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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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scheint es kaum erwarten zu können, Eure Muskeln beim Holzzersägen im Rasphuis zu stählen!«
    Erneut rang Dircks sich ein Lächeln ab, aber hinter dieser Maske lauerte der alte Haß. »Das ist ein Mißverständnis. Ich wollte Euch aufsuchen, heute noch.«
    Katoen, der die ganze Zeit leise gesprochen hatte, senkte seine Stimme noch weiter. »Also habt Ihr mit den Kartenschnappern etwas ausgemacht?«
    »Ja«, antwortete der Kuppler ebenso leise. »Ich konnte sie dazu bewegen, sich auf ein zweites Treffen mit Euch einzulassen, aber es war nicht einfach.«
    Er sah Katoen in einer Weise an, als erwarte er eine Belohnung, aber Katoen fragte nur: »Wann?«
    »Montag, am späten Abend.«
    Katoen schüttelte den Kopf. »Das geht nicht, Ihr müßt das Treffen um einen Tag verschieben.«
    Dircks zog die dichten Brauen über seinen tiefliegenden Augen zusammen. »Unmöglich! Ihr könnt froh sein, daß die Kartenschnapper sich mit Euch überhaupt noch einmal treffen wollen. Wie stellt Ihr Euch das vor?«
    »Ganz einfach. Ihr geht hin und sagt ihnen, daß es mir am Montag nicht paßt. Ich habe an dem Abend schon etwas vor.«
    »Aber ich dachte, diese Begegnung sei Euch so wichtig!«
    »Nicht laut werden!« ermahnte Katoen sein Gegenüber. »Wir wollen doch, daß unsere kleine Unterredung unter uns bleibt. Was mir wichtig ist, habe ich zu entscheiden. Kümmert Ihr Euch lieber darum, daß das Treffen zustande kommt. Wird das nichts, ziehe ich Euch dafür zur Rechenschaft, Dircks!«
    Weitere Erklärungen hielt Katoen nicht für nötig. Schon gar nicht wollte er Dircks auf die Nase binden, daß er beabsichtigte, dem Tulpenmörder am Montag eine Falle zu stellen. Je weniger davon wußten, desto besser. Sonst bestand die Gefahr, daß der Mörder, wer immer er war, etwas davon mitbekam.
    Als Katoen die Schenke verließ, blickte Dircks ihm zornig nach, aber das kümmerte ihn nicht. Dircks hatte zu parieren, denn in diesem Spiel war Katoen der Kater, und der Kuppler war die Maus.

K APITEL 17
    Die Tulpenküste
    Z wei Stunden später klopfte Katoen an die Tür von Swalmius’ kleiner Wohnung im Jordaan. Als Anna öffnete, sah er wohl sehr erstaunt aus, denn sie sagte lächelnd: »Gebt es zu, mit mir habt Ihr nicht gerechnet!«
    Er erwiderte das Lächeln. »Sagen wir, ich hatte leichte Zweifel. Aber um so mehr freue ich mich, Euch zu sehen.«
    »Weil Eure Zweifel sich nicht bestätigt haben?«
    »Nicht nur deshalb. Ich freue mich auch auf einen Spaziergang mit Euch. Wie war Euer erster Tag in der neuen Anstellung?«
    »Anstrengend, aber das bin ich gewohnt. Tretet doch ein.«
    Als er in die armselige Wohnung kam, mußte er an seinen Besuch im Goldhäubchen und die Schwarze Sis denken. Sie und Anna hatten es gewiß beide nicht leicht, aber sie hatten sich unterschiedliche Wege aus der Misere gesucht. Während Sis ihren Körper feilbot, arbeitete Anna hart und kümmerte sich dabei noch selbstlos um den Mann, den sie Vater nannte. Auch wenn er sie noch immer nicht ganz durchschaute, hatte Katoen doch großen Respekt vor ihr.
    Sybrandt Swalmius saß unter dem kleinen Fenster, durch das spärliches Licht auf ein Buch fiel, eine zerlesene, stockfleckige Ausgabe von Willem Bontekoes berühmtem Bericht über seine Reise nach Ostindien. Der alte Mann hatte das Buch auf den Knien. Sein Kopf war nach hinten gesunken, die Augen waren geschlossen, und er schnarchte leise. Es war ein äußerst friedlicher Anblick. Hätte Katoen ihn nicht auch schon ganz anders erlebt, er hätte nicht für möglich gehalten, wozu der Tulpenhasser im Zustand der Erregung fähig war.
    Anna band ein helles Tuch um ihren Kopf. »Ich bin soweit.«
    »Und Euer Ziehvater?«
    »Den lassen wir schlafen.«
    »Wird er sich nicht wundern, wenn er aufwacht und Ihr seid nicht hier?«
    »Ich habe ihm gesagt, daß Ihr mich besuchen kommt. Er wird sich schon denken, daß wir ein wenig an der frischen Luft sind.«
    Zweifelnd blickte Katoen auf den Schlafenden. »Habt Ihr nicht Angst, daß er …« Mitten in der Frage brach er ab, weil er Annas Gefühle nicht unnötig verletzen wollte.
    Sie hatte ihn auch so verstanden und sagte: »Ich kann nicht ständig bei ihm sein. Seine Anfälle sind eher selten, und ich glaube nicht, daß heute etwas passiert. Er hat keine Zeitung hier, nur Bontekoes Reisebericht und ein paar andere alte Bücher. Nichts, das ihn aufregen könnte.«
    Sie verließen das Haus und traten hinaus in eine schmale Gasse, in der sich ein paar Kinder vergnügten, indem sie

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