Die Tulpe des Bösen
Versteck niemandem verrät. Die bittere Erfahrung mit seinem Hauptkontoristen hat ihn vorsichtig werden lassen.«
»Die Verschwörer könnten erneut versuchen, ihn zu erpressen«, sagte Katoen kopfschüttelnd. »Ich halte das für keine gute Idee. Das beste wäre gewesen, die Karte und das Buch zu verbrennen.«
»Das können wir nicht, sie gehören Joan Blaeu. Und sie sind sehr wertvoll. Wie würde das aufgenommen, wenn wir einfach das Eigentum eines geschätzten Bürgers unserer Stadt vernichteten? Jeder Kaufmann in Amsterdam müßte befürchten, daß ihm ähnliches widerfährt. Nein, so können wir nicht miteinander umgehen.«
»Eure Bedenken in allen Ehren, Mijnheer Schuiten, aber sollte die Sicherheit unserer Nation nicht schwerer wiegen?«
»Ich für mein Teil würde Euch da sogar zustimmen, aber ich bin nicht der Magistrat, auch wenn ich zu Euch für ihn spreche. Uns bleibt nichts anderes übrig, als künftig ein wachsames Auge auf Joan Blaeu zu haben. Allerdings glaube ich nicht, daß die Wohlmeinenden ihren Plan weiterverfolgen werden. Nun, da wir von ihnen wissen, ist die Gefahr zu groß. Ich denke, Ihr, Jeremias Katoen, habt dieser dunklen Bruderschaft mit Eurem Einsatz heute den Todesstoß versetzt.«
Katoen war noch immer unzufrieden, was die Rückgabe der Karte und des Manuskriptes an Blaeu betraf, aber es lag nicht in seiner Macht, daran etwas zu ändern. So vieles war ihm noch unklar. Er fragte Schuiten: »Wie wollt Ihr der Öffentlichkeit den Tod des Amtsrichters erklären?«
»Es war ein Segelunfall, ganz einfach. Ihr, der tapfere Amtsinspektor Katoen, wart zufällig zugegen und habt versucht, Euren unglücklichen Vorgesetzten aus dem Damrak zu ziehen, leider vergebens.«
»Erwartet Ihr, daß ich bei seiner Beerdigung Tränen vergieße?«
»Wie es jetzt aussieht, wird es keine Beerdigung geben. Bislang haben wir van der Zyls Leichnam nicht gefunden.«
»Und was geschieht mit den Verschwörern, die in dem unterirdischen Gewölbe festgenommen worden sind?«
»Bislang schweigen sie eisern, aber das wird sich im Geißelkeller sicher geben. Niemand hat sie erkannt, und auch über ihre beiden toten Mitverschwörer wissen wir nichts. Wir gehen daher davon aus, daß sie nicht aus Amsterdam stammen. Gerade deshalb wird van der Zyl sie hier eingesetzt haben. Aller Voraussicht nach werden sie auf Lebenszeit aus den Niederlanden verbannt werden. Würden wir sie hinrichten, würde das zu viel Aufsehen erregen.«
»Ja, wahrscheinlich«, seufzte Katoen. »So viel Betrieb auf dem Galgenfeld würde die Leute stutzig machen.«
»Da wir von Galgenvögeln sprechen, wie steht es mit der Suche nach dem Tulpenmörder?«
»Der ist mir beinahe sympathisch geworden, seit ich weiß, daß seine Opfer zur Bruderschaft der Wohlmeinenden gehört haben.«
»Der junge van Rosven wohl nicht, und für Euren Büttel traf das ja wohl auch nicht zu. Offensichtlich nimmt der Mörder es mit seinen Opfern dann doch nicht so genau. Ein Grund mehr, seiner endlich habhaft zu werden.«
»Gewiß«, sagte Katoen und erzählte Schuiten von seiner Abmachung mit van der Zyl, daß er zum Ende der Woche von dem Fall und von seinem Amt zurücktreten werde, sollte er den Tulpenmörder bis dahin nicht gefaßt haben. »Dieses Wort habe ich van der Zyl in seiner Eigenschaft als Amtsrichter gegeben, und dazu stehe ich natürlich. Wenn Ihr möchtet, erkläre ich meinen Rücktritt auch sofort, dann haben wir einen sauberen Schnitt.«
»Das kommt nicht in Frage, Katoen, Ihr bleibt im Amt!« erwiderte Schuiten in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Van der Zyl hat einen Sündenbock gesucht, um vor dem Magistrat und der Öffentlichkeit gut dazustehen. Zugleich hat er Euch wiederholt als seinen besten Mann bezeichnet, und heute habt Ihr bewiesen, daß er nicht übertrieben hat. Daß Eure Fähigkeiten letztlich ihm selbst zum Verhängnis geworden sind, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.«
»Die Spinne im Netz«, sagte Katoen leise.
»Wie meint Ihr?«
»Ach, schon gut.«
»Zurück zum Tulpenmörder. Was meint Ihr, Katoen, wird jetzt Schluß sein mit den Morden, da die Pläne der Wohlmeinenden doch durchkreuzt sind?«
»Schwer zu sagen. Wir wissen nicht, ob es dem Mörder darum geht, ihre Pläne zu durchkreuzen, oder schlicht darum, die Mitglieder der Bruderschaft, aus welchem Grund auch immer, ins Jenseits zu befördern. Ist letzteres der Fall, wird es weitere Morde geben.«
»Wir müssen ihn also kriegen. Sonst sterben vielleicht
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