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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Mesaanas Willen zurückdrängte.
    Und sie wusste unwiderruflich, dass diese Frau, diese Kreatur, ein unbedeutendes Insekt war, das sich gegen einen gewaltigen Berg stemmte. Dieser Berg würde sich nicht bewegen. Und stemmte man sich zu hart dagegen, dann …
    Etwas in dem Raum zerbrach leise.
    Egwene atmete keuchend ein, als die Luft wieder normal wurde. Mesaana sackte wie eine Stoffpuppe zusammen. Mit geöffneten Augen schlug sie auf dem Boden auf; Speichel sickerte aus ihrem Mundwinkel.
    Benommen setzte sich Egwene hin und atmete keuchend ein und aus. Sie schaute zur Seite, wo das weggeworfene A’dam lag. Es verschwand. Dann schaute sie wieder zu Mesaana, die dort wie ein Bündel lag. Ihre Brust hob und senkte sich noch, aber ihr Blick starrte ins Leere.
    Egwene blieb einen langen Augenblick dort liegen, bevor sie aufstand und die Quelle umarmte. Sie webte Stränge aus Luft um die reglose Verlorene, dann versetzte sie sich zusammen mit der Frau zu den oberen Etagen des Turms.
    Überrascht drehten sich Frauen zu ihr um. Der Korridor war mit Trümmern übersät, aber jede der Frauen gehörte zu ihr. Die Weisen Frauen, die zu ihr herumfuhren. Nynaeve, die Geröll durchsuchte. Siuan und Leane, die mehrere geschwärzte Schnitte im Gesicht hatte, aber stark aussah.
    »Mutter«, sagte Siuan erleichtert. »Wir hatten schon befürchtet …«
    »Wer ist das?«, fragte Melaine und ging zu Mesaana, die schlaff in dem Gewebe aus Luft hing und den Boden anstarrte. Plötzlich krähte die Frau wie ein Kind und beobachtete gebannt die Flämmchen an den Überresten eines Wandteppichs.
    »Sie ist es«, sagte Egwene müde. »Mesaana.«
    Überrascht sah Melaine Egwene an.
    »Beim Licht!«, rief Leane aus. »Was habt Ihr getan?«
    »Das habe ich schon einmal gesehen«, meinte Bair und musterte die Frau. »Sammana, eine Traumgängerin der Weisen Frauen in meiner Jugend. Im Traum begegnete sie etwas, das ihren Verstand zerstörte.« Sie zögerte. »Sie verbrachte den Rest ihrer Tage in der wachen Welt mit Sabbern und musste gesäubert werden. Sie hat nie wieder ein Wort gesprochen, jedenfalls nicht mehr als die Worte eines Kleinkinds, das gerade gehen kann.«
    »Vielleicht ist es Zeit, Euch nicht mehr als Lehrling zu betrachten, Egwene al’Vere«, sagte Amys.
    Nynaeve hatte die Hände in die Hüften gestemmt und sah beeindruckt aus, klammerte sich aber noch immer an die Quelle. Im Traum hatte ihr Zopf wieder seine alte Länge. »Die anderen sind weg«, sagte sie.
    »Mesaana hat ihnen befohlen zu fliehen«, sagte Egwene.
    »Sie können nicht weit gekommen sein«, sagte Siuan. »Die Kuppel ist noch immer da.«
    »Ja«, sagte Bair. »Aber es ist Zeit, dass dieser Kampf endet. Der Feind ist besiegt. Wir sprechen uns, Egwene al’Vere.«
    Egwene nickte. »Ich stimme beidem zu. Bair, Amys, Melaine, ich danke Euch für Eure dringend benötigte Hilfe. Ihr habt damit vielerrungen, und ich stehe in Eurer Schuld.«
    Melaine musterte die Verlorene, als sich Egwene aus dem Traum schickte. »Ich glaube, wir und die Welt selbst stehen in Eurer Schuld, Egwene al’Vere.«
    Die anderen nickten, und als Egwene aus Tel’aran’rhiod verblasste, hörte sie Bair murmeln: »Was für eine Schande, dass sie nicht zu uns zurückgekehrt ist.«
     
    Perrin drängte sich in einer brennenden Stadt durch Horden verängstigter Menschen. Tar Valon! In Flammen! Die Steine brannten, der Himmel war dunkel gerötet. Der Boden erbebte wie ein verletzter Hirschbock, der um sich trat, während ein Leopard ihn am Hals ausbluten ließ. Vor Perrin klaffte plötzlich der Boden auf, und er stolperte, als Flammen in die Höhe schossen und die Haare auf seinen Unterarmen ansengten. Menschen schrien, als ein paar von ihnen in diesen schrecklichen Abgrund stürzten und zu Asche verbrannten. Plötzlich war der Boden mit Leichen übersät. Zu seiner Rechten fing ein schönes Gebäude mit Bogenfenstern an zu schmelzen, der Stein verflüssigte sich, und Lava blutete aus den Fugen und Öffnungen.
    Perrin stand wieder auf. Das ist nicht real.
    »Tarmon Gai’don!«, riefen die Leute. »Die Letzte Schlacht ist da! Alles endet! Beim Licht, alles endet!«
    Perrin stolperte erneut, zog sich an einem Felsblock nach oben und versuchte zu stehen. Sein Arm schmerzte, und seine Finger wollten nicht richtig zupacken, aber die schlimmste Wunde war die in seinem Bein, wo ihn der Pfeil getroffen hatte. Hose und Mantel waren feucht von Blut, und der Gestank seines eigenen Entsetzens stieg ihm in die

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