Die Türme der Mitternacht
zu sein.«
»Hast du eine Idee, was es bedeuten könnte?« Sie schüttelte den Kopf.
»Wir sollten es wieder verbergen«, sagte Cadsuane. Heute trug sie Braun und Grün, Erdfarben, die von ihrem goldenen Haarschmuck aufgehellt wurden. Sie stand mit verschränkten Armen kerzengerade da. »Pfff! Den Gegenstand jetzt hervorzuholen ist leichtsinnig, mein Junge!«
»Ich nehme Euren Einwurf zur Kenntnis«, sagte Rand. Er nahm das Sa’angreal von Min entgegen und schob es dann hinter der Schulter in eine Scheide auf seinem Rücken. An der Seite trug er wieder das uralte Schwert, auf dessen Scheide die rotgoldenen Drachen aufgemalt waren. Er hatte erwähnt, dass er es für eine Art Symbol hielt. Für ihn repräsentierte es die Vergangenheit, und Callandor - irgendwie - die Zukunft.
»Rand.« Min nahm ihn beim Arm. »Meine Forschungen … Callandor scheint einen tieferliegenden Fehler zu haben, als wir entdeckten. Diese Sicht untermauert bloß das, was ich zuvor sagte. Ich mache mir Sorgen, dass man es gegen dich benutzen könnte.«
»Ich vermute, das wird auch geschehen«, sagte Rand. »Alles andere auf der Welt ist gegen mich benutzt worden. Narishma, bitte ein Wegetor. Wir haben die Grenzländer lange genug warten lassen.«
Der Asha’man nickte, die Glöckchen in seinem Haar klirrten.
Rand wandte sich an Naeff. »Naeff, noch immer keine Nachricht aus der Schwarzen Burg?«
»Nein, mein Lord«, sagte der hochgewachsene Asha’man.
»Ich konnte nicht dorthin Reisen«, sagte Rand. »Das deutet auf großen Ärger hin, schlimmer als ich befürchtete. Benutzt dieses Gewebe, es kann Euch verkleiden. Reist an einen Ort einen Tagesritt entfernt, dann reitet hin und versteckt Euch. Seht, was Ihr entdecken könnt. Helft, wenn Ihr könnt, und solltet Ihr Logain und die finden, die loyal zu ihm stehen, übergebt ihm eine Botschaft.«
»Welche Botschaft, mein Lord?«
Rand wirkte in Gedanken versunken. »Sagt ihnen, dass ich mich geirrt habe. Sagt ihnen, dass wir keine Waffen sind. Wir sind Männer. Vielleicht hilft das ja. Seid vorsichtig. Das könnte gefährlich sein. Gebt mir Bescheid. Ich muss hier noch ein paar Dinge klären, aber ich könnte leicht in eine Falle tappen, die viel gefährlicher ist als alles, dem ich bis jetzt entgehen konnte. Probleme… so viele Probleme, die geklärt werden müssen. Und von meiner Sorte gibt es nur einen. Geht dieses Mal an meiner Stelle, Naeff. Ich brauche Informationen.«
»Ich … ja, mein Lord.« Er erschien verwirrt, aber er verließ den Raum, um zu gehorchen.
Rand holte tief Luft, dann rieb er sich den Armstumpf. » Gehen wir.«
»Bist du sicher, dass du nicht mehr Leute mitnehmen willst?«, fragte Min.
»Ja«, sagte Rand. »Cadsuane, haltet Euch bereit, falls nötig ein Wegetor zu öffnen und uns dort wegzuschaffen.«
»Wir gehen nach Far Madding, mein Junge«, sagte Cadsuane. »Ihr habt doch wohl nicht vergessen, dass wir dort die Quelle nicht berühren können.«
Rand lächelte. »Und Ihr tragt ein vollständiges Paralisnetz im Haar, das eine Quelle enthält. Ich bin davon überzeugt, dass Ihr sie gefüllt haltet, und das dürfte ausreichen, um ein einzelnes Wegetor zu erschaffen.«
Cadsuanes Miene wurde ausdruckslos. »Ich habe noch nie etwas von einem Paralisnetz gehört.«
»Cadsuane Sedai«, sagte Rand leise. »Euer Netz hat ein paar Verzierungen, die ich nicht erkenne - ich vermute mal, dass es eine Konstruktion aus der Zeit der Zerstörung der Welt ist. Aber ich war dabei, als man die ersten entwarf, und ich trug die ursprüngliche männliche Version.«
Im Raum kehrte Schweigen ein.
»Nun, mein Junge«, sagte Cadsuane schließlich. »Ihr …«
»Werdet Ihr diese Affektiertheit denn niemals aufgeben, Cadsuane Sedai?«, fragte Rand. »Mich Junge zu nennen? Es stört mich nicht mehr, aber es fühlt sich seltsam an. An dem Tag, an dem ich während des Zeitalters der Legenden starb, war ich vierhundert Jahre alt. Vermutlich macht Euch das zumindest mehrere Jahrzehnte jünger als mich. Ich erweise Euch den nötigen Respekt. Vielleicht wäre es angebracht, wenn Ihr ihn erwidert. Wenn Ihr wollt, dürft Ihr mich als Rand Sedai ansprechen. Soweit ich weiß, bin ich der einzige noch lebende männliche Aes Sedai, der auf die angemessene Weise erhoben wurde und sich nie dem Schatten zuwandte.« Cadsuane wurde sichtlich blass.
Rands Lächeln wurde freundlich. »Ihr wolltet dazukommen und mit dem Wiedergeborenen Drachen tanzen, Cadsuane. Ich bin, was ich sein muss. Habt Mut
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