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Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Titel: Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonke Dragt
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Freund Vaal, der echte Turmwächter; er heißt ebenfalls Tom. Beziehungsweise Thomas. Dreimal Thomas – wenn das nichts zu bedeuten hat! Erinnerst du dich an das WORT?«
    »Nur daran, dass MOIXA Axiom bedeutet«, sagte ich schlaftrunken. Ich hörte, wie er seufzte.
    »Woher wissen Sie eigentlich, dass ich Tom heiße?«, fragte ich.
    »Ich war besser vorbereitet als du. Ich führe schon jahrelang ein Tagebuch und wusste, was mich hier erwartete …«
    Noch während er sprach, fielen mir die Augen zu.
    Das war gestern. Heute weiß ich erheblich mehr. Und das Allerschlimmste ist, dass es dazu gehört . Es geschieht während der Reise von unserer eigenen Welt nach hier: Irgendwo unterwegs verliert man sein Gedächtnis.
    Herr Alva sagt, dass man nicht alles vergisst – denn dann wäre man ja wie ein neugeborenes Baby –, aber eben doch eine ganze Menge; er selbst hat noch mehr vergessen als ich. Er wusste es aber vorher und hatte deshalb ziemlich viele Notizen über sich selbst gemacht, die ich hier sofort lesen durfte. Außerdem ist er schon zum vierten Mal hier, und er erinnert sich sehr gut an alles, was er während seiner früheren Aufenthalte hier erlebt hat.
    Nur eines kann ich immer noch nicht so ganz verstehen: warum er mir mein Tagebuch von vor dem 30. Februar abgenommen hatte.
    Er möchte jetzt alles lesen, was ich aufgeschrieben habe, seit ich Téja gefolgt bin.

Antwort des Herrn A. 34)
    34) Eine Seite in einer anderen Handschrift, in der des Herrn Alva (oder Avla), wie auch auf den Seiten 25f. und 65/66.
    Weshalb ich dir dein Spiegelschrift-Tagebuch weggenommen habe, Tom? Aus verschiedenen Gründen; der wichtigste kommt zuletzt an die Reihe.
    Hättest du es sofort gelesen, dann hättest du möglicherweise einen solchen Schock bekommen, dass von deinem Gedächtnis kein bisschen mehr übrig geblieben wäre. Oder aber du hättest es nicht geglaubt. Und falls du es doch geglaubt hättest (so wie jetzt – aber jetzt warst du einigermaßen darauf vorbereitet) und wenn du nicht allzu sehr erschrocken wärest … wäre dir dann nicht alles durcheinander geraten (und zwar viel mehr als jetzt), das Gelesene und die echte Erinnerung?
    Am ersten Tag, an dem du hier warst – am 30. Februar –, hattest du dich schon an mehr Dinge erinnert als ich in einer ganzen Woche; wahrscheinlich deshalb, weil du noch jung bist und infolgedessen geistig beweglicher und weil du ein größeres Anpassungsvermögen hast.
    Deshalb nahm ich dir dein früheres Tagebuch weg: Ich wollte dafür sorgen, dass dein Geist unbefangen blieb; ich hoffte, dass deine Erinnerung von selbst zurückkehren würde – mit so wenig Hilfe wie irgend möglich, von welcher Seite auch immer. Diese Chance war für dich viel größer als für mich. Und vielleicht ist diese deine Chance noch nicht ganz verspielt!
    Dein Freund (noch immer oder von neuem)
    Thomas Alva
    Während Herr Alva mein Tagebuch las 35) , las ich einige Stücke aus seinem eigenen Tagebuch – bei weitem nicht alles, denn er hat eine ganze Reihe von Kladden voll geschrieben. Es war ein komisches Gefühl, das zu lesen, was über mich darin steht; manchmal hatte ich den Eindruck, als sei jemand anderes damit gemeint.
    35) Hier setzt Tom (Tim) sein Tagebuch wieder fort.
    Also, es stimmt: Hans ist mein jüngerer Bruder. Es steht nun auch fest, dass ich eine Mutter und einen Vater habe. Vielleicht ist dieser Turm nur deshalb so scheußlich, weil er so leer ist; er müsste eigentlich voller Menschen sein. Und doch habe ich nach wie vor keinerlei Erinnerung an zu Hause – und diese Welt ist mit absoluter Sicherheit besser als diejenige, aus der ich komme. Herr Alva meint übrigens dasselbe.
    Trotzdem haben wir beide das Gefühl, dass wir eigentlich zurückkehren müssten. Er sagt, dies gelte vor allem für mich, denn ich habe dort ja eine Familie, während er selbst weder Kind noch Kegel hat.
    Aber ich habe auch hier jemanden: Téja.
    Ich muss unbedingt nach draußen; ich will auf dem verbotenen Pfad Kokardenblumen pflücken. Diese Blumen erinnern mich an sie. Aber das kann ich Herrn Alva nicht gut erklären und er will mich nicht gehen lassen. »Schreib, schreib«, sagte er. »Schreib alles auf, alles …«
    Ich wollte nicht mehr, aber »du musst«, sagte er, »denn es ist das Einzige, was dir nach deiner Rückkehr erhalten bleibt«.
    Ich verstand es erst nicht – aber jetzt ist es mir klar. Umgekehrt passiert dasselbe: Wenn man nach dort zurückkommt, hat man alles von hier vergessen. Wirklich

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