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Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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klatschenden Klang des Papiers auf ihrer Haut. Begleitet von ihrem Stöhnen und Knurren segelten die Seiten zu Boden.
    »Heb sie auf«, verlangte er und verdrehte ihr Haar in seiner Hand, um sie auf die Knie zu zwingen. Im Vergleich zu seiner kräftigen Statur wirkte sie winzig und zerbrechlich. Schluchzend fummelte sie in den durcheinander gewirbelten Seiten herum. Mit einem Ruck zog er sie hoch, obwohl sie erst wenige Blätter aufgelesen hatte.
    »Lies«, befahl er mit kalter, bedrohlicher Stimme.
    Ihre Augen waren weit aufgerissen, die Wangen von Tränen benetzt, ihre Unterlippe bebte.
    »Lies«, sagte er erneut, diesmal aber ganz ruhig.
    Ihre Augen flogen über das Papier, ihre Schultern wurden von tiefen Schluchzern geschüttelt, ihre Brüste schwangen jämmerlich unter ihrem Satinnachthemd hin und her.
    »Laut.« Da war er wieder: Jefferson Davis Spence. Die Legende. Die einzig wahre Bestimmung. Keine Illusionen mehr über Musen und literarische Götter aus einer anderen Welt. Keine weiteren überdrehten Erwartungen. Keine Symbiose mit den Tasten. Jetzt konnte er sich auf die Kunst der Grausamkeit konzentrieren.
    »Die Nacht verbreitet ihre A-Abscheulichkeit wie ein L-Lauffeuer«, las sie mit zittriger, stotternder Stimme vor. »Die N-Nacht spukte durch die Nacht, kletterte ihr eigenes Rückgrat wie eine Leiter hinauf, rüttelte an den Stäben ihres eigenen Käfigs …«
    Spence löste seinen festen Griff, streichelte ihr über das Haar. Er schloss die Augen, versunken im wohlwollenden Rhythmus seiner eigenen Prosa.
    »… die Nacht knurrte, zischte wie eine Schlange, knallte wie ein Feuerwerk, die Nacht fraß sich selbst, leckte mit ihrer eigenen Zunge über sich, verschlang ihren eigenen Schwanz …«
    Oh ja, die Muse sang wieder. Sie brauchte nur die richtige Melodie.
    »… die Nacht schmeckt nach Kohle und Asche, die Nacht schmeckt nach Süßholz, die Nacht schmeckt nach Zähnen——ja, nach kalten Zähnen … Weiche Frost …«
    Sie verstummte, aber Spence wiegte sich in seinem Stuhl vor und zurück wie ein Baby, das sich von seinem eigenen Singsang einlullen lässt.
    »Jeff?« Vorsichtig trat sie einen Schritt zurück.
    »Du hast aufgehört zu lesen. Ich habe dir nicht gesagt, dass du aufhören sollst.«
    »Dieses Zeug ist … dieses Zeug ist …«
    Spence lächelte, sein Gesicht glühte vor Erregung angesichts dieser kleinen, aber zärtlichen Hommage an den Höhepunkt der Selbstliebe. Gleich würde sie einen Lobgesang anstimmen und er würde von vollkommener Glückseligkeit erfasst.
    »Es ist einfach so schrecklich.« Sie ließ die Seiten des Manuskripts fallen. »
Dafür
hast du dein Talent verschwendet? Für diesen …
ekelhaften Mist

    Spence, der mit ihrer überschwänglichen Anerkennung gerechnet hatte, vernahm den Inhalt ihrer Worte zunächst gar nicht. Aber der Tonfall war eindeutig und unmissverständlich. Selbst ihr unverwechselbarer Akzent konnte nicht darüber hinwegtäuschen, was sie wirklich meinte, und plötzlich sah und hörte er wieder Mrs. Eileen Foxx, seine Lehrerin aus der fünften Klasse. Föxxchen in Söckchen hatten die Kinder damals über sie gespottet, weil ihnen nichts Intelligenteres eingefallen war.
    Mrs. Foxx hatte ihn vor der versammelten Klasse zur Schnecke gemacht, weil er die Unverschämtheit besessen hatte, ein Wort falsch zu buchstabieren. Er stand an der Tafel, die den Staub Tausender mit Kreide dahingekritzelter Fehler ausatmete, während sich die anderen Kinder vor Lachen bogen, erleichtert, dass es
sie
diesmal nicht erwischt hatte. Als sich seine kleine Blase direkt vor der Klasse entleerte, die warme Feuchtigkeit seine Hose durchdrang, wurde das Gelächter nur noch lauter und schriller.
    An diesem sonnigen Frühlingsnachmittag an der Grundschule von Fairfield wurde er nicht nur zum Gespött der ganzen Schule.
    An diesem Tag wurde auch Jefferson Spence, der Schriftsteller, geboren. Derjenige,
    der Faulkner, Hemingway und wie sie alle hießen in den Schatten stellen würde. Und auch wenn er nicht in die Vergangenheit reisen, Mrs. Foxx am ausgefransten Saum ihrer Strickjacke packen und diese widerwärtig geschürzten Lippen blutig schlagen konnte, so hatte er doch jetzt die Gelegenheit zu handeln. Er konnte bei all den Kritikern, all den Spöttern und all den eitlen Fatzken Dampf ablassen, konnte all den Eileen Foxxes dieser Welt den Kampf ansagen und sich für das rächen, was sie ihm angetan hatten.
    So hart er konnte schlug er gegen die Wange der trügerischen

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