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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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tatsächlich in Katoen, aber schnell verwandelte das Brennen sich in ein Gefühl wohliger Wärme, die auf seinen ganzen Körper ausstrahlte. Die eigentümliche Gewürzmischung hinterließ einen angenehmen Geschmack im Mund – und das Verlangen nach mehr. Er füllte die Becher erneut und nahm sich ein Schmalzbrot.
    »Was sind unsere nächsten Schritte, Baas?« fragte Deckert.
    »Ihr könnt doch recht gut mit den Nachtwächtern, stimmt’s?«
    »Ja, schließlich war ich auch mal einer.«
    »Dann hört Euch bei ihnen um«, sagte Katoen und erzählte von seinem Verdacht.
    Dekkert zog ein mißmutiges Gesicht. »Ich bin nicht gerade erpicht darauf, bei meinen alten Kameraden herumzuschnüffeln.«
    »Das verstehe ich, und trotzdem müßt Ihr es tun. Wir dürfen nichts außer acht lassen. Stellt Euch vor, Joris’ Mörder ist tatsächlich unter den Nachtwächtern zu finden. Soll er dann ungestraft davonkommen?«
    »Nein«, sagte Dekkert leise. »Natürlich nicht. Was können wir noch tun?«
    »Ich will hoffen, daß ich endlich in der Sache mit Joan Blaeu weiterkomme. Eigentlich hatte ich gestern schon erwartet, etwas von Dircks zu hören. Der Kuppler hegt offenbar kein großes Verlangen danach, mich zu treffen.«
    »Was ich ihm nicht einmal verdenken kann«, erwiderte Dekkert und grinste. »Es dürfte ihn immer noch ziemlich hart ankommen, auf dem Rücken zu schlafen. Aber wie hängt das eigentlich alles zusammen, Baas? Was hat der Kuppler Dircks mit dem Kartenmacher Blaeu zu tun?«
    »Die Geschichte ist verzwickt, und bevor ich sie Euch erzähle, Jan, müßt Ihr mir unbedingtes Stillschweigen zusichern, ganz gleich, was Ihr später denken mögt.«
    »Ich vertraue Euch, Baas, und genauso könnte Ihr mir vertrauen. Ich werde schweigen, wie Ihr es verlangt.«
    Katoen las im Gesicht seines Büttels, daß dieser meinte, was er sagte. Er kannte Dekkert lange genug, um ihn richtig einschätzen zu können. Also erzählte er ihm von der Tulpenküste und dem Manuskript des Kreuzfahrers, von dem Söldner Julien de Montfor und der geheimen Fahrt des Ostindienseglers Admiraal van der Haghen, von dem Einbruch in Blaeus Werkstatt und den Kartenschnappern. Dekkert hörte mit wachsendem Staunen zu und unterbrach ihn nur hin und wieder, um eine Zwischenfrage zu stellen.
    Als Katoen schließlich geendet hatte, fragte Dekkert: »Was läßt Euch vermuten, daß die Sache mit den Kartenschnappern etwas mit den Tulpenmorden zu tun hat?«
    »Blaeu hat rundweg abgestritten, etwas von dem Manuskript des Kreuzfahrers zu wissen. Das allein macht ihn in gewisser Weise verdächtig. Blaeus Vater starb im Oktober 1638, eineinhalb Jahre nach dem Zusammenbruch des Tulpenhandels. Die Admiraal van der Haghen ist im November 1638 heimgekehrt, nach zweieinhalbjähriger Fahrt, das habe ich gestern in den Hafenunterlagen überprüft. Natürlich wird die geheimnisvolle Tulpenküste in den Papieren nicht erwähnt; offizielles Ziel der Fahrt war Batavia. Da hätte die Reise aber nur ein Jahr oder meinethalben eineinhalb Jahre dauern dürfen. Das Schiff hat also mit Sicherheit noch ein weiteres Ziel angesteuert, das in den Unterlagen nicht vermerkt ist. Willem Blaeus Söhne Joan und Cornelis, der vier Jahre später starb, hatten die Nachfolge ihres Vaters angetreten. Es ist daher anzunehmen, daß die Ostindische Kompanie sie beauftragt hat, die bei der Expedition der Admiraal van der Haghen gewonnenen Erkenntnisse kartographisch festzuhalten. Immerhin ist Joan Blaeu auch heute noch Kartograph der Kompanie. Er muß etwas von der Sache wissen, und sein Leugnen kann nur bedeuten, daß er etwas zu verbergen hat. Ich habe schon gedacht …«
    »Was?« fragte Dekkert, als Katoen stockte.
    »Ob die Kartenschnapper vielleicht etwas gestohlen haben, das mit der Sache im Zusammenhang steht? Vielleicht die Karte von der Tulpenküste oder das Manuskript des Kreuzfahrers? Oder beides? Gut möglich, daß Blaeu beides am selben Ort verwahrt hat.«
    »Möglich, ja, aber möglich ist auch vieles andere.« Deckert stützte die Stirn in beide Hände. »Mir brummt der Schädel nach Eurer wilden Geschichte, Baas. Wärt Ihr ein anderer, würde ich Euch einen Märchenonkel nennen.«
    Katoen nahm noch einen Schluck von dem wunderbaren Branntwein und seufzte: »Ich würde wer weiß was drum geben, wenn das alles nur Märchen wären. Es ist nicht angenehm, einen hohen Herrn wie Joan Blaeu zu verdächtigen, ein Mitglied des Amsterdamer Magistrats.«
    Er sah kurz über die Schulter seines

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