Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
Eine Macht. Um ihn herum bildeten sich Gewebe. Er war erstaunlich geschickt, wenn man die kurze Zeit bedachte, die er das tat. Fachkundig erschuf er das Gewebe für ein Wegetor.
    Aber statt ein Loch in der Luft zu öffnen, löste sich das Gewebe auf und verschwand. Mit schweißüberströmtem Gesicht wandte sich Emarin den anderen zu. »Diese Gewebe zu weben schien schwieriger als sonst«, sagte er.
    »Warum funktionieren sie nicht?«, fragte Evin. Das jugendliche Gesicht des Mannes war vor Zorn gerötet - als wäre das Problem mit den Wegetoren eine Beleidigung.
    Androl schüttelte mit verschränkten Armen den Kopf. Die Bäume raschelten, und die Blätter zitterten, viele fielen zu Boden. Braun, als wäre es Herbst. Das flößte ihm Unbehagen ein. Während seiner Reisen hatte er eine Weile Felder bestellt und das Gespür eines Bauern für das Land erworben, ob etwas richtig oder falsch war.
    »Versucht es noch einmal, Androl«, sagte Evin. »Ihr seid doch immer so gut mit Wegetoren.«
    Er sah die anderen drei Männer an. Canler zeigte ein tiefes Stirnrunzeln. Natürlich runzelte der andoranische Bauer meistens die Stirn wegen diesem oder jenem.
    Androl schloss die Augen, entledigte sich sämtlicher Leidenschaften und umarmte das Nichts. Dort leuchtete Saidin, Leben und Macht. Er ergriff es und trank es. Als er die Augen aufschlug, war die Welt viel lebendiger. Konnten tote Pflanzen zugleich kränklich aussehen und vor Leben sprühen? Ein seltsames Nebeneinander, das Saidin ermöglichte.
    Er konzentrierte sich. Wegetore zu erschaffen fiel ihm so viel leichter als andere Gewebe; er hatte nie begriffen, warum das eigentlich so war. Auch wenn er mit Machtlenken nicht einmal einen kleinen Stein zersprengen konnte, vermochte er dennoch ein Wegetor zu erschaffen, das groß genug für ein Wagengespann war. Logain hatte das als beeindruckend bezeichnet; Taim hatte es unmöglich genannt.
    Dieses Mal drängte Androl die ganze Macht, über die er verfügte, in sein Gewebe. Er verstand Wegetore. Sie ergaben einen Sinn. Vielleicht war es ja die ihm angeborene Vorliebe für das Reisen, neue Orte und neue Künste zu entdecken.
    Die Gewebe kamen zusammen. Er bemerkte nichts von den Problemen, die Emarin erwähnt hatte. Aber als sich der vertraute Lichtbalken hätte bilden sollen, löste sich das Gewebe auf. Androl versuchte es zusammenzuhalten, es zusammenzuziehen. Einen Augenblick lang hatte es den Anschein, als würde es funktionieren. Dann entglitten die Stränge seinem Griff und lösten sich auf. Das Wegetor bildete sich nicht.
    »Alle anderen Gewebe, die ich ausprobierte, funktionierten«, sagte Evin und erschuf eine Lichtkugel. »Jedes einzelne.«
    »Nur Wegetore«, sagte Canler mit einem Grunzen.
    »Es ist, als würde…«, meinte Emarin. »Als wollte uns etwas hier festhalten. In der Schwarzen Burg.«
    »Versucht es an anderen Stellen innerhalb der Grenze«, sagte Androl. »Aber lasst euch nach Möglichkeit dabei nicht von Taims Gefolgsleuten sehen. Tut so, als würdet ihr alles überprüfen, so wie es Taim befahl.«
    Die Männer nickten, dann gingen die drei nach Osten. Androl verließ den Hain. Norley stand am Straßenrand und hielt nach ihm Ausschau. Der kleine Cairhiener mit dem dicken Bauch winkte und kam näher. Androl traf ihn auf halbem Weg. Norley hatte ein offenes, einladendes Lächeln. Niemand kam je auf die Idee, er könnte sie aushorchen, was sich Androl zunutze gemacht hatte.
    »Habt Ihr mit Mezar gesprochen?«, fragte Androl.
    »Aber sicher«, erwiderte Norley. »Habe mit ihm zu Mittag gegessen.« Norley winkte Mishraile zu, als sie an ihm vorbeigingen; er beaufsichtigte eine Gruppe Soldaten, die ihre Gewebe übten. Der blonde Mann wandte sich abschätzig ab.
    »Und?«, wollte Androl angespannt wissen.
    »Er ist nicht Mezar«, sagte Norley. »Oh, es hat Mezars Gesicht, das schon. Aber er ist es nicht. Ich kann es in seinen Augen lesen. Das Problem ist nur, was auch immer dieses Ding ist, es hat Mezars Erinnerungen. Spricht genau wie er. Aber das Lächeln ist falsch. Ganz falsch.«
    Androl fröstelte. »Er muss es sein, Norley.«
    »Ist er aber nicht. Das kann ich Euch versichern.«
    »Aber…«
    »Er ist es nicht«, sagte der stämmige Mann. Androl holte tief Luft. Als Mezar vor ein paar Tagen zurückgekehrt war und erklärt hatte, es ginge Logain gut und mit Taim würde bald alles geklärt, hatte Androl die leise Hoffnung gehabt, dass es noch einen Ausweg aus diesem Schlamassel geben würde. Aber irgendetwas

Weitere Kostenlose Bücher