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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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jedem der drei Särge lag eine entkleidete Nachtläuferin.
    Die erste, ein üppiges Ding mit langem Haar, noch röter als das von Stoffel, hielt eng einen Freier umschlungen, der keuchend sein nacktes weißes Hinterteil auf und ab bewegte. Er stieß abgehackte Laute aus und bearbeitete die Frau mit solcher Gewalt, als wollte er sie durchbohren. Bei jedem Rammstoß stöhnte die Hure laut auf, und es klang durchaus echt. Allerdings fragte Katoen sich, ob sie vor Lust stöhnte oder vor Schmerz.
    Die zweite Frau kniete im Sarg und hatte ihrem Freier den Rücken zugewendet, was angesichts der Tatsache, daß die besten Jahre schon weit hinter ihr lagen, durchaus angebracht schien. Während der hinter ihr kauernde Mann, auf jeden Fall jünger als sie, in sie eindrang, verzog sie ihr hageres, faltiges Gesicht, und es sah eher angestrengt aus als lustvoll. In ihrem geöffneten Mund saßen nur noch wenige, fast schwarze Zähne.
    Die dritte Nachtläuferin dagegen war noch recht jung, und keine einzige Falte durchzog ihr ausdrucksloses Pfannkuchengesicht. Sie beschäftigte sich gleich mit zwei Freiern. Einen hatte sie, wie ihre rothaarige Kollegin es tat, zwischen ihren prallen Schenkeln eingeklemmt, und ihre Linke lag auf seinem Gesäß, um ihn bei seinen Bemühungen zu unterstützen. Ihre andere Hand aber langte über den Sargrand hinaus und hielt das Geschlecht eines weiteren Mannes umklammert, der mit heruntergelassenen Hosen neben dem Sarg kniete und wohlig erschauerte, während die Hure sein anschwellendes Glied massierte.
    Der letzte Freier, der erst kurze Zeit vorher eingetreten war, ein feister Mann fortgeschrittenen Alters, saß auf einem der anderen Särge und beobachtete das Treiben mit glänzenden Augen. Er hatte seine Hose geöffnet und sein Glied hervorgeholt, das er mit einer Hand streichelte. In der anderen Hand hielt er einen Steingutbecher, aus dem er hin und wieder einen Schluck nahm. Als er die drei Bewaffneten eintreten sah, ließ er vor Schreck den Becher fallen. Der zersprang, sobald er auf dem Boden aufschlug, und eine dunkle Flüssigkeit breitete sich zwischen den Scherben aus.
    An einem Ende des Raums dienten drei übereinandergestapelte Särge als Schanktisch, auf dem mehrere Becher standen. Jaepke Dircks hielt einen bauchigen Krug in der Hand und war damit beschäftigt, die Becher zu füllen. Als sein Blick auf die Eindringlinge fiel, war er so überrascht, daß er die Hälfte verschüttete, bevor er den Krug auf den Sarg stellte.
    Mit raschen Schritten war Katoen bei ihm und richtete die Pistole auf seine Brust. »Ich wünsche Euch einen guten Abend, Mijnheer Dircks.«
    In dem derben Gesicht des Kupplers zuckte es, und es kostete ihn sichtlich Mühe, ruhig zu bleiben. »Was … wollt Ihr von mir, Katoen?«
    »Gestern nacht beim Grünen Papagei ging alles so schnell, da sind wir gar nicht zum Plaudern gekommen. Ich dachte, das holen wir jetzt nach. Oder störe ich?«
    Bevor Dircks etwas erwidern konnte, knurrte der Freier, der auf dem Sarg hockte und den anderen zusah: »Ihr stört uns alle. Wer seid Ihr? Was wollt Ihr hier?«
    »Ich bin Amtsinspektor der Stadt Amsterdam. Und was wir hier wollen, muß ich wohl kaum erklären. Diese widerliche Unzucht verstößt gegen das Gesetz, vom Anstand ganz zu schweigen.«
    »Ich habe großen Einfluß beim Magistrat. Ich kann dafür sorgen, daß Ihr die längste Zeit Amtsinspektor gewesen seid!«
    Katoen bedachte den Mann mit einem geringschätzigen Blick. »Wenn ich öffentlich berichte, was ich hier gesehen habe, lacht die ganze Stadt über Euch. Ich bezweifle, daß der Magistrat Euch dann überhaupt noch anhört. Ihr solltet froh sein, daß ich bis jetzt nicht nach Eurem Namen gefragt habe, und Ihr solltet schleunigst von hier verschwinden, bevor ich das nachhole! Dann nämlich habt Ihr mit größerem Ärger zu rechnen als mit einer feuchten Hose!«
    Der Freier, der hinter der alten Nachtläuferin kniete, rief: »Heißt das, Ihr laßt uns gehen?«
    Katoen nickte. »Verschwindet von hier, Ihr und das Weibsvolk! Macht schnell und vermeidet jedes Aufsehen, zu Eurem eigenen Nutzen!«
    Das ließen sich die Nachtläuferinnen wie die Freier nicht zweimal sagen. Eilig stiegen sie aus den Särgen, rafften ihre auf dem Boden verstreuten Kleider zusammen und zogen sich hastig an. Auch der Mann mit den angeblich guten Verbindungen zum Magistrat hatte erkannt, daß ein geordneter Rückzug für ihn besser war als eine Auseinandersetzung mit Katoen. Hastig zog er seine Hose

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