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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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starben. Und sie hätte zugesehen, wie Katoen starb. Er konnte nur hoffen, daß sie das Geheimnis, wie der Extrakt aus der Bluttulpe gewonnen wurde, mit ins Jenseits genommen hatte.
    Schließlich wandte er sich ab und ging in die Küche. Dort sah er eine Glaskaraffe, in der eine bernsteinfarbene Flüssigkeit schimmerte, zweifellos der Honiglikör. Daneben stand ein fingerhohes Fläschchen, zu zwei Dritteln mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt. Das konnte nur der Tulpenextrakt sein. Er steckte das Behältnis ein in der Absicht, den Inhalt an einer unbedenklichen Stelle wegzuschütten, am besten ins IJ.
    Als er zurück auf den Gang trat, hörte er laute Schritte auf der Treppe. Die Wohnungstür wurde aufgestoßen, und Pieter Hartig, noch immer mit der Schürze vor dem Bauch, stürmte herein. Vermutlich hatte er Catrijns Schrei gehört.
    »Was ist passiert?«
    »Im Salon«, sagte Katoen nur.
    Der Apotheker lief an ihm vorbei in den Salon. Kaum dort angelangt, stieß er einen Schrei aus, der dem Catrijns an Lautstärke nicht nachstand.
    Katoen folgte ihm und sah Hartig neben der Toten knien. Tränen rannen ihm übers Gesicht.
    Nach einer Weile blickte er auf und fragte mit brüchiger Stimme: »Warum? Warum habt Ihr das getan?«
    »Ihr irrt. Catrijn ist von eigener Hand gestorben. Der Tulpenextrakt, wißt Ihr?«
    »Was soll ich wissen?«
    Katoen holte die hölzerne Schnupftabakdose aus einer Tasche seines Wamses und zeigte Hartig das vertrocknete Blütenblatt. »Jetzt tut nicht so scheinheilig, Mann! Ihr seid es doch, der diese Blätter bei seinen Opfern hinterlassen hat. Ihr wißt genau, wovon ich spreche.«
    »Ihr bezichtigt mich? Ich soll der Tulpenmörder sein? Aus welchem Grund sollte ich das getan haben?«
    »Das ist in der Tat die Frage, an der ich mir lange die Zähne ausgebissen habe. Zu den Verschwörern könnt Ihr schlecht gehören, sonst würdet Ihr deren Reihen nicht auf so blutige Weise lichten. Aber wenn Ihr von der Verschwörung wußtet, warum habt Ihr sie nicht bei den Behörden angezeigt?«
    Hartig sah ihn nur schweigend an.
    Katoen zeigte auf die Tote.
    »Wegen Catrijn. Sie ist der Schlüssel zu Eurem Verhalten. Eure unerwiderte, aber nichtsdestoweniger abgöttische Liebe hat Euch zu den Morden bewogen. Ihr habt mitbekommen, daß sie unten in der Apotheke den Tulpenextrakt herstellte. Ihr mögt ein verliebter Narr sein, aber Ihr seid nicht dumm; das zeigt Euer Vorgehen bei der Ausführung der Morde. Ihr habt Catrijn nachspioniert und herausgefunden, was sie mit ihrem Bruder ausheckte. Vielleicht habt Ihr die beiden sogar belauscht und auf diese Weise von den Ausmaßen der Verschwörung erfahren. Das konntet Ihr unmöglich den Behörden melden, denn dann hättet Ihr auch Catrijn ans Messer geliefert. Also seid Ihr auf die wahnsinnige Idee verfallen, jeden Montag einen der Verschwörer zu töten und solch ein Tulpenblatt bei dem Leichnam zu hinterlassen. Eure Hoffnung war, daß das dadurch entstehende Aufsehen die Verschwörer aufscheuchen und von ihrem Plan abbringen würde. So wolltet Ihr Eure Catrijn davor bewahren, etwas zu tun, das sie den Kopf kosten könnte. Daß Ihr selbst damit etwas tut, das Euch den Kopf kosten wird, war Euch offenbar gleichgültig. Liebe macht eben nicht nur blind, sondern raubt einem auch den Verstand.«
    »Ihr seid ein toller Märchenerzähler, Katoen.«
    »Das hat man mir schon einmal gesagt. Ich wünschte, es wäre so.«
    »Dann zeigt mir doch Beweise für Eure wüsten Behauptungen!«
    »Soll ich meine Büttel anweisen, Eure Apotheke und Eure Wohnung zu durchsuchen? Würden sie auf weitere Blütenblätter wie dieses stoßen? Vielleicht auch auf die Kleider, die Ihr tragt, wenn Ihr als Frau unterwegs seid? Ihr werdet plötzlich so blaß. Also habe ich recht. Nur eins ist mir noch nicht klar: Wie kommt Ihr an die Blütenblätter? Catrijn hat den Extrakt doch aus den Zwiebeln gewonnen und nicht aus der Pflanze.«
    Katoen konnte förmlich sehen, wie der Apotheker mit sich rang, ob er weiterhin leugnen sollte. Offenbar kam Hartig zu dem Schluß, daß Katoen zu viel wußte oder zumindest ahnte, denn er sagte: »Catrijn hat auch mit den Pflanzen experimentiert. Sie dachte, ich weiß nicht, wo sie Blumen und Zwiebeln versteckt. Aber natürlich wußte ich es.«
    »Natürlich, es war ja Euer Hauptvergnügen, ihr nachzuschleichen. Schlaft Ihr eigentlich auch manchmal, oder streift Ihr unaufhörlich herum? Ihr wart es doch wohl, der noch in der Nacht nach dem Mord an

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