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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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schrilles Gebimmel sogleich erscholl.
    Sobald die Musketiere ihre Stützgabeln ins Erdreich gerammt und die schußbereiten Musketen aufgelegt hatten, rief Katoen zu Ebbo und seinem Begleiter hinüber: »Wenn Ihr Dummheiten macht, lasse ich Euch in Stücke schießen. Und jetzt gebt den Weg frei!«
    Bevor die beiden dem nachkommen konnten, traten zwei weitere Männer aus dem Haus und eilten herbei. Der eine war Willem van Dorp selbst, den anderen kannte Katoen nicht. Er war noch recht jung, von schlanker Gestalt und mit entschlossener Miene, bewaffnet mit einer doppelläufigen Pistole. Als er noch ungefähr zehn Fuß entfernt war, blieb er stehen und zielte auf Katoen und seine beiden Büttel, die sich an der Spitze der Kolonne befanden.
    Auch van Dorp blieb stehen und rief empört: »Sie schon wieder, Katoen! Was soll dieser Auftritt? Warum zertrampeln Ihre Männer meine Tulpen? Ich werde mich beim Amtsrichter über Euch beschweren!«
    »Da werdet Ihr nicht viel Glück haben, Mijnheer van Dorp«, erwiderte Katoen. »Nicolaas van der Zyl ist gestern im Damrak ertrunken.«
    Auf dem Gesicht des Tulpenzüchters zeichnete sich echte Überraschung ab. »Ertrunken, sagt Ihr? Im Damrak?«
    »Wie kommt es, daß Ihr noch nichts davon wißt?« fragte Katoen. »Steht es um die Nachrichtenübermittlung innerhalb Eurer Bruderschaft so schlecht? Oder haben Eure wohlmeinenden Mitverschwörer es unterlassen, mit Euch in Verbindung zu treten, um sich selbst nicht in Mißkredit zu bringen?«
    Selbstverständlich hatte Katoen das Anwesen des Tulpennarren beobachten lassen. Zum einen hatte er wissen wollen, ob jemand aus der Stadt mit van Dorp in Verbindung trat, zum anderen hatte er verhindern wollen, daß der Tulpenzüchter sich mit einigen Exemplaren der Bluttulpe absetzte. Aber seit er am Vorabend zwei zuverlässige Männer der Stadtwache ausgesandt hatte, war niemand zu van Dorps Anwesen gekommen, und niemand hatte es verlassen.
    Nach kurzem Zögern fragte van Dorp: »Was für eine Bruderschaft? Ich verstehe den Sinn Eurer Worte nicht, Katoen.«
    »Ihr versteht mich sehr gut, und Ihr begreift hoffentlich, daß Euer schäbiges Spiel aus ist. Ich kenne Euren Plan, und der wird sich nicht verwirklichen lassen. Zwar weiß ich nicht, aus welchem Grund Ihr Euch dieser Sache verschrieben habt, aber das ist auch nicht wichtig für mich. Sagt jetzt Euren Leuten, sie sollen ihre Waffen fallen lassen!«
    Mit einem Mal funkelte es gefährlich in van Dorps kleinen Augen, und er erwiderte: »Ihr erteilt mir keine Befehle, Katoen! Hier bin ich derjenige, der sagt, was zu geschehen hat. Und ich fordere Euch auf, augenblicklich mitsamt Euren Männern mein Grundstück zu verlassen!«
    Der junge Mann hob seine Pistole ein Stück an, wie um van Dorps Worten Nachdruck zu verleihen. Fünf oder sechs Musketiere nahmen das zum Anlaß, ihre schweren Waffen abzufeuern. Der Mann mit der Pistole wurde von mehreren Kugeln in die Brust getroffen, taumelte ein paar Schritte zurück und fiel rücklings in ein Beet mit roten Tulpen. Das Wams über seiner Brust war ebenso zerfetzt wie das Fleisch darunter. Beißende Pulverschwaden zogen durch die Luft, während die Musketiere auch schon ihre Waffen nachluden.
    Mit schreckgeweiteten Augen starrte van Dorp auf den Getroffenen, der reglos zwischen den Tulpen lag, und stammelte: »Das … ist mein Neffe Gysbert …«
    Auch Katoen betrachtete den Mann im Tulpenbeet und sah seine blicklosen Augen. »Ihr solltet besser sagen, das war Euer Neffe.«
    Kaum hatte Katoen ausgesprochen, da ließ der Mann mit der Forke sein Werkzeug fallen und trat ein paar Schritte zurück. Ebbo folgte ihm, den widerstrebenden Hund mit sich ziehend.
    Van Dorp hatte sich gefaßt. »Dafür werde ich Euch zur Rechenschaft ziehen, Katoen. Ihr haltet Euch ohne Erlaubnis auf meinem Grund und Boden auf, und ihr hattet kein Recht, auf meinen Neffen zu schießen.«
    »Irrtum, van Dorp. Ich darf auf jeden schießen lassen, der versucht, mich an der Ausübung meiner Pflicht zu hindern. Und das hat Euer Neffe getan. Meine Pflicht ist es nämlich, Euren Bestand an Bluttulpen zu vernichten.«
    »Ich weiß schon wieder nicht, wovon Ihr sprecht.«
    »Falsch, Ihr lügt mich schon wieder an. Ich spreche von der Tulpe, von der das Blütenblatt stammt, das ich Euch bei meinem ersten Besuch gezeigt habe und von der Ihr behauptet habt, Ihr würdet sie nicht kennen. Sie wird ›Bluttulpe‹ genannt oder auch ›Tulpe des Bösen‹, und das wißt Ihr nur zu gut, van

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