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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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beginne!«
    »Na eben.« Sie tippte ihn neckisch mit dem Finger auf die Brust. »Du scheinst dich ja auch ganz schön rausgehalten zu haben?«
    »Es fragt sich nur aus was«, mimte er Unwissenheit.
    »Nun, aus der Liebe – der Ehe zum Beispiel?«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht – oder vielleicht deshalb, weil ich mich, ähnlich wie du jetzt, lieber mit lauter fadenscheinigen Ausreden einer eventuellen Enttäuschung zu entziehen versuchte.«
    Sie machte eine unkontrollierte Handbewegung durch die Luft, drehte sich ihm plötzlich wieder voll zu und indem sie fragte: »Wie spät ist es eigentlich?«, strich sie mit beiden Händen das vom Wind zerzauste Haar zurück.
    Ein kurzer Blick zur Uhr hin, ließ Knut erschrocken ausrufen: »Oh, wir müssen uns beeilen! Wir sind spät dran! Denn Edda ist gnadenlos was die Tischsitten berührt.«
    »Ist das wirklich so, oder verkohlst du mich nur?«
    »Gottbewahre, wie käme ich dazu!«, sagte er mit zweideutigem Lächeln.
    »Ist das schon immer so?«
    »Was …?
    »Na die Strenge, Uwes Mutter?«
    »Ach so …«, tat er gleichgültig. Und während er sich ihren schnellen Schritt anzupassen bemühte, versuchte er zu erklären: »Nun ja, an ihre gewissen Eigenheiten hat man sich relativ schnell gewöhnt, doch zur Entlastung ihrer strengen Tischsitten sei gesagt, dass für einen so großen Haushalt, wie der ihre nun des öfteren ist, mit Sicherheit einer gewissen Disziplin bedarf, schon um unnötigen Ärger vorzubeugen.«
    »Bei uns, das heißt, wenn ich mich bei meiner Mutter aufhalte, dann geht es ganz zwanglos zu. Sie wartet nicht auf mich und ich nicht auf sie. Vorausgesetzt, wir haben uns nicht ausdrücklich verabredet.« Sie lachte plötzlich belustigt auf. »Stell dir vor, ich müsste aus purer Gewohnheit seitens meiner Mutter, frühmorgens zum Frühstück erscheinen? Das wäre ja entsetzlich!«
    Ihre Heiterkeit zu teilen, wollte Knut nicht so recht gelingen. So fragte er nur etwas irritiert: »Und deine Tochter? So viel mir bekannt ist, halten sich kleine Kinder gewöhnlich nicht an sogenannte wünschenswerte Zeiten?«
    Sie lachte übertrieben laut. »Gewusst wie, mein Lieber! Außerdem, wozu habe ich denn eine Mutter, die noch dazu ganz verrückt nach ihrer Enkelin ist?!«
    Knut, den die reichlich sonderbare Lebensphilosophie dieser jungen Dame, sowie die ungewohnten körperlichen Aktivitäten, sprich weiten Spaziergänge, ziemlich ermüdet hatten, war heilfroh als er Uwe kommen sah.
    »Wo bleibt ihr nur so lang!«, hörten sie auch schon Uwe ärgerlich rufen. Und als sie ihn schließlich erreicht hatten, sah er vorwurfsvoll von einem zum anderen. »Mutter wartet bereits über eine halbe Stunde mit dem Tee auf euch!«
    »Mein Gott, Uwe, wir haben halt vergessen rechtzeitig auf die Uhr zu sehen«, erwiderte Jane kopfschüttelnd. »Außerdem hättest du ja mitkommen können; wenn auch nur, um über die vorgeschriebene Zeit zu wachen«, fügte sie in boshafter Gereiztheit hinzu.
    Wohl mehr um die aufflammende Röte seines Gesichtes zu verbergen, wandte Uwe brüsk den Kopf zur Seite. Es dauerte daher eine Weile, bis er sich so weit gefasst hatte, um einigermaßen friedfertig zu antworten: »Es tut mir leid, Jane, doch Pflichten bleiben nun einmal Pflichten – selbst bei noch so großer …«, er unterbrach sich plötzlich, legte impulsiv den Arm um ihre Schulter und drückte sie in zärtlicher Aufwallung fest an sich.
    Was sich nun die beiden in ihrer ausgesöhnten Verliebtheit leise zuflüsterten, konnte Knut nicht verstehen, und wollte es wohl auch nicht verstehen. Und ohne weder rechts noch links zu sehen, eilte er mit langen Schritten auf das von mächtigen Buchen halb verdeckte Gehöft zu. Nur einmal, kurz bevor er die Eiche mit der selbst gezimmerten Rundbank, den Lieblingsplatz seiner Mutter erreicht hatte, verhielt er einen Moment lang den Schritt. Er lauschte. Und mit einem sonderbaren Hauch von Wehmut dachte er; was für eine wohltuende Stille! Komisch, erinnerte er sich weiter; früher, als er langsam erwachsen wurde, da hatte er diese Ruhe, dieses absolute Fernsein vom wirklichen Trubel dieser Welt, eher störend, ja im höchsten Grade belastend gefunden. Aber wenn er es jetzt, nach Jahrzehnten recht bedachte, geschah dies mehr aus einem von außen suggerierten Gefühl heraus und nicht wirklich aus sich selbst kommend, da er ja im Grunde das Leben auf dem Lande über alles liebte. Denn wie oft hatte er es erlebt, dass ein Ausflug nach Kopenhagen, Hamburg oder

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