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Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman

Titel: Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonke Dragt
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Ahnung, wie groß oder wie ernst seine Verliebtheit ist – aber eines steht fest: Sie macht die Situation ganz besonders kompliziert.
    Er hat nicht nach seinem Tagebuch gefragt; ja, er hat nicht einmal gemerkt, dass ich es habe und darin schreibe. Ich glaube, ich werde es behalten (das ist auch günstig für die Dokumentation).
    Was nun? Noch drei Tage lang muss ich den Jungen an der Kandare halten. Ich habe ihn überredet, heute hier zu bleiben; es ist schon spät am Nachmittag, und draußen sieht es so aus, als ob das Wetter umschlüge (bis jetzt war es strahlend schön). Außerdem muss er unten bei Tom Vaal noch einmal Wasser und Lebensmittel holen (ich als alter Mann kann nicht noch mal all die Treppen hinunter und wieder herauf). Morgen will Tom dann zu Téja gehen.
    Aber: Kommt Zeit, kommt Rat!
    Sonntagabend
    Habe die Lampe angemacht, obwohl ich das Fenster nicht verhangen hatte. Vielleicht ebenfalls eine Herausforderung, genauso wie Toms Spaziergang: Jawohl, wir sind da – in einem der unbewohnbaren und verbotenen Türme; soll es doch ruhig jeder sehen, dass wir uns hier aufhalten, und zwar unter Arrest!
    Ab und zu überlege ich, ob mein Wortschatz groß genug ist, um mich ein wenig zu rächen – um die Menschen hier (die vielen, die von unserer Existenz gar nichts wissen und freundlich und friedlich sind, und die anderen, die uns verfolgen, weil sie sich selbstsicher fühlen und überzeugt davon sind, dass sie Recht haben), um all diese Menschen einmal aufzuschrecken und ihnen Angst einzujagen:
    Jawohl, es gibt noch andere Welten als diese!
    Diejenigen, die das nur allzu gut wissen, wie zum Beispiel die beiden Wächter Jansel und Davit, versuchen inzwischen immer intensiver, ihre eigene Welt vor der unsrigen zu verschließen. Vor langer, langer Zeit scheint der Verkehr zwischen den beiden Welten erheblich reger gewesen zu sein 59) , aber das hat sich nun geändert. Wir sollen weg von hier und unsere Tagebücher zurücklassen, damit wir zu Hause niemals erfahren, dass wir schon einmal hier gewesen sind – damit wir nicht erzählen können, was wir entdeckt haben. Denn sonst könnten unsere Mitmenschen auf den Gedanken kommen, auch einmal hierher zu reisen (hatte ich nicht selbst diesen Wunsch, einmal für eine Zeit lang meiner eigenen Welt zu entfliehen?). Und gerade das möchten sie hier nicht. Wir sind unerwünscht, unwillkommen; wir sollen dort bleiben, wo wir geboren sind.
    59) Hierüber habe ich leider nur wenig erfahren können. Wie stand es damals zum Beispiel mit dem Problem Gedächtnisverlust? (Anmerkung von Thomas Alva)
    »Ihr wollt auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen«, sagte Jan Davit vor vier Jahren zu mir. »Wenn es euch hier besser gefällt, dann macht es gefälligst dort droben bei euch genauso!« (Er konnte jedoch ebenso wenig wie ich sagen, wie wir das anstellen sollen.)
    »Du kannst auch für immer hier bleiben, nur müsstest du dann deine Vergangenheit endgültig begraben …« Also der eigenen Welt abschwören und so werden wie die anderen hier. Diesen Weg hat er bei Tom probiert.
    Ich möchte jedoch beide Welten mein Eigen nennen!
    Keiner der Leute hier hat mehr den Wunsch, unsere Erde zu besuchen – keiner außer Denosi. Aber der ist Wissenschaftler und Forscher. Trotzdem scheint man ihm nun die Reise verboten zu haben. Tom Vaal behauptet, dass früher doch ab und zu Reisende von hier aus gestartet seien; ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass sie mir jemals begegnet wären, und ich wüsste auch nicht, was aus ihnen geworden wäre.
    Was übrigens diese Welt hier betrifft, so ist ihre Ähnlichkeit mit der unseren (soweit ich das feststellen kann) so groß, dass ich zu der Ansicht neige, dass sie früher einmal völlig gleich gewesen sind und sich erst von einem bestimmten Zeitpunkt an verschieden entwickelt haben. Aber dann – 60)
    60) abgebrochener Satz
    Tom sitzt mir gegenüber und liest in meinen Notizen. Ab und zu fragt er mich etwas: nur über diese Welt hier, und zwar sehr konkrete Fragen.
    Ich traue ihm nicht so ganz; er führt irgendetwas im Schilde.
    Hab ich Recht, Tom?
    Fußtritte auf der Galerie – 61)
    61) Hier bricht Herrn Alvas Bericht in Toms Tagebuch ab.
    Aus Herrn Alvas Tagebuch gerissene Seiten, um mein eigenes zu ergänzen. Th. W. 62)
    62) Überschrift von Tom Wit. Danach weiter die Handschrift des Thomas Alva, diesmal jedoch auf losen Blättern (insgesamt fünf).
    Montag, 29. März
    Gestern Abend: Tom und ich im Turm; unser Fenster als einziger

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