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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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zurückzukehren.«
    »Dazu hat er kein Recht, solange er mich nicht angeklagt und verurteilt hat!«
    »Möchtet Ihr denn vor Gericht gestellt werden?« Als van Dorp schwieg, fuhr Katoen fort: »Na bitte, also erspart es Euch und dem Magistrat, diese Geschichte öffentlich aufzurollen. Sonst könnte es leicht sein, daß Ihr nicht in der Verbannung endet, sondern auf Volewijk.«
    Van Dorp schluckte, sagte aber nichts mehr. Mit hängenden Schultern ging er zurück zu seinem Haus, ein gebrochener Mann, wie es aussah.
    Anna, die seltsam unruhig wirkte, ließ Katoens Arm los und sagte: »Ich habe genug gesehen.« Sie wandte sich ab und entfernte sich von dem Feuer.
    Katoen ging ihr nach. »Ihr scheint nicht so recht zufrieden, Anna. Verschafft es Euch keine Erleichterung, daß Julien de Montfors Mission erfüllt ist?«
    »Ein wenig schon, aber mir bleibt noch etwas zu tun.«
    »Was?«
    »Ich werde mit dem nächsten Schiff nach Konstantinopel fahren, um den dortigen Behörden zu berichten, daß die Gefahr, die vor vielen Jahren durch die gestohlenen Tulpenzwiebeln heraufbeschworen wurde, gebannt ist.«
    »Ihr allein?«
    Sie verstand den Grund seiner Frage und lächelte. »Vergeßt nicht, ich weiß mich zu wehren.«
    »Aber was wollt Ihr dadurch erreichen?«
    »Ich will den Namen meines Vaters reinwaschen.«
    Katoen begriff, und er wußte, daß er Anna von ihrem Plan nicht würde abbringen können. Deshalb fragte er nur: »Ich will nicht aufdringlich sein, Anna, aber könnt Ihr Euch eine solche Reise überhaupt leisten?«
    »Ich habe einen Notgroschen angespart, der sollte genügen. Sorgen bereitet mir etwas anderes.«
    »Euer Ziehvater, nehme ich an.«
    »Ja, wer kümmert sich während meiner Abwesenheit um ihn?«
    »Ich. Ich werde regelmäßig nach ihm sehen. Ich nehme an, sein Verlangen danach, Tulpen zu vernichten, dürfte einstweilen gestillt sein. Und was die Hausarbeit angeht, da wüßte ich auch jemanden.«
    »Wen?«
    »Die Witwe meines ermordeten Büttels, die es übrigens nicht sonderlich weit hat. Sie wohnt auch im Jordaan.«
    »Das ist lieb von Euch, Jeremias. Allerdings weiß ich nicht, ob mein Notgroschen ausreicht, um sie zu bezahlen.«
    »Keine Sorge, sie ist bereits bezahlt worden. Und sollte sie Auslagen haben, werde ich das regeln.«
    Anna sah ihn dankbar an. »Würdet Ihr das wirklich für mich tun?«
    »Ja, aber nur unter einer Bedingung.«
    »Und die lautet?«
    »Ganz einfach: Du kommst so schnell wie möglich nach Amsterdam zurück!«
    Als Katoen die Arme um Anna legte und sie an sich zog, leistete sie keinen Widerstand. Auch nicht, als seine Lippen die ihren berührten.

K APITEL 30
    Der letzte Akt
    S ONNABEND , 20. M AI 1671
    M it gemischten Gefühlen machte Jeremias Katoen sich am Abend des folgenden Tages auf den Weg von seiner Wohnung am Botermarkt zum gar nicht so weit entfernten Kloveniersburgwal. Sein Herz hätte leicht sein sollen, weil Anna und er zueinandergefunden hatten, aber bald schon würde sie Amsterdam auf unbestimmte Zeit verlassen. Am liebsten hätte er sie begleitet und vor allen Gefahren behütet, die solch eine Seereise mit sich brachte, doch er hatte in Amsterdam seine Pflichten zu erfüllen, in seinem Amt, gegenüber Felix und, wie er Anna versprochen hatte, gegenüber ihrem Ziehvater.
    Mitten auf der breiten Brücke, die über die Binnenamstel führte, blieb er stehen und sah eine ganze Weile den Schiffen und Booten zu, die im Sonnenschein des milden Maiabends fleißig die verschiedensten Frachten transportierten. Die Schiffer und Kaufleute nutzten auch noch die letzte Stunde Tageslicht, bevor sie ihre Geschäfte für den Sonntag einstellen mußten. Es war ein schönes, friedliches Bild, aber was jetzt vor ihm lag, versprach weder schön noch friedlich zu werden. Schließlich gab er sich einen Ruck und setzte seinen Weg fort, um die Dinge, die noch auf ihre Erledigung warteten, zu Ende zu bringen.
    Dabei hatte er anstelle von Beweisen nur Vermutungen. Und die beiden Briefe, die ihn zum Kloveniersburgwal führten. Dennoch mußte er das Versprechen, das er Joris Kampens Witwe, aber auch dem Toten und sich selbst gegeben hatte, erfüllen. Am Vormittag in der Noorderkerk, beim Trauergottesdienst für Kampen, hatte er das Versprechen im Angesicht des Sarges erneuert. Er würde den Mörder zur Strecke bringen!
    Aus dem Haus am Kloveniersburgwal, in das er wollte, kamen ihm zwei Frauen fortgeschrittenen Alters entgegen, die sich eifrig über allerlei Krankheiten unterhielten. Eine

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