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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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ausschließlich um allgemeine, nichtssagende Dinge des gewöhnlichen Alltags. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn er es sich recht überlegte, so beschränkte sich die Konversation mit Ernst, seinem Schwager, nur auf die üblichen höflichen Floskeln. Selbst als er einmal einen ganzen Tag lang, weil Dagmar mit Fieber im Bett liegen musste, allein mit ihm zusammen die Mahlzeiten einnehmen musste, war kaum ein Gespräch zustande gekommen. Denn die wenigen Worte die sie wechselten, lohnten sich schon wegen ihrer Belanglosigkeit nicht gemerkt zu werden. Außerdem stand für ihn damals fest, dass die beiden, zu keiner Zeit, seiner Vorstellung vom heutigen Leben entsprachen. Auch wenn Dagmar, mit viel Mut und persönlichen Engagement einen gewissen Status zu gründen versuchte, blieb sie in seinen Augen ein eher bedauernswertes Geschöpf, welches sich in naiver Verbohrtheit an diesen ältlichen Außenseiter kettete. Das in deren Leben etwa, ein zutiefst geistiges, menschlicheres Miteinander und Füreinander eine wesentliche Rolle spielen könnte, darauf wäre er wohl am aller wenigsten gekommen. Vielleicht auch deshalb nicht, weil er es selbst nicht gekannt oder gesucht hatte.
    Jedenfalls gab es nichts zu beschönigen oder gar hinwegzuleugnen, dass er erst jetzt, während des kurzen Besuches, einen wesentlich anderen Einblick in das gemeinsame Leben dieser beiden, angeblich so verschiedenen Menschen bekommen hatte. Und er wusste auch sehr genau, dass sich die Veränderung nicht bei Dagmar und Ernst, sondern vielmehr bei ihm selbst vollzogen hatte. Wie weit jedoch dieser Einfluss in seinem weiteren Leben zum Tragen kommen würde, blieb völlig ungewiss. Zumindest wollte er nichts überstürzen, sondern sich voll und ganz auf den Besuch seines ältesten Bruder, Max, nebst Familie und im Besonderen seiner Mutter konzentrieren. Denn gerade sie hatte er in all den Jahren am meisten vernachlässigt, was ihm erst jetzt voll bewusst wurde.
    Als er sich der kleinen Ortschaft, seinem Geburtsort näherte, fuhr er unwillkürlich langsamer. Es schien sich nicht viel verändert zu haben, zumindest nichts Gravierendes. Gleich nach der letzten scharfen Biegung musste das Gehöft auftauchen. Und da sah er es auch schon, das langgestreckte Fachwerkhaus mit seinem hohen, spitzzulaufenden Dach, und dem großen Rundbogen vom Wohnhaus zur Scheune, nebst Stallungen. Sehr sauber, sehr ordentlich das Ganze.
    Er fuhr nun den breiten Weg zum Haus entlang, doch niemand war zu sehen, nicht einmal der Hund, der alte Benjamin fing an zu kläffen. Aber vielleicht lebte er auch nicht mehr, so alt wie der schon sein musste.
    Doch kaum hatte er angehalten, erschien auch schon seine Mutter an der Tür. »Knut, mein Jung, herzlich willkommen Zuhause!«, rief sie mit zittriger, belegter Stimme.
    Rasch lief er auf sie zu, umarmte und herzte sie nach alter Sitte, dabei bemerkte er erschrocken, wie zusammengeschrumpft, ja gebrechlich ihr Körper geworden war. »Mutter, du wirst immer kleiner«, sagte er in gerührter Herzlichkeit.
    Ihre dunklen Augen, Dagmars Augen, sahen ihn unverwandt strahlend an. Behutsam strich sie mit ihrer vertrockneten welken Hand über seine Wange, seinen Arm, bis hin zur Hand. Ihre schmalen Lippen zuckten verräterisch und die Augen begannen sich mit Wasser zu füllen. »Du siehst gut aus, mein Jung – gar nicht krank, wie ich befürchtet habe«, stammelte sie zwischen Tränen und Lachen.
    Ihr verhärmter, durch und durch vertrockneter Anblick, tat ihm weh, sehr weh; ja er schämte sich seiner allzu großen Nachlässigkeit, sie nicht öfters besucht zu haben. Da half ihm auch nicht, die fehlende Zeit verantwortlich zu machen – wie armselig, denn es blieb was es war, eine beschämende, unwürdige Ausrede. Nicht, dass er an seiner Mutter besonders gehangen hätte, zumindest konnte er sich nicht daran erinnern; jetzt aber, selbst schon die Mitte des Lebens leidlich überschritten, machte ihn das Alter seiner Mutter betroffen.
    »Komm schon herein, Max und Edda sind noch unterwegs. Sie werden aber auch bald zurück sein«, sagte seine Mutter.
    Der plötzliche Übergang vom Hellen ins Dunkel, ließ ihn stocken. »War es hier schon immer so dunkel?«
    »Natürlich.« Seine Mutter lachte. »Deshalb hat zu unserer Zeit auch immer die kleine Lampe über der Tür gebrannt. Ganz früher, aber daran wirst du dich wohl kaum noch erinnern können, war es die goldfarbene Petroleumlampe, die jede Woche gründlich geputzt werden musste.«
    »Ach ja,

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