Die Türme der Mitternacht
nicht schwer. Er stolperte auf den Schlächter zu. In diesem Augenblick fiel der Blick des hartgesichtigen Mannes auf das Ter’angreal in seinen Fingern.
Der Schlächter riss die Augen auf. Perrin ließ die Hand nach vorn schnellen und rammte ihm das Messer in den Bauch. Aufschreiend stolperte der Mann zurück, hielt sich den Leib. Blut strömte über seine Finger.
Der Schlächter biss die Zähne zusammen. Um ihn herum verzerrte sich der Albtraum. Er würde bald platzen wie eine Blase. Der Schlächter richtete sich wieder auf, senkte die blutige Hand. In seinen Augen blitzte der Zorn.
Perrin fühlte sich unsicher auf den Beinen. Er war so schwer verwundet worden. Der Boden erzitterte. Neben ihm öffnete sich ein neuer Spalt voller Lava, aus dem glühende Hitze emporfauchte, Hitze wie …
Perrin erstarrte. Wie vom Drachenberg. Er betrachtete das Ter’angreal in seiner Hand. Die Angstträume der Menschen sind stark, flüsterte Springers Stimme in seinem Verstand. So stark…
Als der Schlächter auf ihn zukam, biss Perrin die Zähne zusammen und schleuderte das Ter’angreal in den Lavasee.
»Nein!«, schrie der Schlächter, und um ihn herum entfaltete sich wieder die Realität. Der Albtraum zerplatzte, seine letzten Überreste verschwanden. Perrin kniete auf den kalten Fliesen eines kleinen Korridors.
Ein kurzes Stück zu seiner Rechten lag ein zerschmolzener Metallklumpen auf dem Boden. Perrin lächelte.
Genau wie der Schlächter stammte das Ter’angreal aus der realen Welt. Und wie ein Mensch konnte es hier zerbrochen und zerstört werden. Die violette Kuppel über ihnen war verschwunden.
Knurrend kam der Schlächter heran und trat Perrin in den Magen. In seiner Brustverletzung explodierte der Schmerz. Der nächste Tritt folgte. Ihm schwanden die Sinne.
Geh, Junger Bulle, übermittelte Springer. Seine Stimme klang so schwach. Flieh!
Ich kann dich nicht zurücklassen!
Und doch … muss ich dich verlassen.
Nein!
Du hast deine Antwort gefunden. Suche Grenzenlos. Er wird… dir… diese Antwort… erklären.
Perrin blinzelte durch die Tränen hindurch, als ein weiterer Tritt landete. Er schrie auf, während Springers so vertraute und tröstliche Botschaft in seinem Geist verblich.
Er war nicht mehr.
Perrin schrie gequält. Mit erstickter Stimme und tränennassen Augen schickte er sich aus dem Wolfstraum. Floh wie ein erbärmlicher Feigling.
Egwene erwachte mit einem Seufzen. Mit noch geschlossenen Augen atmete sie ein. Der Kampf mit Mesaana hatte ihren Geist belastet - tatsächlich litt sie unter schrecklichen Kopfschmerzen. Um ein Haar wäre sie dort besiegt worden. Ihre Pläne hatten funktioniert, aber die Bedeutung der Geschehnisse hatte in ihr ein sehr nachdenkliches Gefühl hinterlassen, hatte sie vielleicht sogar etwas überwältigt.
Trotzdem war es ein großer Sieg gewesen. Sie würde die Weiße Burg durchsuchen lassen müssen, um die Frau zu finden, die nun nach dem Aufwachen den Verstand eines Kindes hatte. Irgendwie wusste sie, dass sich Mesaana nicht davon erholen würde. Das hatte sie schon gewusst, bevor Bair es ansprach.
Egwene schlug die Augen auf und lag in einem angenehm dunklen Raum, schmiedete die ersten Pläne, den Saal zusammenzurufen und zu erklären, warum Shevan und Carlinya niemals aufwachen würden. Sie nahm sich einen Augenblick der Trauer für sie, als sie sich aufsetzte. Sie hatte ihnen die Gefahren erklärt, konnte aber das Gefühl nicht abschütteln, sie im Stich gelassen zu haben. Und Nicola, die immer schneller gehen wollte, als sie sollte. Sie hätte nicht dort sein sollen. Es war…
Egwene zögerte. Was war das für ein Geruch? Hatte sie nicht die Lampe brennen lassen? Sie musste erloschen sein. Sie umarmte die Quelle und webte eine Lichtkugel, die über ihre Hand schwebte. Der von ihr enthüllte Anblick raubte ihr den Atem.
Die durchsichtigen Vorhänge an ihrem Bett waren blutgetränkt, fünf Körper lagen auf dem Boden. Drei davon trugen schwarz. Einer davon war ein unbekannter junger Mann im Wappenrock der Burgwache. Der Letzte trug einen weißroten Mantel und Hosen.
Gawyn!
Egwene sprang vom Bett und fiel neben ihm auf die Knie, ignorierte die Kopfschmerzen. Er atmete nur schwach und hatte eine klaffende Wunde in der Seite. Sie verwebte Erde, Geist und Luft zum Heilen, war aber auf diesem Gebiet alles andere als begabt. Von Panik erfüllt arbeitete sie weiter. Er gewann wieder etwas an Farbe, und die Wunden schlossen sich langsam, aber sie schaffte einfach
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