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Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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»Bedienen Sie sich!«
    Anna folgte Mason in die Ecke der Scheune, wo zwischen zwei Stapeln Heuballen die Falltür in den Fußboden eingelassen war.
    »Dort, wo die Scheune an den Hügel grenzt, haben wir Türen«, erklärte Ransom. »Dadurch können wir die Ernte von den Obsthainen und Gärten direkt hierher bringen. Das spart eine Menge Arbeit. Und von hier aus führt ein Tunnel ins Hauptgebäude. Ephram Korban hatte ihn graben lassen, falls wir einmal von einem Schneesturm eingeschneit werden sollten oder so etwas in der Art. Aus irgendeinem Grund sprach er immer von den ›Tunneln der Seele‹. Ich schätze, er war etwa zur Hälfte verrückt. Zumindest war er das, wenn man einigen der Legenden über ihn Glauben schenkt.«
    »Vielleicht sind ja auch alle der Legenden wahr und er war komplett verrückt«, gab Anna zu bedenken.
    Mason kniete sich hin und hob die schwere Holztür nach oben. Der süßliche Geruch nach Moder und Erde vermischt mit einem Hauch von verdorbenen Früchten schlug ihnen entgegen. Die Dunkelheit unter ihnen war schwer wie schwarzes Öl. Eine notdürftige Leiter führte hinunter in die scheinbar bodenlose Tiefe.
    »Dort unten gibt es nicht viel Interessantes zu sehen«, erklärte Ransom. »Es sei denn, Sie haben Lust, sich ein bisschen mit den Ratten zu unterhalten.«
    »Ratten?« Mit einem Krachen, das den Staub von den Dachsparren rieseln ließ, fiel die Tür wieder zu. Mason blickte erschrocken drein, während Anna ein Niesen unterdrückte.
    Ransoms Grinsen entblößte seine wenigen Zähne, die im schwachen Schein der Laterne gelblich glänzten. »Ratten so dick wie Ihr Oberschenkel.«
    »Ich hasse Ratten«, meinte Mason. »Ich bin mit ihnen aufgewachsen. Hinter den Wänden meines Schlafzimmers klang es, als würde eine Kavallerie einreiten. Am meisten hasse ich ihre wachsamen Augen. Es sieht immer so aus, als würden sie einen taxieren.«
    »Keine Sorge«, beruhigte ihn Ransom. »Die Ratten bekommen hier genug zu fressen. Sie müssen nicht an den Gästen herumnagen.«
    »Miss Mamie würde sie wahrscheinlich wegen ihres schlechten Benehmens schelten.«
    Anna lachte. Vielleicht war Mason gar nicht so übel. Zumindest hatte er keine Probleme damit, Schwäche zu zeigen. Im Gegensatz zu ihr.
    Mason erhob sich und wischte sich die Hände an der Jeans ab. Irgendetwas flatterte von den Dachsparren herunter und streifte Annas Gesicht. Sie wischte sich über die Wangen, als wären es Spinnweben gewesen.
    »Gütiger Gott, erzählen Sie mir bitte nicht, dass das eine Fledermaus war«, bat Mason erschrocken und duckte sich. »Fledermäuse sind nichts anderes als Ratten mit Flügeln.«
    »Das war ein Vogel, ein Hüttenfänger«, erwiderte Ransom. »Da haben Sie Glück gehabt, junge Dame. Wenn ein Hüttenfänger Ihren Weg kreuzt, bedeutet das, dass Sie bald geküsst werden.«
    »Großartig«, meinte Anna. »Und ich dachte, ich verdiene mir meine Küsse, indem ich ahnungslose Männer verhexe.«
    »Glauben Sie, was Sie wollen«, sagte Ransom. »Ich schätze, Sie erkennen die Zeichen besser als jeder andere. Ich gehe jetzt besser weiter meinen Pflichten nach.«
    Mason wischte seine Hände an einer alten Pferdedecke ab, die von den Dachsparren herunterhing. »Ach so, Ransom, haben Sie Zeit, mir bei der Suche nach einem übergroßen Baumstamm zu helfen, aus dem ich eine Statue zaubern kann?«
    »Was glauben Sie, warum wir die Pferde vor den Wagen gespannt haben? Miss Mamie bekommt immer, was sie will.«
    »Das habe ich auch schon festgestellt.«
    »Lassen Sie uns aufbrechen, bevor es dunkel wird. Möglicherweise müssen wir bis hinter Beechy Gap, wo es vor ein paar Jahren im Winter einen großen Windwurf gab. Möchten Sie mitkommen, junge Dame?«
    »Nein, danke. Ich habe auch ein paar Pflichten, denen ich nachkommen muss.«
    »Und ich nehme an, einige Dinge muss man allein erledigen«, antwortete er.
    Anna war sich nicht sicher, was sie von Ransom halten sollte. Er machte immer wieder Anspielungen, doch in seinen Augen lag eine tiefe Angst verborgen. Vielleicht hatte ja auch er ein paar Geheimnisse. Sie wartete, bis Mason und Ransom auf den Sitz der offenen Kutsche geklettert waren, und reichte Ransom dann die Fahrleine.
    »Wir sehen uns später?«, fragte Mason.
    Anna fühlte, wie ihre Mundwinkel zuckten, und war sich nicht sicher, in welche Richtung sie zeigen sollten. »Wir werden sehen.«
    Ransom ließ die Leinen schnallen und das Gespann fuhr die Straße hinauf, wo sich die breite, sandige

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