den Arm. Ich sah hoch: Es war meine Mutter. Sie winkte mir mit dem Finger, und gehorsam erhob ich mich und ging mit ihr in den Hof, um frische Luft zu schnappen. Meine Mutter war nun achtzig Jahre alt, aber sie wirkte noch vitaler als mein Vater, der doch erst in der Mitte der Siebziger war.
    »Kommt es mir nur so vor, oder bist du wirklich an diesem Festtag bedrückt, meine Tochter?« fragte sie mich liebevoll.
    Ich seufzte. Sollte ich es Mutter erzählen? Aber sie würde es ja doch merken, wenn es bei Johanna soweit war.
    »Du hast recht, Mutter. Ich mache mir Sorgen. Johanna ist schwanger, und doch trägt sie den Jungfernkranz. Ich sehe großen Ärger mit der Kirche voraus. Der Pfarrer wird nicht nur eine riesige Opfergabe verlangen, sondern dazu kommt noch die Schande der Kirchenbuße, wegen der Unzucht und wegen der Beichtlüge.«
    »So, so«, war alles, was Mutter von sich gab, und besonders besorgt sah sie auch nicht aus. Ich fragte mich, ob sie mich denn auch verstanden hatte.
    »Woher weißt du denn, daß Johanna ein Kind erwartet?« fragte Mutter statt dessen.
    »Nun, Gunther selbst hat es uns gestanden, sonst hätten wir wohl dieser Hochzeit auch nicht zugestimmt.«

    »Ach ja«, sagte Mutter, und nun sah sie wahrhaftig noch erheitert aus.
    »Wirklich, Gunther selbst? Ja, denn sonst hättet ihr der Hochzeit auch nicht zugestimmt.«
    Ich sah sie fassungslos an und war verärgert, weil sie mich nachäffte; aber langsam dämmerte mir etwas. Ich ließ sie stehen und stürmte in den Festsaal. Mein Zeichen an Gunther, er möge mit nach draußen kommen, war so eindeutig und drohend, daß er mir auf der Stelle folgte. Ich schaute mich um; alle Gäste waren drinnen, außer Mutter, die mit sanftem Lächeln an der Wand lehnte, konnte uns niemand hören.
    »Ich frage dich jetzt etwas, mein Sohn«, sagte ich drohend. »Wieso konnte die Trauung am Morgen stattfinden, und wie kommt es, daß deine Braut einen Kranz trägt?«
    Er wich meinem Blick aus.
    »Es ist so üblich, Mutter«, sagte er ruhig.
    »Es ist nur bei unbescholtenen Brautleuten üblich. Und wann gedenkst du dem Pfarrer die Lüge zu beichten?«
    »Ich habe sie schon gebeichtet, Mutter«, sagte er freundlich. »Ich habe dem Pfarrer gebeichtet, daß ich dich und Vater angelogen habe. Die Buße, die er mir dafür auferlegte, war nicht allzu schwer.
    Ich muß mich doch ziemlich über dich wundern, Mutter, daß du sofort geglaubt hast, ich könnte das Mädchen entehren und der Schande aussetzen, das ich doch zu meiner Frau machen und mein ganzes Leben lang lieben und ehren will. Auch, daß du dasselbe ohne weiteres von meiner Braut angenommen hast, mißfällt mir sehr. Johanna trägt ihren Kranz mit vollem Recht, ich habe sie bis heute nicht angerührt. Und schwer genug ist mir das gefallen.«
    Da blieb mir doch wahrhaftig die Luft weg. Aber in meiner Entrüstung nahm ich gerade noch den leichten Seitenblick wahr, mit dem er meine Mutter streifte, und nun war mir alles mit einem Schlag klar.

    »Hast du ihm das etwa geraten, Mutter?« fragte ich empört.
    Mutter nickte mit Nachdruck.
    »Ja, das habe ich. Und es wäre nicht nötig gewesen, wenn du nicht so verbohrt wärst, daß du ihm die Ehe mit einem braven Mädchen verweigert hast, mit dem er sich schon seit über einem Jahr einig ist.«
    »Wie?« rief ich entgeistert aus.

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