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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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Krönung des Welfen in ihren Mauern sehen. Und die Reichsinsignien? Ja, die waren im Besitz des verstorbenen Kaisers Heinrich gewesen, und nun hatte sie sein Bruder Philipp.
    Die Stadt Aachen konnte zur Krönung überredet werden, wenn auch nur durch ein starkes kölnisches Heer, nicht aber Philipp zur Herausgabe der Insignien. Und so gab es, und das wird hoffentlich einmalig bleiben, zwei Krönungen, die sich beide nicht so recht an das offizielle Protokoll hielten: In Aachen, am richtigen Ort, wurde vom richtigen Erzbischof der Welfe Otto zum König gekrönt, aber mit den falschen Insignien.
    In Mainz, am falschen Ort, erfuhr vom falschen, dort zufällig anwesenden Erzbischof von Tarantaise der Staufer Philipp seine Krönung - dafür aber mit den echten Insignien.
    Nun hatten wir zwei Könige. Zwei nicht ganz rechtmäßige önige. Was sollte daraus wohl werden? Es war nicht zu erwarten, daß sie sich vertragen würden.

    Das taten sie auch nicht. Da König Otto von seinem Onkel, Richard Löwenherz von England, unterstützt wurde, verbündete sich König Philipp folgerichtig mit dem Franzosen. Wir standen auf Seiten Ottos, und zwar sowohl der Erzbischof wie auch die Bürger. Zu unserem Entsetzen marschierte Philipp im Herbst 1198 gegen Köln. Auf seinem Weg zu uns brannte er verschiedene Orte nieder, die zum Kölner Bereich gehörten. Wir richteten uns fieberhaft auf Kampf und Belagerung ein; aber zu unserem grenzenlosen Staunen machte Philipp nur zwei Meilen vor unserer Stadt kehrt und zog nach Süden ab. Den Grund hierfür habe ich nicht erkennen können, aber es war uns auch gleich, Hauptsache, er war wieder fort.

1198
    I m nächsten Jahr mußten wir das gleiche erleben: wieder rückte Philipp gegen unsere Stadt und kehrte kurz zuvor um. Aber dieses Mal nahm ich die Bedrohung gar nicht recht wahr. Unsere Sippe erlitt einen neuerlichen schweren Verlust: Mein Vetter Constantin starb. Das traf mich tief, denn ich hing sehr an diesem Mann, der wohl der begabteste unserer ganzen Sippe gewesen ist (ja, meine Tochter, auch begabter als ich selbst). Ich hatte sehr viel von ihm gelernt und nach Großvaters Tod oft vertrauensvoll seinen Rat gesucht.
    Constantin war das ganze Jahr nicht recht gesund gewesen und hatte wohl eine Ahnung, daß sein Ende nicht mehr allzu fern war. Es war ihm daher sein Seelenheil in den Sinn gekommen, und als guter Kaufmann war er bereit, für das, was er wünschte, auch einen anständigen Preis zu zahlen. Er ließ darum mit ungeheuren Kosten eine ganze Anzahl von Marmorsäulen aus Italien herbeischaffen und stiftete
sie für den Bau der neuen Kunibertskirche. Ich denke mir, daß Gott für diese äußerst großzügige Spende Constantin etwas schuldig war und ihm darum anstandshalber das Fegefeuer erließ.

    König Otto wollte uns wohl für den Schrecken der Bedrohung durch König Philipp entschädigen. Er hielt am 6. Januar des Jahres 1200 einen Hoftag in Köln und stiftete an diesem ihrem Gedenktag drei goldene Kronen für die Heiligen Drei Könige.

    Am nächsten Morgen hatten wir gerade unseren Frühbrei zu uns genommen, als eine Reiterschar in unsere Gasse ritt. Sie sprangen von den Pferden und setzten sich auf die Stiegen vor den Häusern. Einer der Reiter aber betrat unser Haus, und als ich nach unten eilte, erkannte ich König Otto. Ich machte einen tiefen Knicks vor ihm, aber Otto war ähnlich umgänglich wie seine Eltern.
    »Laß das bitte, Sophia«, rief er fröhlich. »Ich habe das Gesäusel eures Erzbischofs jetzt zwei Tage lang ertragen und möchte mich davon erholen. Hast du noch etwas von diesem Brei übrig? Mir fällt gerade ein, daß ich vergessen habe zu frühstücken. Und falls du schon fertig bist, weißt du ja, was ich mir von dir wünsche. Übrigens, ich möchte nicht unhöflich sein, aber ich stelle besorgt fest, daß du blaß und dünn bist.«
    »Ich hatte große Angst, daß König Philipp unsere Stadt erobern würde, und habe nicht schlafen und nicht richtig essen können«, gestand ich. »Ich fürchtete mich vor großen Steinbrocken, die in unsere Stadt geschleudert würden. Und vor dem Hunger und den Entbehrungen einer längeren Belagerung. Und vor großen Eichenstämmen, die mit Wucht gegen unsere Stadttore gerammt würden. Und vor brutalen
Soldaten, die schließlich unsere Mauern überwinden könnten und uns alles mögliche Schreckliche antun. Nicht so sehr um mich hatte ich Angst, denn mich alte Frau hätten sie wohl kurzerhand totgestochen; aber um meine Kinder

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