Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
sicher?«, raunte ich Barnaby ins Ohr.
»Das ist er normalerweise auch«, zischte er. »Wahrscheinlich will unser Herr, der Herzog, jedes Risiko ausschließen. Das ist das erste Mal, dass er den Eingang bewachen lässt.«
Ich blickte zu Elizabeth hinüber. Unter der Kapuze ihres Umhangs wirkte ihr Gesicht wie eine blasse Ikone; ihre Augen gaben nichts davon preis, was ihr die Begegnung mit Robert abverlangt hatte. »Es sind nur zwei«, flüsterte sie zur Antwort auf meine lautlose Frage. Wie hatte ich annehmen können, sie würde etwas anderes sagen? »Wir werden uns eben etwas ausdenken müssen, um sie abzulenken.«
Bevor ich darauf antworten konnte, hatte sich Kate zu mir herübergeschlichen. Ihr Apfelduft erinnerte mich eindringlich daran, welche Wirkung sie inzwischen auf mich ausübte, mochte ich das auch noch so heftig vor mir selbst leugnen.
»Ich habe eine Idee. Ihre Hoheit und ich haben solche Spiele schon öfter gespielt, wenn auch mit Herren von einem ganz anderen Format. Aber Männer sind und bleiben Männer, und die zwei hier haben mehr getrunken, als ihnen guttut. Wenn Ihr und Barnaby mitmacht, werden wir die beiden wohl im Handumdrehen überwältigt haben.«
Ich starrte sie sprachlos an. Barnaby grinste breit. »Das nenne ich ein Mädchen nach meinem Geschmack.« Ich suchte noch nach einem stichhaltigen Grund für eine Ablehnung, als Elizabeth ihre Kapuze noch tiefer ins Gesicht zog und es vollends verbarg. Ich ergriff sie am Arm. »Hoheit!« Ihren pikierten Blick auf meine Finger ignorierte ich. »Bitte überlegt Euch das noch einmal genau!« Ich fuhr zu Kate herum. »Ihr könntet beide verhaftet werden.«
»Daran habe ich auch schon gedacht.« Elizabeth schüttelte meine Hand ab. »Aber das hier ist der einzige Grund, warum ich an den Hof zurückgekehrt bin. Ich habe es Euch doch gesagt: Ich muss es tun. Seid Ihr dazu bereit, mir dabei zu helfen, oder nicht?«
Ich blickte ihr in die Augen und nickte langsam. Kate murmelte kurz ein paar Anweisungen, dann schlug sie ihre Kapuze zurück. Das Gesicht solcherart entblößt, tänzelte sie mit schwingenden Hüften auf die zwei Männer zu, die gerade wieder den Weinschlauch zwischen sich hin- und herwandern ließen.
»Zeit zu fliehen, mein Freund«, flüsterte ich Peregrine zu, woraufhin dieser in die Dunkelheit davonstob.
Ich packte meinen Dolch fester und beobachtete, wie Kate und Elizabeth sich den Männern näherten. Die beiden hatten sich mittlerweile aufgerichtet, wirkten aber eher verblüfft als misstrauisch. Das fahle Licht des abnehmenden Mondes und der Widerschein der Kerzen in den Palastfenstern genügten, um den Soldaten zu bestätigen, dass die zwei Störenfriede Frauen waren, die im Park lustwandelten. Und Frauen, die nachts in einem Park lustwandelten, galten grundsätzlich nicht als Damen.
Der größere der beiden Männer torkelte ihnen mit einem lüsternen Grinsen entgegen. Kate schritt voran, Elizabeth folgte ihr, das Gesicht unter der Kapuze verborgen, auf den Fersen. Ihre elegante, schmale Statur wurde durch den Umhang zusätzlich betont. Ich bezweifelte, dass den Wachposten auffallen würde, wie kostbar der Samt ihrer Kleider war, doch sollte durch irgendein Missgeschick ihr Gesicht zum Vorschein kommen, machte ich mir keine Illusionen über den Wert ihrer Tarnung. In ganz England gab es kein Gesicht, das so bekannt war wie ihres.
»Haltet Euch bereit«, zischte ich Barnaby zu. Er grunzte zur Bestätigung.
Die Stimme des ersten Wächters drang durch die Nacht. »Und was treiben die zwei schönen Damen so spät hier draußen?« Schon streckte er seine schmutzige Hand nach Kate aus, und ich machte Anstalten, den Dolch zu zücken. »Ganz ruhig, Freund«, murmelte Barnaby. »Lasst ihr Zeit.«
Mühelos wich Kate den Händen des Mannes aus. Ihm die Hüfte verführerisch entgegenreckend und den Kopf kokett geneigt, verbarg sie die rechte Hand unter den Falten ihres Capes, wo sie ihren Dolch stecken hatte. »Meine Herrin und ich wollten der Luft im Palast entkommen«, zwitscherte sie. »Dort ist es schrecklich heiß und laut. Hier in der Nähe soll es einen Pavillon geben, ist uns gesagt worden, aber ich fürchte, wir haben uns verlaufen.«
Sie verstummte. Zwar konnte ich ihr Gesicht nicht sehen, war mir aber sicher, dass sie dem Mann ein hinreißendes Lächeln schenkte. Trotz der Gefahr ließ ihr Wagemut meine Bewunderung für sie ins Unermessliche steigen. Sie hatte wahrhaftig das Herz einer Löwin. Kein Wunder, dass Elizabeth
Weitere Kostenlose Bücher