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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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vor dem Rathaus zehn Hiebe mit der Peitsche erhält.«
    Zufrieden nahm Katoen die Worte des Amtsrichters zur Kenntnis, und zufrieden sah er kurz darauf zu, wie das Leder der Peitsche über den Rücken des Kupplers tanzte, blutige Striemen zog und die noch frischen Wunden der vergangenen Nacht wieder aufriß. Vor Katoen, der sich unter die Schaulustigen rund um den Richtplatz gemischt hatte, verschmolz der sich windende Körper des Delinquenten mit dem halbnackten Leib der Dicken Dela, und voller Abscheu erinnerte er sich daran, wie sie in der Nacht auf ihrem Freier geritten war. Jaepke Dircks hatte das alles eingefädelt und erhielt nur, was er verdiente. Mit jedem einzelnen Peitschenhieb. Dircks aber heftete seinen Blick auf Katoen, und in seinen Augen blitzte unverhohlener Haß.
    Mit gemischten Gefühlen betrat Katoen die Stube des Amtsrichters, der ihn im Anschluß an die Auspeitschung hatte rufen lassen. Wollte van der Zyl ihm den Kopf zurechtrücken, weil er sich in die Gerichtsverhandlung eingemischt hatte? Tatsächlich hatte der Amtsrichter, der an seinem Tisch saß und auf ein großes Papier starrte, eine äußerst verdrießliche Miene aufgesetzt.
    »Ah, da seid Ihr ja, Katoen. Hier, habt Ihr das schon gesehen?«
    Er nahm das Papier auf und hielt es Katoen hin. Es war die neueste Ausgabe des Amsterdamer Volksblattes, erschienen am selben Tag.
    »Ich hatte heute noch keine Gelegenheit zum Zeitunglesen.«
    »Dann schaut Euch den Artikel oben auf der Titelseite an«, sagte der Amtsrichter aufgeregt. »Nun lest schon!«
    Also nahm Katoen die Zeitung und las.
    Der Tulpenmörder
    Zwei unheimliche Morde haben sich in Amsterdam ereignet, Der erste in der vergangenen Nacht und der zweite sieben Nächte zuvor. Das erste Opfer ist der Werftbesitzer Jacob van Rosven, den man erstochen auf dem Gelände seiner eigenen Werft aufgefunden hat. Er kam an dem Abend von der wöchentlichen Versammlung der ›Verehrer der Tulpe‹, die sich jeden Montagabend im Wirtshaus ›Zu den drei Tulpen‹ in der Jodenbreestraat zusammenfinden. Das zweite Opfer, der Bankier Balthasar de Koning, wurde nahe der Zuiderkerk gefunden, ebenfalls erstochen. Auch er kam geradewegs von besagter Versammlung aus besagtem Wirtshaus. Diese Übereinstimmung allein ist schon verdächtig und läßt darauf schließen, daß es sich um ein und denselben Täter handelt. Seltsamerweise schweigen sich die Behörden darüber aus – wie auch über den Umstand, daß beide Mordopfer ein Blütenblatt einer seltenen Tulpenart umklammert hielten, schwarz mit roten Flecken, die wie Blut aussehen, hier scheint der Mörder einen geheimnisvollen Hinweis hinterlassen zu haben. Es stellt sich die Frage, wieso die Obrigkeit so verschwiegen tut. Will sie den ominösen Tulpenmörder vielleicht gar nicht fassen?
    Unwillig warf Katoen die Zeitung auf den Tisch. »Damit haben diese Schreiberlinge unsere Absicht, die Bevölkerung nicht zu beunruhigen, durchkreuzt! Aber woher kennen die all diese Einzelheiten? Wer hat ihnen von den Blütenblättern erzählt?«
    »Das eben sollt Ihr herausfinden! Der Herausgeber des Volksblattes, Antonius Swildens, hat seinen Sitz nicht weit von hier in der Kalverstraat.«
    »Ich werde ihn umgehend aufsuchen.«
    »Gut. Ach, Katoen, kommt doch heute abend in mein Haus. Ich gebe im Namen der ›Verehrer der Tulpe‹ eine kleine Wohltätigkeitsgesellschaft. Zunächst hatten wir erwogen, das Fest angesichts der schrecklichen Morde abzusagen, aber wir haben uns statt dessen entschlossen, es den beiden Toten zu widmen. Für Euch ist das eine gute Gelegenheit, sich mit unserer Tulpenvereinigung und ihren Mitgliedern vertraut zu machen.«
    Katoen nahm seine beiden Büttel mit und berichtete ihnen von dem Gespräch mit dem Amtsrichter.
    Als sie das Menschengewühl auf dem Dam hinter sich gelassen hatten und in die Kalverstraat mit ihren vielen Läden von Fleischern, Schustern und Korbflechtern einbogen, fragte Dekkert: »Warum hat Antonius Swildens diesen Artikel veröffentlicht, ohne vorher Rücksprache mit uns oder van der Zyl zu halten? Er kann sich doch denken, daß man im Rathaus darüber wenig erfreut sein wird.«
    »Ich nehme an, genau das hat er bezweckt«, antwortete Katoen. »Swildens hat in früheren Jahren mehrfach vergeblich versucht, einen hohen Posten im Magistrat zu ergattern. Am liebsten wäre er wohl Bürgermeister geworden. Aber er hat eine Art an sich, die ihn wenig Freunde finden läßt, und ohne Freunde gelangt man nicht in ein solches

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