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Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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zurück in den Wänden, wo das Feuer seine Seele wärmen konnte.

27. KAPITEL
    M ason wachte pünktlich nach dem Mittagessen auf. Sein Mund fühlte sich an, als würde eine schmutzige Socke darin stecken. Irgendjemand hatte das Feuer geschürt, während er geschlafen hatte. Er zog sein anderes Paar Jeans und ein schlichtes, rotes Flanellhemd an. Er putzte sich die Zähne, dachte an die Büste und fragte sich, ob er sie wirklich in nur einer einzigen Nacht vollendet hatte.
    Er betrachtete sein Spiegelbild. Unter seinen Augen zeichneten sich dunkle, keilförmige Schatten ab. Er war es nicht gewöhnt, zu untypischen Zeiten ins Bett zu gehen. Für gewöhnlich hielt er sich was seine Arbeit anging an die Theorie von »Ruhe und Gemach«, doch er war ja auch noch nie von einem solch kreativen Sturm erfasst worden wie bei der Schaffung dieser Büste. Kein Wunder, dass so viele der sogenannten »echten Visionäre« schon in jungen Jahren abstürzten und vor die Hunde gingen.
    »Oh yeah, ich bin ein echter Visionär, ganz recht«, sagte er zu seinem verschlafenen Spiegelbild. »Ein Doppelvisionär.«
    Sein Spiegelbild flimmerte ein bisschen und er rieb sich die Augen. Eine Welle der Benommenheit erfasste ihn und er streckte die Hände aus, um sein Gleichgewicht wieder zu finden. Mit einer Hand hielt er sich am Waschbecken fest, die andere presste er gegen den Spiegel. Das Glas unter seiner Handfläche fühlte sich warm an. Für einen kurzen Augenblick sah Mason die von ihm geschaffene Büste anstelle seines Spiegelbildes. Dann war die Halluzination vorbei. Mason runzelte die Stirn und spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht. Es war schlimm genug, dass er Korban überall auf Leinwand begegnete, aber wenn sich der Kerl jetzt nonstop vor seine Augen schob, war es vielleicht an der Zeit, ein bisschen Abstand zu gewinnen. Oder einen Psychiater aufzusuchen.
    In den oberen Stockwerken war alles ruhig. Während er die Treppe hinunterging, hörte er klirrende Geräusche, die seiner Schlussfolgerung nach aus der Küche kamen. Einige Dienstmädchen hatten Lebensmittel durch die Tür links neben der Treppe gebracht. Er fragte sich, ob wohl jemand etwas dagegen hätte, wenn er sich dort heimlich einen kleinen Snack holte.
    Mason steckte den Kopf durch die Schwingtür. Am Spülbecken kämpfte eine füllige Frau mit mürrischem Blick mit einer gusseisernen Bratpfanne. An einer ihrer Wangen klebte ein kleiner Schaumbatzen.
    »Hallo, gnädige Frau«, sagte Mason. »Ist es in Ordnung, wenn ich mir schnell ein Sandwich nehme?«
    Sie starrte ihn an, durch ihn hindurch. Er schaute zurück über seine Schulter. Als er sich wieder umdrehte, nickte sie kurz hinüber zu einem Tresen neben dem Herd. Auf einem Schneidbrett lag ein selbst gebackenes Weißbrot, drei oder vier Scheiben waren schon abgeschnitten.
    Der Großteil des Mittagessens war bereits abgeräumt worden, doch der verführerische Duft gebratener Forelle hing noch in der Luft. Mason ging einen langen Küchenherd mit dickem Metallrost entlang. An jeder Seite befand sich eine Tür, durch die das Feuer geschürt werden konnte, und in der Mitte eine große breite Luke, hinter der sich ein Backofen verbarg. In der Nähe der Ecke stand ein kleinerer Ofen, dessen Rohr nach oben verlief, einen Knick machte und in der Wand verschwand. Mason staunte, dass überhaupt jemand in der Lage war, mit diesen primitiven Gerätschaften zu kochen. Und wenn er erst an die aufwendigen Festmahle dachte, die für die verwöhnten Gäste des Hauses zubereitet werden mussten …
    Mason nahm sich zwei Scheiben Brot. »Haben Sie etwas, mit dem ich die hier belegen kann?«
    Die Köchin sah ihn finster an und wischte ihr Fleischermesser mit einem Handtuch ab. »Dort drüben, im Kühlschrank«, antwortete sie mit schwerem bayerischen Dialekt und zeigte mit dem Messer auf etwas, das aussah wie eine gedrungene Kommode mit Türen anstelle von Schubladen.
    Mason öffnete eine der Türen, woraufhin sich ein Nebel kühler Luft über sein Gesicht legte. In den Metallregalen sah er einige Eier, die in einem Korb aufbewahrt wurden, einen dicken Laib Käse, einen Krug mit Sahne, ein Stück gekochten Schinken mit Knochen und verschiedene Früchte und Gemüsesorten. Im obersten Fach lag ein Eisblock, dessen Ecken durch das Schmelzen bereits abgerundet waren. Wasser tropfte in einen Auffangbehälter am Boden des Kühlschranks.
    Mason nahm Käse und Schinken heraus und legte sie auf den Tresen, dann zog er ein kleines Messer aus einem

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