Die Ueberbuchte
auch eine schöne Einrichtung, oder etwa nicht?«
Die Frau überlegte, sah dann fragend ihren Mann an. »Was meinst du, Walter, ob es bei uns auch eine Wiederholung geben wird?«
»Darüber jetzt schon zu spekulieren, wäre zu verfrüht – wir werden ja sehen«, antwortete dieser ausweichend.
Die Frau sah Lena mit ihren hellen kleinen Augen unverhohlen neugierig an. »So ganz alleine zu reisen, das könnte ich nicht – das muss ja schrecklich langweilig, möglicherweise sogar recht beschwerlich sein. Nein, ich könnte das nicht!«
Lena nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Glas, tupfte mit der Serviette über die Lippen und sagte zu Knut gewandt: »Der ist wirklich gut!« Erst dann wandte sie sich der Frau wieder zu. »Alleine reisen, ist in meinen Augen nichts anderes, als alleine zu leben; beides muss notgedrungen gelernt werden. Gut, manche mögen es ja auch nie lernen – aber dann wollen sie es zumeist auch nicht. Und was die Langeweile und Ängstlichkeit betrifft, da kann ich Sie beruhigen, die ist kaum größer als in der Gemeinschaft, oder wie zuweilen in der Ehe.«
»Na, ich weiß ja nicht«, rümpfte die Frau verächtlich die Nase. »Für Sie mag das vielleicht zutreffend sein, aber daraus gleich auf die Allgemeinheit zu schließen, finde ich ziemlich vermessen; oder was meinen Sie dazu?«, wandte sie sich hoffnungsvoll an Knut.
»Ich …?« Er lachte leise in sich hinein und räusperte sich halb verlegen und halb amüsiert. »Tja, meine Dame, ich wäre mit Sicherheit der Letzte, der Ihnen darüber Auskunft erteilen könnte – ich bin Junggeselle.«
Diese unerwartete Antwort ließ Lena herzlich auflachen, und erst als sie den Unmut oder auch Verlegenheit in Knuts Gesicht bemerkte, sagte sie, wenn auch noch immer mit unterdrückten Lachen: »Pardon, die Heiterkeit gilt natürlich nicht Ihnen; lediglich der unvermuteten Komik.«
Die rundliche Frau, bemerkte nun mit süßsauren Lächeln: »Sie müssen schon entschuldigen, aber ich konnte ja nicht wissen … Nein, daran hätte ich nie im Traum gedacht.« Sie musterte ihn verstohlen von der Seite. »Eigentlich völlig unverständlich, so wie Sie aussehen!« Und direkt mitleidsvoll fuhr sie fort: »Das tut mir wirklich leid; aber das mag sicherlich an Ihren Beruf liegen – ewig auf Achse zu sein, das dürfte einer Ehe auch schwerlich bekommen, nicht wahr?«
»Vielleicht.« Knut zuckte nachlässig die Schultern und lächelte vergnügt. »Aber um ehrlich zu sein, liebe Frau, ich habe mich auch nie darum bemüht. Möglicherweise aus dem gleichen Grund den Sie nannten – oder auch nicht – so genau lässt sich das jetzt kaum noch nachvollziehen.«
»Ich bin ziemlich müde«, warf da Lena mit unterdrücktem Gähnen ein, denn sie verspürte absolut keine Lust noch länger über dieses Thema zu diskutieren – dem sie sich oft genug selbst nicht gewachsen fühlte.
Nach anfänglichem Zögern, drängten sich so nach und nach die Mitreisenden von den Nebentischen um Knut herum. Er versuchte zwar bereitwillig Auskunft zu geben, aber dennoch irgendwie lustlos – er war müde, nichts als müde …
»Schrecklich, wie wenig die Menschen zuzuhören verstehen«, sagte er noch auf der Treppe verdrossen zu Lena.
»Ja, ein großer Mangel. Ebenso beim Verstehen.« Sie blieb plötzlich stehen und sah auf den Schlüssel in ihrer Hand. »Mein Zimmer«, wies sie mit dem Kopf auf die Tür. Einen kurzen Augenblick noch blieb sie verweilend stehen, so als wollte sie noch etwas sagen, dann aber sagte sie nur mit flüchtigen Lächeln: »Angenehme Nachtruhe!«
»Ebenfalls!«, hörte sie ihn leise sagen.
Raschen Schrittes betrat Lena das schmale, langgestreckte Zimmer, das schrecklich nach Desinfektionsmittel roch. Sie ging zum Fenster und öffnete die angelehnten Fensterläden weit. Die nun ungehindert hereinströmende Nachtluft, war angenehm erfrischend. Der See, von dem sie nur ein kleines Stück um die Hausecke herum erspähen konnte, leuchtete in dunkler, schläfriger Trägheit. Nur die einzelnen Lichter am Ufer entlang, spiegelten sich in hellen Streifen im dunkeln Wasser wider. Es war ruhig, sehr ruhig, denn außer einigen schnell vorbeihuschenden Autos, war weit und breit nichts zu hören. Nur wenn sie sich etwas weiter aus dem Fenster lehnte und besonders aufmerksam lauschte, dann konnte sie das zwischen die Felsensteine gedrückte Wassers, leise plätschern hören. Und sie konnte sich ohne viel Mühe vorstellen, wie bei einem aufkommenden Sturm, der Gischt der
Weitere Kostenlose Bücher