Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
Vom Netzwerk:
fünf Verschwörer gestoßen. Zwei von ihnen, darunter der ältere der beiden Männer, die in der Nacht den Bettler hergebracht hatten, starben im Kampf. Zu den drei Gefangenen zählte auch der Mann, den Katoen und Felix gefesselt und geknebelt zurückgelassen hatten und der noch in demselben Zustand vorgefunden worden war.
    Anschließend war Katoen mit Felix zum Botermarkt gegangen, wo die Witwe Gerritsen zunächst höchst erfreut gewesen war, ihren Mieter und seinen Schützling gesund wiederzusehen, und dann die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hatte, weil die beiden so verdreckt und abgerissen daherkamen. Sie erhitzte einen großen Topf Wasser auf dem Herd, griff eigenhändig zu Bürste und Seife und schrubbte Felix von Kopf bis Fuß ab. Katoen wusch sich derweil selbst, bevor die brave Witwe auch ihn zum Objekt ihres Reinlichkeitsdranges machen konnte.
    Auch das lag schon einige Stunden zurück. Inzwischen war der Magistrat erneut zusammengekommen, um über die Ereignisse zu beraten.
    Zweimal war Katoen in den Sitzungssaal gerufen worden, einmal, um ausführlich Bericht zu erstatten, das zweite Mal, um Fragen zu beantworten, die sich im Laufe der Sitzung ergeben hatten. Jetzt wartete er ab, was die Amsterdamer Ratsherren beschlossen.
    Irgendwann kam Philipp Schuiten in seine Dienststube, was ihn überraschte, hatte er doch damit gerechnet, ein weiteres Mal vor den Rat zitiert zu werden. Der Seilermeister sah blaß aus, und unter seinen Augen lagen Schatten. Er schien sich ähnlich abgekämpft zu fühlen wie Katoen.
    »Setzt Euch, Mijnheer Schuiten. Mögt Ihr etwas von dem Heidelbeerschnaps, den mein Onkel in Utrecht selbst brennt?«
    Schuiten mochte, und Katoen füllte einen zweiten Becher mit der dunklen Flüssigkeit. Der Seilermeister nahm einen großen Schluck und schloß wohlig die Augen, als der Schnaps seine Kehle hinunterrann.
    »Das tut gut«, seufzte er.
    »Ihr habt ja auch eine lange Sitzung hinter Euch«, sagte Katoen mitfühlend.
    »Es hat keine Sitzung gegeben«, erwiderte Schuiten zu Katoens Überraschung.
    »Was, wieso? Ihr kommt doch gerade von der Sitzung, und ich habe zweimal vor der Ratsversammlung ausgesagt!«
    »Eine Sitzung des Amsterdamer Magistrats endet stets mit einem Protokoll, in dem Verlauf und Ergebnis festgehalten werden. Gibt es ein solches Protokoll nicht, gibt es keinen Ratsbeschluß, und eine Sitzung hat niemals stattgefunden.«
    Jetzt begriff Katoen. »Ihr meint, von der Sitzung soll niemand erfahren.«
    Schuiten lächelte schwach. »Von was für einer Sitzung?« Er beugte sich vor und senkte die Stimme. »Hört mir gut zu, Katoen. Alles, was in der vergangenen Nacht und heute geschehen ist, müßt Ihr vergessen. Hört Ihr? Es hat sich niemals ereignet!«
    Katoen verstand, was er hörte, und wollte es doch nicht glauben.
    »Ich ahne, was in Euch vorgeht«, fuhr Schuiten fort. »Ihr denkt, der Rat habe diese Entscheidung getroffen, um hochrangige Bürger, die der Bruderschaft der Wohlmeinenden angehören, zu schützen.«
    »Auf diesen Gedanken könnte man kommen, in der Tat«, sagte Katoen frostig. »Zumal ich tatsächlich davon ausgehe, daß mehrere Ratsmitglieder zu den Verschwörern zählen.«
    »Das mag sein, aber jetzt haben andere Interessen Vorrang. Wir haben lange darüber debattiert und sind schließlich zu einer einstimmigen Entscheidung gelangt. Die Stabilität unserer Nation in dieser schwierigen Lage ist wichtiger als die restlose Vernichtung der Verschwörer. Nun, da wir ihren Plan kennen, wird die Führung unserer Armee die nötige Vorsicht walten lassen. Mit dem Tulpenextrakt können sie uns kaum noch gefährlich werden. Außerdem haben wir in van der Zyls Haus die entwendete Seekarte und das Manuskript des Kreuzfahrers gefunden. Die Wohlmeinenden besitzen also keine Kenntnis über den Seeweg zur Tulpenküste und sind nicht in der Lage, weitere dieser gefährlichen Zwiebeln in die Niederlande zu bringen.«
    »Was geschieht mit der Karte und dem Buch?«
    »Beides ist dem rechtmäßigen Besitzer ausgehändigt worden, Joan Blaeu.«
    »Warum ausgerechnet ihm?«
    »Erstens ist er, wie ich schon sagte, der rechtmäßige Besitzer. Zweitens können wir wohl davon ausgehen, daß er der Bruderschaft der Wohlmeinenden nicht angehört.«
    »Aber ihm sind die Unterlagen schon einmal gestohlen worden. Wenn Verschwörer im Magistrat sitzen, wissen sie nun, wo sie die Dokumente finden.«
    »Blaeu hat versprochen, daß er sie gut verstecken wird, sehr gut, und daß er das

Weitere Kostenlose Bücher