Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
Vom Netzwerk:
in Alis Hals, wiewohl er dafür seine Hand nicht ins Feuer gelegt hätte, weil er sich kaum mehr entsinnen konnte, ob er es nicht herausgezogen und irgendwohin geworfen hatte. Aber was war mit Idas Messer passiert? Hatte sie es ihm übergeben, damit er es mit den Leichen vergrub, oder befand es sich noch im oberen Wintergarten, wo es der junge Ali hatte fallen lassen. Doch letztendlich war das alles unwichtig, da Bibo sich gegen eine Messerattacke mit Sicherheit zur Wehr zu setzen wußte. Leute mit derartigen Muskeln, die sich obendrein einen Stacheldraht auf die Glatze tätowieren ließen, konnten das, ob sie einen nun immer höflich mit Herr anredeten oder nicht. So ließ er den Gedanken schnell wieder fallen.
    »Ich gebe Ihnen fünfzigtausend, ach was, hunderttausend, wenn Sie jetzt dieses Haus verlassen und bis an Ihr Lebensende niemandem etwas von dem erzählen, was Sie hier gesehen haben.«
    Ali überlegte, ob er, das heißt der Tote überhaupt noch über so viel Geld verfügte nach dem Kauf des Traumhauses, des Jaguars, der Bestellung zahlloser Designermöbel und anderer Kostbarkeiten. Und wenn, würde das tatsächlich ausreichen, um Bibo zum Schweigen zu überreden - sofern der überhaupt auf einen Handel einging?
    Doch Bibo war im Moment augenscheinlich überfordert. Aber weniger von den Summen, die auf ihn niederprasselten, als vielmehr von der Entwicklung, die diese Begegnung genommen hatte. Der naiv bestürzte Ausdruck von vorhin war inzwischen totalem Entsetzen gewichen. Seine Lippen zitterten, und er machte ein Gesicht, als würde er jeden Moment in irres Gekreische ausbrechen. Folgerichtig trat er noch einen Schritt zurück.
    »Wovon reden Sie überhaupt, Herr Seichtem? Wer sind diese toten Leute? Oder sind sie nur verletzt?«
    »Okay, zweihunderttausend! Damit können Sie sich eine Weile ein schönes Leben machen und das hier vergessen!«
    Er mußte ihn überzeugen, er mußte ihn um jeden Preis überzeugen! Er hatte diesen dunklen Pfad zur Erlösung nicht eingeschlagen, um nun an einem dummen Zufall zu scheitern. Leichtgläubig schien der Kerl ja zu sein, doch auch da gab es Grenzen. Keine Erklärung der Welt würde das blutige Szenario in Normalität verwandeln, und keine Rhetorik der Welt würde aus »Herr Seichtem« wieder den kumpelhaften Kunden machen, den Bibo in ihm bis vor ein paar Minuten gesehen hatte. Aber man konnte sich Bibos heimliche Ängste und Sehnsüchte zunutze machen. Vielleicht nicht dadurch, daß man ordinär mit dem großen Geld herumwedelte, sondern indem man aufzeigte, was man sich mit diesem Geld alles erkaufen konnte.
    »Sie glauben, eine eindeutige Szene zu sehen, und ziehen Ihre voreiligen Schlüsse«, sprach er in einem Tonfall, der Ruhe und Überlegenheit suggerieren sollte. »Aber die Sache ist nicht so eindeutig, wie sie scheint, vertrauen Sie mir. Ich könnte Ihnen das alles erklären, doch Sie würden es mir nicht glauben, würden mich für verrückt erklären. Es gibt aber Dinge zwischen Himmel und Erde, die trotz ihrer Unerklärbarkeit geschehen. Unglaubliche Dinge eben.«
    »Sind diese Leute tot, Herr Seichtem?« wollte Bibo wieder wissen und schien kurz davor, in Tränen auszubrechen.
    »Ähm, ja, in einem gewissen Sinne sind sie das wohl.«
    »Haben Sie sie umgebracht?«
    Bibo war offensichtlich nicht gewillt, auf Alis vage Andeutungen hinsichtlich übernatürlicher Geschehnisse und komplizierter Deutungen einzugehen.
    »Was würden Sie sagen, wenn ich antwortete: Ja und nein!«
    »Weiß Frau Seichtem davon?«
    Ali wurde klar, daß er Bibo nie loswerden würde, wenn sie dieses Frage-und-Antwort-Spielchen weiter betrieben. Also wollte er es mit einem weiteren Erklärungsversuch probieren, der ihm gerade durch den Kopf geschossen war.
    Er drehte Bibo demonstrativ den Rücken zu, um ihn spüren zu lassen, daß er sich durchaus nicht in der schwächeren Position befand und daß es ihm sogar einerlei sein konnte, wenn der Verhandlungspartner aufgab und klammheimlich verschwand.
    »Sie haben gar nichts gesehen, jedenfalls nicht das, was Sie denken. Wie Sie wissen, male ich Tote, dafür brauche ich Modelle, und diese Modelle, ähm, diese Modelle werden mir geliefert ... Aber das braucht Sie nicht weiter zu interessieren, vergessen Sie das alles einfach - Sie werden es bestimmt nicht bereuen. Ich möchte Ihnen ja nicht zu nahe treten, aber Sie werden mir wohl zustimmen, Bibo, daß Möbelpacker kein Job auf Dauer ist. Möchten Sie bis zu Ihrer Verrentung Klaviere und

Weitere Kostenlose Bücher