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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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gut. Sie aß einen weiteren Löffel und hob eine Braue. Es war eine schlichte Mahlzeit, Brühe und Gemüse, mit ein paar Stücken Huhn, aber wenn das meiste Essen fad schmeckte, erschien das hier wie ein Wunder. Sie probierte den Zwieback. Keine Getreidekäfer? Köstlich!
    Nynaeve war einfach verstummt; ihre Schüssel stand vor ihr und dampfte vor sich hin. Frisch erhoben hatte sie früher am Tag die Eide abgelegt. Sie saßen im Arbeitszimmer der Amyrlin; die Fensterläden standen weit geöffnet, und goldenes Licht strömte herein. Auf dem Boden lagen neue grüne und golddurchwirkte Teppiche.
    In Gedanken schalt sich Siuan, dass sie sich von der Suppe hatte ablenken lassen. Nynaeves Bericht erforderte eine sorgfältige Betrachtung. Sie hatte von ihrer Zeit bei Rand al’Thor erzählt und vor allem von Ereignissen wie der Reinigung. Natürlich hatte Siuan Berichte über die Reinigung von Saidin gehört; während der Spaltung hatte ein Asha’man das Lager besucht. Sie hatte das alles mit Skepsis betrachtet, aber jetzt konnte man es nicht mehr abstreiten.
    »Nun«, sagte die Amyrlin, »ich freue mich über diese längere Erklärung, Nynaeve. Die Reinigung von Saidin macht die Vorstellung des Bundes zwischen Asha’man und Aes Sedai sicherlich weniger unerfreulich. Ich wünschte, Rand hätte mich während seines Besuches darüber unterrichtet.« Sie sagte es völlig ruhig, aber Siuan wusste, dass ihr die Vorstellung, dass Männer mit Frauen den Bund eingingen, ungefähr so gefiel, wie einem Hauptmann eine Feuersbrunst in seiner Festung.
    »Das schätze ich auch«, sagte Nynaeve und verzog die Lippen. »Falls es eine Rolle spielt, Rand hält nichts davon, dass die Männer mit Frauen den Bund eingehen.«
    »Es spielt keine Rolle, ob er das tut oder nicht«, sagte Egwene. »Er ist für die Asha’man verantwortlich.«
    »So wie du für die Aes Sedai, die ihn in Ketten legten und schlugen?«, fragte Nynaeve. »Mutter?«
    »Möglicherweise ein Erbe von Elaida«, erwiderte Egwene, deren Augen ein kleines bisschen schmaler wurden.
    Es war richtig von ihr, Nynaeve zurückzuholen, dachte Siuan und nahm einen Löffel Suppe. Sie ergreift viel zu oft seine Partei.
    Nynaeve seufzte und griff nach ihrem Löffel. »Das sollte keine Anschuldigung sein. Ich wollte nur aufzeigen, wie er denkt. Beim Licht! Ich war mit vielen seiner Entscheidungen nicht einverstanden, vor allem in letzter Zeit. Aber ich kann verstehen, wieso er diesen Weg einschlug.«
    »Allerdings hat er sich verändert«, meinte Siuan nachdenklich. »Das sagtet Ihr selbst.«
    »Ja«, seufzte Nynaeve. »Die Aiel sagen, er hat den Tod umarmt. «
    »Das habe ich von ihnen auch einmal gehört«, sagte Egwene. »Aber ich schaute ihm in die Augen, und da hat sich noch etwas anderes verändert, etwas Unerklärliches. Der Mann, den ich sah …«
    »Er erschien anders als der, der Natrins Hügel zerstörte?« Bei dem Gedanken erschauderte Siuan.
    » Der Mann, den ich sah, hätte diesen Ort nicht zu zerstören brauchen«, sagte Egwene. »Die Menschen dort wären ihm einfach gefolgt. Hätten sich seinen Wünschen gebeugt. Einfach, weil er das ist, was er ist.«
    Die drei Frauen schwiegen.
    Egwene schüttelte den Kopf und aß einen Löffel. Sie hielt inne, dann lächelte sie. »Nun, wie ich sehe, ist es eine gute Suppe. Vielleicht sind die Dinge ja doch nicht so schlimm, wie ich fürchtete.«
    »Die Zutaten kommen aus Caemlyn«, bemerkte Nynaeve. »Ich hörte, wie die Dienstmägde das sagten.« »Oh.«
    Noch mehr Schweigen.
    »Mutter«, sagte Siuan bedächtig. »Die Frauen sind noch immer wegen der Todesfälle in der Burg besorgt.«
    »Dem stimme ich zu«, sagte Nynaeve. »Die Schwestern starren einander voller Misstrauen an. Das bereitet mir Sorgen. «
    »Du hättest sie mal früher sehen sollen«, erwiderte Egwene. »Während Elaidas Herrschaft.«
    »Falls das schlimmer als jetzt war«, sagte Nynaeve, »dann bin ich froh, dass ich nicht hier war.« Sie warf einen Blick auf ihren Großen Schlangenring. Das tat sie in letzter Zeit oft. Wie ein Fischer mit einem neuen Boot oft in Richtung Dock sah und lächelte. Obwohl sie immer darauf beharrt hatte, Aes Sedai zu sein, und obwohl sie diesen Ring nun schon so lange Zeit trug, war sie offensichtlich zufrieden, die Prüfung bestanden und die Drei Eide abgelegt zu haben.
    »Es war schrecklich«, sagte Egwene. »Und ich habe nicht vor, es wieder so weit kommen zu lassen. Siuan, der Plan muss durchgeführt werden.«
    Siuan runzelte die

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