Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
wunderbar. Dann ergriff ich Peregrines Hand und ging mit langsamen, aber schon recht sicheren Schritten zum Esstisch. »Wie immer keine Spur von Reue, was?« Ich grinste und ließ mich auf einem Hocker nieder. »Aber ich bin froh, dass du da bist, mein Freund.« Ich blickte Kate in die Augen. »Das gilt ebenso für Euch. Ich danke Gott für euch beide. Ihr habt mir das Leben gerettet. Das ist eine Schuld, die ich nie zurückzahlen kann.«
Der Schimmer in Kates Augen mochte von Tränen herrühren. Sie wischte sie mit dem Ärmel weg. Während sie das Essen auftrug, hockte sich Peregrine neben mich.
»Ich bin doch kein hilfloses Kind«, brummte ich, als der Junge mir meinen Teller reichte. »Ich kann durchaus allein essen.«
Kate drohte mir schelmisch mit dem Finger. »Er ist nicht hier, um Euch zu füttern. Ihr seid genug verwöhnt worden. Peregrine, entweder du befiehlst dem Hund, die Pfoten vom Tisch zu nehmen, oder ihr esst beide in der Küche.«
Unter fröhlichem Gelächter speisten wir im Schein der Kerzen und plauderten über unverfängliche Dinge. Erst als wir die letzten Reste der Soße mit Brot aufwischten und Peregrine zum hundertsten Mal erzählt hatte, wie er und Barnaby Urians feine Nase dafür eingesetzt hatten, mich aufzuspüren, störte ich auf einmal unsere gute Laune. Mich auf meinem Stuhl zurücklehnend, fragte ich in meinem beiläufigsten Ton: »Und wo steckt Fitzpatrick?«
Schlagartig trat Schweigen ein, das nur durch das Rascheln von Kates Röcken durchbrochen wurde, als sie aufstand, um die leeren Teller ineinanderzustapeln. Peregrine streichelte unterdessen Urian.
»Der König ist tot, nicht wahr?«, fragte ich.
Kate hielt inne. Peregrine antwortete mir mit einem traurigen Nicken: »Es ist noch nicht offiziell bestätigt worden, aber Master Walsingham hat uns gesagt, dass er gestern gestorben ist. Sobald wir dich gefunden hatten, ist Barnaby an den Hof zurückgekehrt, um an seiner Seite zu sein. Es heißt, dass der Himmel in der Stunde von Edwards Tod geweint hat.«
Der Regen. Ich hatte ihn gehört.
Bei der Erinnerung an den Knaben, der in jenem übelriechenden Gemach bei lebendigem Leib verfaulte, wanderte mein Blick zu dem Schwert auf dem Bett. Mit gepresster Stimme fragte ich: »Und die Kräuterkundige? Hat Walsingham etwas über sie gesagt?«
»Brendan, bitte lasst das!«, rief Kate hastig. »Dafür ist es zu früh. Ihr seid doch noch geschwächt.«
»Nein. Ich will es wissen. Ich … ich muss es wissen.«
»Nun gut, dann sage ich es Euch.« Sie setzte sich neben mich. »Sie ist tot. Sidney hat es Walsingham berichtet. Jemand hat ihre Leiche weggeschafft. Wohin, das weiß niemand. Die Dudleys haben gedroht, Sidney umzubringen, weil er Euch geholfen hat, aber inzwischen hat sich die Nachricht von Elizabeths Entkommen verbreitet, und seitdem herrscht im Palast das Chaos. Brendan, nein! Setzt Euch! Ihr könnt doch nicht …«
Doch ich war bereits aufgesprungen. Ich überwand das plötzliche Schwindelgefühl, erreichte das Fenster und starrte in die schwarze Nacht hinaus. Meine treue Alice war tot. Jetzt war sie für immer von mir gegangen. Lady Dudley hatte ihr die Kehle aufgeschlitzt wie einem Raubtier, das sich in den Hühnerstall geschlichen hatte, und sie einfach verbluten lassen.
Ich konnte den Gedanken nicht ertragen. Das konnte ich einfach nicht. Er würde mich in den Wahnsinn treiben.
»Was ist mit Jane Grey?«, fragte ich leise. »Ist sie schon zur Königin ausgerufen worden?«
»Noch nicht. Aber der Herzog hat sie und Guilford nach London gebracht. Und laut Gerüchten beabsichtigt er, Soldaten auszusenden, damit sie Lady Mary ergreifen.«
»Ich dachte, das hätte er längst getan. Soviel ich weiß, hat er Lord Robert damit beauftragt.«
»Das hat sich anscheinend verzögert. Als er von Elizabeths Flucht aus Greenwich erfuhr, wollte er offenbar zuallererst Lady Jane an einen sicheren Ort bringen. Sie ist jetzt alles, was er hat.«
Ich nickte. »Peregrine«, sagte ich. »Kannst du uns bitte allein lassen?«
Der Junge stand auf und ging hinaus. Urian trottete hinterher. Kate und ich blickten einander an. Unvermittelt wandte sie sich dem Tablett zu und machte Anstalten, danach zu greifen. »Wir können ja morgen weitersprechen.«
Ich trat auf sie zu. »Das ist richtig. Aber … geh jetzt nicht.« Meine Stimme brach. »Bitte.«
Sie strich mir mit der Hand über die bärtige Wange. »Der ist ja so rot«, murmelte sie. »Und dicht. Ich hätte nie gedacht, dass dir ein
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