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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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hilfreich sein würde, einen anderen Mann für ihre Aufmerksamkeiten zu finden. Aber den Hauptmann der Weißmäntel? Hatte die Frau jetzt völlig den Verstand verloren?
    »Also was machen wir?«, fragte Alliandre, als sie an der südlichen Lagerseite vorbeistreiften und damit den halben Weg zu ihrem Ausgangspunkt zurückgelegt hatten.
    » Mit den Weißmänteln?«, fragte Faile.
    »Mit Maighdin«, sagte Alliandre. »Morgase.«
    Faile schüttelte den Kopf. »Ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass sie meine Freundlichkeit schamlos ausgenutzt hat. Nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben, verrät sie mir nicht, wer sie ist?«
    »Ihr scheint Euch entschlossen zu haben, ihr nur wenig zuzugestehen«, meinte Berelain.
    Faile schwieg. Sie hatte über Perrins Worte nachgedacht, und er hatte vermutlich recht. Sie hätte nicht so wütend auf sie sein sollen. Falls Morgase tatsächlich vor einem der Verlorenen geflohen war, dann war es ein Wunder, dass sie noch lebte. Davon abgesehen hatte sie ihre wahre Identität selbst dann noch verschwiegen, als sie Perrin kennengelernt hatte.
    In Wahrheit lag Failes Zorn in der Tatsache begründet, dass Morgase über Perrin richten würde. Sie erdreistete sich, über Perrin zu richten. Maighdin, die Dienerin, mochte möglicherweise dankbar sein, aber Morgase, die Königin, würde Perrin als Rivalen sehen. Würde Morgase diesen Prozess wirklich unvoreingenommen betrachten, oder würde sie die Chance ergreifen, einen Mann zu diskreditieren, der sich selbst zum Lord gemacht hatte?
    »Ich fühle da genauso wie Ihr, meine Lady«, sagte Alliandre leise.
    »Wie denn?«
    »Ich fühle mich hintergangen«, sagte Alliandre. »Maighdin war unsere Freundin. Ich dachte, ich würde sie kennen.«
    »Ihr hättet in dieser Situation genau das Gleiche getan«, meinte Berelain. »Warum ohne Not diese Information preisgeben?«
    »Weil wir Freundinnen waren«, sagte Alliandre. »Nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben, stellt sich heraus, dass sie Morgase Trakand ist. Nicht nur eine Königin, sondern die Königin. Die Frau ist eine Legende. Und sie war hier bei uns und servierte uns Tee. Und das schlecht.«
    »Ihr müsst zugeben«, meinte Faile nachdenklich, »dass sie mit dem Tee besser geworden ist.«
    Sie griff sich an den Hals und berührte die Schnur mit Rolans Stein. Sie trug ihn nicht jeden Tag, aber sie tat es oft genug. Hatte Morgase die ganze Zeit, die sie zusammen bei den Shaido verbracht hatten, alles nur vorgetäuscht? Oder war sie in gewisser Weise viel wahrhaftiger gewesen? Ohne Titel, dem man gerecht werden musste, war sie nicht gezwungen gewesen, die »legendäre« Morgase Trakand zu sein. Zeigte sich die wahre Persönlichkeit unter solchen Umständen nicht viel eher?
    Faile schloss die Finger um die Schnur. Morgase würde sich bei dem Prozess nicht aus Bosheit gegen Perrin wenden. Aber sie würde ein unvoreingenommenes Urteil fällen. Was bedeutete, dass Faile vorbereitet sein musste und …
    In der Nähe ertönten Schreie.
    Faile reagierte sofort und fuhr zum Wald herum. Instinktiv wappnete sie sich dagegen, dass Aiel aus den Büschen sprangen, um zu töten und Gefangene zu machen, und sie verspürte einen Augenblick der nackten Panik.
    Aber die Schreie kamen aus dem Lagerinneren. Fluchend drehte sie sich um, fühlte aber, wie etwas an ihrem Gürtel zerrte. Überrascht schaute sie nach unten und sah, wie sich ihr Messer aus der Scheide schob und in die Luft stieg.
    »Eine Blase des Bösen!«, stieß Berelain hervor und stolperte zur Seite.
    Faile duckte sich und warf sich zu Boden, als das Messer herumwirbelte und auf ihren Kopf zuschoss. Es verfehlte sie nur knapp. Als sie wieder in der Hocke hochkam, entdeckte sie überrascht, dass Berelain einem Dolch gegenüberstand, der sich dem Schaden an ihrem Gewand nach zu urteilen aus einer in ihrem Ärmel verborgenen Scheide losgerissen hatte.
    Hinter Berelain war das Lager in Aufruhr. Die in der Nähe übenden Flüchtlinge stoben auseinander, Schwerter und Speere kreiselten aus eigenem Antrieb durch die Luft. Anscheinend war jede Waffe im Lager plötzlich zum Leben erwacht und griff ihren Herrn an.
    Eine Bewegung. Faile wich zur Seite aus, als ihr Messer erneut auf sie zukam, aber eine weißhaarige Gestalt in Braun riss die Waffe aus der Luft und hielt sie mit festem Griff. Sulin rollte sich damit herum und klammerte sich daran fest; mit zusammengebissenen Zähnen hämmerte sie sie gegen einen Stein und brach die Klinge vom

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