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Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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habe?« Annas Gedanken wurden etwas klarer. »Und das kleine Mädchen in der Hütte?«
    Die alte Frau lachte, aber es klang eher wie ein zynisches Schnaufen. »Sie haben die Gabe, das ist klar. Ich wusste es, als ich Sie das erste Mal gesehen habe. Und nun keine weiteren Fragen, bis wir von hier verschwunden sind. Denn hier hat
Korban
das Sagen.«
    Anna folgte der Frau vom Felsen zu dem engen Pfad, beeindruckt davon, wie sich die Alte in ihren festen Lederschuhen vorwärts kämpfte und geschmeidig den Wurzeln und Steinen auswich, die ihr den Weg versperrten, mit dem Stock behände nach Halt im klitschigen Schmutz suchend. Sie stapften den Hang hinunter und durchquerten die Schlucht, um zur anderen Seite von Beechy Gap zu gelangen.
    Anna gönnte sich eine kurze Verschnaufpause und rieb sich ihren schmerzenden Bauch. »Nur noch eine einzige Frage: Was bedeutet ›Weiche Frost‹?«
    »Alter Zauberspruch aus den Bergen. Heißt so viel wie ›tot bleibt tot‹.«
    Das würde sich Anna merken. Sie hoffte, dass sich dieses kleine Stück Magie ungeachtet dessen, was Ransom über Hufeisen und vierblättrige Kleeblätter sagte, im Laufe der Zeit nicht abgenutzt hatte.

34. KAPITEL
    A dam hatte die langen Stunden der Schlaflosigkeit damit verbracht, etwas Ordnung in das Chaos in seinem Kopf zu bringen. Alles lief darauf hinaus, dass er Miss Mamie fragen wollte, ob es irgendeine Möglichkeit gab, seinen Aufenthalt auf Korban Manor abzubrechen. Er scherte sich einen Dreck darum, ob man ihm das Geld zurückerstattete. Wenn es nach ihm ging, konnte Paul die verbleibenden sechs Wochen mit seiner blöden Kamera, seinen Schmolllippen und seiner arroganten Art allein hier oben bleiben. Adam wollte einfach nur weg von diesem Ort.
    Sie hatten sich mal wieder gestritten, dieses Mal im Studierzimmer, nachdem sie den Baumstamm in den Keller getragen hatten. Paul hatte eine Show vor William Roth abgezogen, der sich gerade an mehrere Frauen gleichzeitig heranmachte. Adam wollte Paul zur Seite ziehen, um mit ihm zu reden. Paul aber hatte nur spöttisch gegrinst und gemeint: »Warum gehst du nicht ins Bett, Prinzessin? Ich weiß doch, wie gelangweilt du von Gesprächen bist, die sich um etwas anderes als dich selbst drehen.«
    Um Mitternacht herum schlief Adam dann endlich ein, obgleich der Mond so hell schien, dass man das Gefühl hatte, die Zeit bliebe stehen. Und wieder einmal hatte er diesen Traum, in dem er vom Witwensteg in die Tiefe stürzte. Aber dieses Mal erkannte er den Mann, der versuchte, ihn vom Dach des Hauses zu stoßen. Es war der Mann, den er glaubte im Wandschrank gesehen zu haben, als Paul seine Kamera verstaut hatte. Der Mann von dem Porträt. Ephram Korban.
    Auch dieses Mal hing Adam rücklings über der Brüstung, bedrängt von Korban. Das harte Holz drückte sich in seinen schmächtigen Rücken. Und trotz dem, dass er träumte, spürte er die Schmerzen mit jeder Faser seines Körpers.
    Obwohl er schlief, waren alle seine Sinne hellwach. Er roch den süßlichen Duft des Buchenholzes, hörte das Plätschern des Baches, schmeckte den ranzigen, nach Friedhof stinkenden Atem von Korban und sah das Funkeln der Sterne über ihm.
    »In dir steckt nicht ein Fünkchen Eitelkeit« sagte Korban. »Ich kann deine Träume nicht essen. Sie sind aus Luft.«
    Verzweifelt nach Halt suchend packte Adam den Bart des Mannes, verkrallte sich in dem dichten Wirrwarr krauser Haare, klammerte sich in Todesangst an Korbans Wollweste. Doch Korban schüttelte ihn ab, packte ihn mit kalten, eisernen Händen an den Oberarmen und stieß ihn mit aller Wucht in die Tiefe. Adam stürzte ins Bodenlose, zwischen seinen Fingern noch immer die Barthaare, die er seinem Peiniger mitsamt der Wurzel herausgerissen hatte.
    Als Adam auf den harten Untergrund fast zwanzig Meter unter ihm zusauste, sah er durch die kohlenschwarzen Augen des Mannes hindurch in sein tiefstes Innerstes. Bernsteinfarbene Flammen züngelten am Rande seiner Pupillen und ließen seinen Blick bedrohlich flackern.
    Adam brauste auf den Abgrund zu, in seinen Ohren heulte die Luft wie ein von Schmerzen gepeinigter Teekessel, der pfeifend und fiepend darum bettelt, endlich von den Qualen der sengenden Hitze erlöst zu werden.
    Über ihm klaffte das Universum immer weiter auseinander, die Sterne, an denen er sich panisch festzukrallen versuchte, leuchteten immer schwächer. Die im Mondlicht schimmernden Fenster des Hauses rauschten an ihm vorbei, die Fensterläden verschwommen vor seinen Augen.

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