Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
Vom Netzwerk:
Bus war gut, wurde immer besser, je weiter man sich vom gewohnten Alltag entfernte. Die Gesichter entspannten sich und nahmen dankbar in sich auf, was an Schönheit sich ihnen darbot. Frohe Heiterkeit wohin man auch schaute.
    Allzu gern hätte Knut gewusst, was die verträumt dreinblickende Frau neben ihn dachte. Aber er wagte es noch immer nicht, ihr andächtiges Schauen zu unterbrechen. Zu intensiv, zu verloren war ihr Blick, um durch seine profanen Nichtigkeiten gestört zu werden.
    Erst als sie sich dem Gardasee näherten, wandte sich Lena ihn fragend zu: »Wo werden wir übernachten?«
    »In Malcesine, einem kleinen Hotel direkt am See.«
    »Wie schön«, nickte Lena. Sie sah auf die Uhr. »Sie hatten recht, es geht auf achtzehn Uhr zu.«
    Nun zog ein erstauntes Raunen durch die Reihen, als die enge Nordspitze des Sees sichtbar wurde. Eingegraben zwischen kahlen blass grauen Felswänden, einem skandinavischen Fjord gleich, präsentierte sich der See, so urplötzlich, wie eben erst entstanden. Wie bunte, fliehende Farbtupfer, hoben sich die aufgeblähten Segel der Surfer vom blaugrauen Wasserspiegel ab. Die zahlreichen, von der Abendsonne angestrahlten Olivenbäume, schimmerten in metallicfarbenen Graugrün.
    Da auf der schmalen Uferstraße reger Verkehr herrschte, wollte sie Knut nicht mit ihren neugierigen Fragen belästigen, so sehr es sie auch danach drängte.
    Der Abend war mild und das vielstimmige Vogelgezwitscher ringsumher hatte etwas ungemein Einschmeichelndes an sich.
    Auch Knut, der nach den üblichen Formalitäten im Hotel, sein kleines aber dafür besonders ruhiges Zimmer zum Garten hin, aufgesucht hatte, streckte sich behaglich auf dem Bett aus. Er war ziemlich müde. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen und bis zum Morgen durchgeschlafen. – Eine Tatsache, die ihn irgendwie beunruhigte, ihn nachdenklich stimmte. Aber wahrscheinlich musste er sich erst langsam wieder an das übliche Tagespensum gewöhnen – sozusagen ganz allmählich, die träge Ruhe der letzten Wochen aus seinem Körper verbannen.
    Als er viel später dann aus tiefem Schlaf erwachte, fand er sich nicht sofort zurecht. Er sah sich befremdend um; ach ja, er befand sich wieder einmal auf großer Fahrt. Ein Blick zur Uhr bestätigte ihm, dass er fast zwei Stunden fest geschlafen hatte.
    Noch während er sich etwas frisch machte, begann sich der Hunger zu regen und er dachte, jetzt eine gut zubereitete Forelle, mit viel frischen Salat und einem italienischen Wein, das wäre genau nach seinem Geschmack, was auch sein Tun ungemein beschleunigte.
    Als Knut wenig später die breite Hotelterrasse betrat, bot sich ihm ein bekanntes, immer wieder gern gesehenes Bild; nämlich die strahlende Heiterkeit in sämtlichen Gesichtern. Etwas, das ihn immer wieder erneut in Staunen versetzte. Selbst die griesgrämigsten, verhärmtesten Gesichter, begannen sich zu entspannen, so dass sie oft kaum wiederzuerkennen waren.
    Doch ein einziger Blick über die heitere Runde genügte ihm, um sofort zu erkennen, dass ein Gast fehlte – Lena, die Überbuchte, wie er sie heimlich nannte. Nun, sie wird sich wahrscheinlich etwas hingelegt haben, dachte er und ging auf den einzigen Tisch zu, wo noch zwei Plätze frei waren. »Darf ich?«, zeigte er auf den freien Stuhl nahe der mit knallroten, violetten und gelben Blumenranken verzierten Balustrade.
    »Natürlich, bitte!«, antwortete die angesprochene Frau mit dem freundlichen runden Gesicht.
    Nachdem Knut seine Forelle, übrigens, ein Meisterwerk dieses Hauses, bestellt hatte, fragte die korpulente Frau ihm gegenüber: »Sie sind wohl schon öfters hier gewesen?«
    »O ja, schon ziemlich oft.« Er zeigte auf den in der Abendsonne silbrig glänzenden See. »Es ist immer wieder eine Freude, hier sitzen zu dürfen. Ich liebe diese Gegend wahrscheinlich auch deshalb so sehr, weil sie sich sozusagen, als Tor zum warmen Süden präsentiert.«
    »Wir sind das erste Mal hier«, sagte die Frau, und streichelte liebevoll die auf dem Tisch ruhende Hand ihres Mannes. »Er hat partout nicht mitfahren wollen.« Und ihren Mann siegessicher ansehend, fügte sie erklärend hinzu: »Es ist halt auch ziemlich weit.«
    Ein schneller Blick auf den Gehstock neben dem Stuhl des besagten Mannes, erklärte ihm alles. »Ach was«, sagte Knut, »wir hatten schon Fahrgäste mit Krückstöcken die wunderbar zurechtgekommen sind.«
    »Siehst du, du wolltest es mir ja nicht glauben!«, sagte die Frau triumphierend zu ihren Mann

Weitere Kostenlose Bücher