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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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geneigt. Und gleich wieder sich Knut zuwendend, fügte sie hinzu: »Sie müssen wissen, das ist nach der Wende unsere erste größere Reise, ansonsten haben wir nur an Tagesfahrten teilgenommen. Unsere Kinder aber meinten, wir sollten es ruhig probieren. Schließlich sind wir nicht mehr die Jüngsten, da bleibt nicht mehr allzu viel Zeit übrig.«
    »Dem kann ich nur beipflichten, zumal es Ihnen vorher ja auch nicht vergönnt war«, erwiderte Knut.
    »Na ja, das war nicht weiter schlimm für uns, da die östlichen Länder auch sehr schön sind. Außerdem konnten wir als Rentner ungehindert in den Westen fahren. Eigentlich hatte es uns an nichts gefehlt. Nur die hier«, legte der Mann demonstrativ die Hand auf seine Hüfte, »die will nicht mehr so recht, die ist kaputt.«
    In diesem Augenblick tauchte im Schatten der Abenddämmerung eine einsame schlanke Gestalt unten am schmalen Uferweg auf. Das war doch …
    »Die Frau getraut sich vielleicht was«, bemerkte da auch schon die Frau neben Knut.
    »Wieso?«, fragte er, ohne den Blick vom Ufer zu wenden.
    »Nun, wir befinden uns schließlich in Italien«, erwiderte die Frau brüsk.
    Knut wandte sich nun doch zu der Frau um, die tatsächlich mit einer tiefen Sorgenfalte auf der Stirn die Frau am Strand beobachtete. So überrascht er auch war, sagte er nichts darauf.
    »Alleine würde ich hier keinen Schritt gehen – was da alles passieren kann – man hört es ja allenthalben«, fuhr die Frau unbekümmert fort.
    »Ach so, das meinen Sie«, sagte Knut, und sein Lächeln vertiefte sich. »Gauner, Diebe und Verbrecher, die gibt es leider überall; auch in Deutschland.«
    »Nee, nee, bei uns hat es so etwas nicht gegeben«, protestierte die Frau impulsiv. »Da konnte man überall alleine hingehen, sogar in der Nacht, ohne dass man Angst haben musste. Jetzt aber, was glauben Sie was bei uns in Leipzig alles passiert! Schrecklich, einfach schrecklich! Gott sei Dank wohnen wir etwas außerhalb, aber auch da würde ich mich nachts nicht mehr alleine auf die Straße trauen.«
    »Ja, das stimmt«, bemerkte erstmals der Mann der Frau. Er sah Knut mit ernster Miene an. »Ob Sie es glauben oder nicht, es ist überhaupt nicht mehr schön bei uns, selbst die Leute, die man von jeher kennt, scheinen einen nicht mehr zu kennen – alles ist anders – einfach nicht mehr schön«, lamentierte der Mann.
    Da Knut nicht so recht wusste was er darauf antworten sollte, war daher heilfroh, als er Lena mit freudig strahlendem Gesicht auf ihn zukommen sah. Sie trat an den Tisch heran und sagte begeistert: »Es war herrlich dieser Spaziergang am See entlang!«
    Die rundliche Frau hob tadelnd den Finger. »Ich habe eben gesagt, wie gefährlich das von Ihnen ist, sich einer solchen Gefahr auszusetzen.«
    Lena lachte. »Bei mir gibt es nichts zu holen, also wovor sollte ich mich fürchten?«
    Der Frau am Tisch aber war anzusehen, dass ihr diese Erklärung keineswegs genügte, und so sagte sie mit warnend erhobener Stimme: »Mut kann mitunter auch Dummheit bedeuten. Außerdem hat man uns vor Antritt dieser Reise ausdrücklich gewarnt, gerade in diesem Land besonderes vorsichtig zu sein.«
    »Wenn Sie meinen, bitte, das ist Ihr gutes Recht.« Und kopfschüttelnd fügte Lena hinzu: »Nur eines müssen Sie mir zur allgemeinen Rechtfertigung gestatten; denn meine persönlichen Erfahrungen auf diesem Gebiet, haben mir zur keiner Zeit und in keinem Land das Fürchten gelehrt, egal wessen Gastfreundschaft ich genießen durfte. Im Gegenteil, liebe Frau, es gibt da ein treffliches Sprichwort: So wie ich in den Wald hineinrufe, so schallt es daraus zurück.«
    »Entschuldigen Sie bitte, Lena, wenn ich Sie unterbreche, aber der Wein hier, den müssen Sie unbedingt noch probieren«, zeigte Knut auf sein halbvolles Weinglas, aber in Wirklichkeit wollte er nur das Gespräch in eine andere Richtung lenken.
    »Gern«, nickte sie und nahm auf dem freien Stuhl neben ihm Platz.
    Verschiedentlich wandten sich nun neugierige Augenpaare von den Nachbartischen ihnen zu. Und Lena konnte sich nicht klar darüber werden, was genau, das eben erfolgte Gespräch, oder Knuts Einladung, dieses plötzliche Interesse gelten mochte. Doch der Abend war viel zu schön, als dass sie sich mit irgendwelchen Anstandsfragen auseinanderzusetzen gedachte.
    »Wenn ich Sie also recht verstanden habe, dann haben Sie bereits des öfteren an solchen Fahrten teilgenommen?«, erkundigte sich die rundliche Frau.
    »Ja, schon einige Male. Es ist ja

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