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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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vorher schon viele Jahre als Domherr, Domdechant und Dompropst in Köln gelebt hatte. Aber wenn ich bedenke, wie viele Jahre lang ein angehender Kaufmann lernen muß, bevor er seinen Beruf ausüben darf, dann scheint mir, daß bei hochadeligen
Klerikern ein anderer Maßstab angelegt wird, was ihre Ausbildung angeht.

    Jedenfalls war Adolf ein Mann in den besten Jahren und dementsprechend tatkräftig. Zum Glück für uns gingen seine Interessen weit über die Verwaltung seines Erzbistums hinaus; er wollte in der großen Politik mitspielen. Ich erzählte dir ja schon, daß er der Königin Alienor einen prunkvollen Empfang in Köln bereitete und sich sehr um die Freilassung ihres Sohnes, König Richard, bemühte. Den Vorteil davon hatten wir Kölner Kaufleute, wegen der Privilegien, die Richard uns zum Dank zugestand.

    Am Ende dieses Jahres geschah etwas, womit niemand mehr gerechnet hatte. Kaiserin Konstanze, seit acht Jahren mit Kaiser Heinrich vermählt, zur Nonne erzogen und vierzig Jahre alt, bis dahin kinderlos trotz hinreichender Bemühungen ihres Gemahls (so vermute ich jedenfalls, denn wozu hätte er sie sonst heiraten sollen?) - sie gebar einen Sohn! Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer im ganzen Reich. Es gab ungläubiges Kopfschütteln, aber Frau Konstanze war eine sehr kluge Frau, die gar nicht erst Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses so sehnlich erwünschten Erben aufkommen lassen wollte. Als die Niederkunft nahte - ihr Gemahl war wieder einmal fern von ihr -, ließ sie ein großes Zelt aufstellen, in dem sie das Kind gebar, und alle verheirateten Frauen des Ortes, die Zeugen sein wollten, hatten Zutritt. Später setzte sie sich mit ihrem Kind auf den Marktplatz und stillte es in aller Öffentlichkeit, damit niemand anzweifeln konnte, daß sie die Mutter war. So beugte sie den Gerüchten vor, die trotzdem das Reich durchschwirrten - wie etwa: der kleine Knabe, den die Mutter Roger Constantin nannte, während der Vater ihm den Namen Friedrich gab, sei in Wahrheit das Kind eines Metzgers und dergleichen.

1197
    D em Kaiser ging die Sicherung der Zukunft dieses Kindes, für das er die Ehe mit einer ungeliebten Frau ertragen hatte, über alles. Er schlug dem Reichstag vor, die deutsche Königskrone erblich zu machen. Dieser Vorschlag wurde verworfen, nachdem vor allem unser Erzbischof sich dagegenstellte. Der Kaiser steckte einen Schritt zurück und wollte den kleinen Knaben jetzt zum König wählen lassen, doch auch dies mißfiel dem Erzbischof Adolf. Er hatte wohl damit gerechnet, daß die übrigen Kurfürsten so dachten wie er; aber siehe da, diese kamen dem Wunsch des Kaisers nach, und Adolf stand plötzlich allein da. Eilfertig gab er darum im August des Jahres 1197 noch nachträglich seine Zustimmung. Kaiser Heinrich weilte wieder einmal in Sizilien, darum leistete Adolf den Treueid vor dessen jüngerem Bruder Philipp von Hohenstaufen. Ob der Kaiser ihn bestochen hat? Oder ob er ihm gedroht hat? Ich habe nichts darüber erfahren können.

    Vielleicht hätte Adolf seine Ergebenheitsbezeugung noch etwas zurückhalten sollen, denn schon im folgenden Monat starb Kaiser Heinrich, erst zweiunddreißig Jahre alt, an einer Seuche. Vetter Constantin ließ dem Sekretär des Erzbischofs immer wieder etwas zukommen, und darum erfuhren wir auch als erste, daß Erzbischof Adolf bei der Todesnachricht einen Tobsuchtsanfall bekam und wertvolle venezianische Glasgefäße, die er erst kurz zuvor bei Constantin für viel Geld erstanden hatte, an die Wand schmetterte.
    Nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte, dachte er scharf nach und kam auf eine Lösung. Er erklärte, die Königswahl sei nichtig, da der kleine König nicht getauft sei! Außerdem habe der Kaiser die Kurfürsten unter Druck gesetzt.

    Ich muß sagen, daß ich mich über diese Begründung doch sehr gewundert habe. Jeder Gläubige ist verpflichtet, sein Neugeborenes am Tag nach der Geburt, spätestens am dritten Tag, taufen zu lassen. Und ausgerechnet die Kaiserin sollte das unterlassen und damit ihr Kind der Gefahr ausgesetzt haben, die ewige Seligkeit nicht zu erlangen, falls es plötzlich und unerwartet sterben sollte?

    Wie dem auch sei, nach dieser Stellungnahme unseres Herrn Erzbischof nahm niemand mehr den Knaben in der Obhut seiner Mutter ernst. Herr Adolf gebärdete sich jetzt so, als habe er persönlich die höchste Krone des Reiches zu vergeben, und sah sich selbst nach geeigneten Kandidaten um. Geeignet hieß für Adolf: Es

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