Die Tulpe des Bösen
Zehnfache wartet auf jeden von Euch, wenn wir Blaeu die Karten zurückbringen. Aber zu niemandem ein Wort! Joan Blaeu ist ein mächtiger Mann, und falls er unschuldig ist, sollten wir ihn nicht grundlos verärgern. Also, wie steht es, seid Ihr dabei?«
»Ja«, sagte Dekkert nach kurzem Nachdenken, und auch Kampen willigte ein. Da war Dekkert aber schon einen Schritt weiter und sagte: »Ihr wollt über Dircks an die Kartenschnapper herankommen, nehme ich an.«
»So ist es. Letzte Nacht hat Dircks mir die Sache verdorben. Da ist es nur recht und billig, wenn er uns jetzt behilflich ist.«
»Freiwillig wird er das kaum sein.«
»Damit rechne ich auch nicht.«
Dekkert grinste breit. »Dann ist gewiß hilfreich, was wir über ihn in Erfahrung gebracht haben. Er kuppelt nämlich fröhlich weiter.«
»Erzählt mehr!« verlangte Katoen, während er drei kleine Zinnbecher mit dem Selbstgebrannten Heidelbeerschnaps seines Onkels füllte.
»Kennt Ihr den Sargmacher an der Prinsengracht, dicht bei der Westerkerk?« fragte Dekkert, während er seinen Becher zum Mund führte.
Katoen nickte. »Ein großes Geschäft mit angrenzender Werkstatt in einem umgebauten Lagerhaus, ungefähr da, wo die Rozengracht auf die Prinsengracht stößt, nicht wahr?«
»Genau. Der Inhaber heißt Maurits Hoven, und er ist verheiratet.«
»Das soll vorkommen.«
Dekkert sah Katoen frohlockend an. »Ratet, mit wem!«
»Ihr solltet Euer Geld als Geschichtenerzähler verdienen, Jan«, seufzte Katoen. »Ihr habt wirklich eine Begabung dafür, die einfachsten Dinge spannend darzustellen. Wenn wir alle, die sich unerlaubt in Amsterdam aufhalten, einbeziehen, kommen wir auf zweihunderttausend Einwohner. Wie soll ich da erraten, wer die Frau dieses Sargmachers ist?«
»Ihr Name ist Gefjon Dircks.«
Katoen wurde hellhörig. »Sagtet Ihr Dircks?«
»Ja, sie ist die Schwester unseres Kupplers.«
Katoen las in dem kaum verhohlenen Grinsen Dekkerts, daß dieser eine wichtige Tatsache zu berichten hatte, sich offenbar aber jedes Wort aus der Nase ziehen lassen wollte. Also sagte er: »Gut und schön, aber was hilft uns das weiter?«
Bevor Dekkert seine große Neuigkeit verkünden konnte, platzte es aus Kampen heraus: »Sie treiben es da, in der Sargmacherei!« Er strahlte bei dieser Eröffnung über das ganze Gesicht und merkte gar nicht, daß Dekkert ihm einen finsteren Blick zuwarf.
»Wer treibt dort was?« fragte Katoen, und sein Ton verriet, daß er allmählich die Geduld verlor.
»In dem Haus befinden sich keine Wohnungen«, beeilte sich Dekkert zu erklären, »nur die Sargmacherei und ein großes Holzlager. Maurits Hoven wohnt mit seiner Familie ein paar Häuser weiter.«
»Bald kenne ich die Familienverhältnisse des Sargmachers besser als er selbst«, knurrte Katoen. »Nur frage ich mich, wozu?«
Dekkert stellte seinen leeren Becher auf den Tisch und hob die rechte Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger. »Paßt auf, jetzt kommt es. Jaepke Dircks nutzt die Sargmacherei nachts für seine Kuppeleien. Er läßt Huren und Freier heranschaffen, die es dort treiben, und zwar ohne Wissen seines Schwagers. Es heißt, daß es heute wieder eine Sargnacht geben soll, wie er das nennt. Eine beschwipste Dirne hat es uns verraten, nachdem wir ihrem Schwips noch ein wenig nachgeholfen haben.«
»Könnte sie Dircks verraten, daß wir nach ihm suchen?«
»Keine Sorge.« Kampen strahlte noch immer – oder schon wieder. »Nachdem wir ihr reichlich Genever spendiert und dadurch ihre Zunge gelockert hatten, haben wir sie wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit eingesperrt.« Der Büttel kicherte wie ein kleines Kind über einen gelungenen Streich.
»Gut«, sagte Katoen und wandte sich an Dekkert. »Was heißt das, heute gibt es wieder eine Sargnacht?«
»Na ja, Betten gibt es in der Sargmacherei nicht, und irgendwo müssen die Huren ja liegen.«
Katoen starrte ihn ungläubig an. »Ihr meint, sie liegen in den Särgen?«
»So hat die betrunkene Dirne es uns erzählt. Sie sagt, daß viele Freier dafür sogar was extra springen lassen. Das scheint sie besonders anzufeuern.«
Katoen wischte die Vorstellung von dem, was sich nachts in der Sargmacherei abspielen mochte, beiseite. »Sei es, wie es will, für uns ist wichtig, daß wir Dircks dort antreffen.«
»Die Hure sagte, er würde da sein«, erklärte Dekkert. »Sie meinte, er hätte Angst, sonst um seinen Kuppellohn geprellt zu werden.«
Katoen schlug mit der rechten Faust so fest in die linke Hand,
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