Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)
Wiedervereinigung ernst nahm und wie hoch die Flammen ihrer Leidenschaft immer noch zu lodern vermochten, umklammerte er sie mit geradezu brutaler Kraft und rammte ihr seinen Schwanz hart und im rasenden Rhythmus hinein. Dabei küßte er sie unablässig, ordinär, feucht und schmerzhaft saugend. So eine beeindruckende Vorstellung hatte er nicht einmal Florence gegeben. Ida schien sich dafür zu bedanken. Sie tat wieder Dinge, die sie am Anfang ihres Zusammenseins getan hatte, die jedoch während des Marathonlaufs ihrer Ehe irgendwie eingeschlafen waren. Abwechselnd streichelte und kratzte sie über seinen Rücken und preßte ihre Hände im richtigen Rhythmus auf sein Gesäß. Dabei synchronisierte sie ihre Beckenbewegungen mit seinen Stößen und gab leise, aber von qualvoller Lust zeugende Stöhnlaute von sich. Sie schwitzten bei ihrem aufreibenden Ringen derart, daß jedesmal ein sattes Klatschen ertönte, wenn ihrer beider Fleisch aufeinanderstieß.
Ali hätte sich nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorzustellen gewagt, daß sie noch einmal zu solcher Hochform auflaufen würden. Er wunderte sich vor allem darüber, daß in ihm nach den Ereignissen dieser Nacht noch so viel Energie steckte. Eigentlich hätte dies Anlaß zur Freude geben müssen. Denn es bestätigte Idas Idee, daß man das Rad der Zeit mit Gewalt doch noch zurückdrehen konnte, wie sich überhaupt ab heute alles zum Guten wenden würde. Sie waren in dieser Beziehung, vielleicht sogar in keinerlei Beziehung keineswegs so alt geworden, wie er sich in seinen depressiven Stimmungen immer eingeredet hatte. Und wenn das so blieb, konnten sie gemeinsam nicht nur den Verlauf ihrer Ehe, sondern tatsächlich den Verlauf der Geschichte neu bestimmen. Eigentlich hatten sie es ja schon getan …
Trotzdem ... Trotzdem schien etwas nicht zu stimmen. Was sie taten , schien nicht zu stimmen. Wenn sie hinter den Vorhang ihrer naiven Illusionen lugten, mußten sie sich nämlich eingestehen, daß ihr Tun dem Konsumieren von alkoholfreiem Bier glich, oder, besser gesagt, dem Konsumieren von alkoholfreiem Wodka. Sie konnten trinken, soviel sie wollten, sie konnten sich in eine beschwingte Stimmung hineinsteigern, sie konnten Lieder grölen, aber es wäre alles vergeblich, denn sie würden nie betrunken werden. Der Rausch war ihnen ein für allemal abhanden gekommen. Ihr Tun glich ferner dem Besuch des Ortes, an dem man seine Kindertage verlebt hatte. Man kannte sich gut aus in den Gassen, wußte, welcher Hügel sich besonders gut zum Schlittenfahren und welche Wiese zum Fußballspielen eignete, welche Mauer um welche Uhrzeit von der Sonne beschienen sein würde, wo es die leckersten Süßigkeiten gab, in welchem Haus der Busenfreund gewohnt hatte und kannte den kürzesten Weg zu der alten Schule. Alles kam einem so vertraut vor wie das eigene Gesicht. Dennoch war es nicht so wie damals, keine Heimkehr. Die Dinge hatten sich verändert, die ehemals so vertraute Heimat hatte sich in die von Fremden verwandelt. Der Grund? Zeit war unwiderruflich vergangen, durch neue Eindrücke und Erfahrungen hatte sich das eigene Bewußtsein verändert, der Vergleich zwischen der Erinnerung und der Gegenwart legte die Unterschiede unübersehbar bloß, und zurück blieb ein diffuses Gefühl der Unstimmigkeit. Und der Enttäuschung.
Ali durchschaute nun die Show, die sie der guten Sache wegen für einander inszenierten. Die ersten Vorläufer einer heraufziehenden Depression drangen in seine Seele, während er sich in Ida wie die Spottfigur eines jugendlichen Liebhabers nach allen Regeln der Kunst abrackerte. Auch die Bilder begannen wieder dahin zurückzukriechen - Bilder von Blut! Die Fontäne, die ihm ins Gesicht geschossen war, als er Ali das Messer in die Halsschlagader gestochen hatte. Das tropfende Laken, in das sie Ida gewickelt hatten. Das schwarze Naß, das Bibo aus dem Schnabelmaul gedrungen war. So viel Blut! So viel Blut!
Ali roch plötzlich auch Blut. Metallhaltig, sauer und, ja, irgendwie sehr persönlich , wie ein intimer Körperduft . Er hatte mit einem Mal die fixe Idee, daß überall an seinem Körper Blut klebte, obwohl er sich doch gerade eben geduscht hatte. Wie war das möglich? Streichelte ihn nun endgültig der Wahnsinn? Er machte mit dem heftigen Rammeln ungerührt weiter, obwohl er innerlich mit dem Blutgeruch kämpfte. Und mit den Bildern. Alis schönes, junges Gesicht, so arrogant und doch so unschuldig: »Verdammt, was soll der Blödsinn! Ist das ein
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