Die Ueberbuchte
»lässt er mich doch einfach mit samt dem Gepäck stehen!«
»Wer sagte dir denn, dass du das schleppen sollst«, entgegnete Max mit ungerührter Miene.
Nachdem die allgemeine Begrüßung überstanden war, gingen sie gemeinsam ins Haus zurück, und während Edda ihm die teilweise neu eingerichtete Wohnung zeigte, hatte sich Max klammheimlich umgezogen.
»Hast du nicht schon wieder die alten ausgebeulten Klamotten an«, schimpfte Edda auch prompt.
Max schnäuzte sich lautstark, lachte breit und genüsslich und meinte dann mit scheelen Seitenblick zu Knut hin: »Was du nur hast, das ist doch nur mein Bruder. Etwas anderes wäre es, wenn er endlich mal ein flottes Weib präsentieren würde, aber nicht mal dazu scheint er fähig zu sein.«
»Und wenn, würde ich sie dir garantiert nicht präsentieren!«
Ein derbes Lachen folgte. »Ach was, gib doch zu, dass so einen wie dich, keine Frau haben möchte – nicht mal geschenkt.«
»Nun ist es aber gut«, warf Edda begütigend ein, »du warst ja auch heilfroh, dass du mich bekommen hast, sonst gehörtest du doch heute auch dem sogenannten Singleclan an.« Doch nun wechselte sie das Thema, indem sie sich interessiert an Knut wandte: »Weißt du, Knut, dein mehrtägiger Besuch auf Sylt, hat mich ehrlich gesagt schon einigermaßen irritiert, da du es bisher bei uns nie länger als zwei Stunden ausgehalten hast.«
»Wie du weißt, liebe Edda, geschieht alles irgendwann zum ersten Mal, so auch die Dauer meines Besuches.«
»Soll das etwa heißen, dass du für uns auch mehr als die üblichen zwei Stunden eingeplant hast?«, fragte sie verwundert.
Knut hob drohend den Finger. »Du, deine Sprachlosigkeit kannst du getrost stecken lassen, da ich sehr genau weiß, dass Dagmar bereits angerufen hat.«
»Uns …? Wieso denn uns?«, tat sie brüskiert.
»Spielt das denn eine Rolle?«, fragte die Mutter scharf.
Den leisen Misston rechtzeitig zu unterbinden, schlug Max vor, erst einmal seine neueste Errungenschaft, die wunderschöne, braun glänzende Stute zu begutachten.
Mit größter Aufmerksamkeit folgte Knut seinem Bruder den Weg an den abgesteckten Weiden entlang. Dass das Gehöft gut in Schuss war, war ohne viel Mühe zu erkennen – auch ohne den nötigen Sachverstand.
»Komisch, wenn ich mich recht erinnere«, sagte Knut, »so hast du eigentlich nie etwas von Reitpferden hören wollen?«
Max räusperte sich etwas verlegen und gestand widerstrebend: »Ganz so war es nicht; ich habe es mir nur nicht leisten können. Außerdem wollte ich nicht – ach du weißt schon – die Jungs – ich wollte nicht, dass sie zu früh auf dumme Gedanken kommen. Besonders Uwe, als Ältester, er soll mich ja zur gegebenen Zeit vertreten können. Oder wer sonst sollte dafür in Frage kommen?«
»Und Lars, der Jüngste, könnte er denn nicht auch den Hof übernehmen? Die entsprechende Rangfolge spielt doch heutzutage sowieso keine allzu große Rolle mehr.«
»Gott, Lars …«, das feiste Gesicht seines Bruders verdüsterte sich. Er sah krampfhaft zur Seite, um seinen aufsteigenden Zorn nicht merken zu lassen. Doch die aufs äußerste angespannten Backenknochen, verrieten seinen inneren Kampf. Schließlich holte er tief Luft, warf den Kopf seitlich in den Nacken und sagte zwischen den Zähnen hindurch: »Dem ist nicht zu helfen. Das Wort Arbeit existiert für ihn nicht. Nur das Geldausgeben, das hat er sehr früh gelernt, darin ist er ein Meister.«
Knut erinnerte sich, dass Dagmar ähnliches erwähnt hatte. Aber da er den Starrsinn seines Bruders von früher her genau kannte, war Vorsicht geboten. Er hatte schließlich oft genug unter der Unbeugsamkeit seines ältesten Bruders leiden müssen, als dass er sich nicht vorstellen könnte, wie ungerecht er mitunter sein konnte. »Lars ist schließlich noch zu jung, um sich bereits die nötige Festigkeit, so wie du sie dir vorstellen magst, anzueignen. Bedenk doch mal, das Leben hat sich total verändert, was zu unserer Zeit noch galt, sozusagen das Gebot der Stunde darstellte, nach dem wir uns uneingeschränkt zu richten hatten, das gibt es doch heute längst nicht mehr. Allein die schnelllebige Zeit, der dauernd sich verändernde Lebensrhythmus, macht nicht nur uns zu schaffen, vielmehr noch der heranwachsenden Jugend, die sich immer schwerer in dem Chaos der Perspektivlosigkeit zurechtfindet.«
»Du meine Güte, Knut, was weißt denn du schon von Kindern, noch dazu von halbfertigen Erwachsenen?!«
»Gewiss, nicht allzu viel«, räumte
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