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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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vergangenen Abend vor ihr und sagte mit scheinheiligen Lächeln: »Wie schön, dass Sie den Fahrer beim Saubermachen geholfen haben.«
    »Ich …? Beim Saubermachen …?«, fragte Lena verdutzt zurück. Sie schüttelte verständnislos den Kopf und strebte an der fülligen Frau vorüber. »Bitte entschuldigen Sie, aber ich habe es eilig!«
    »Natürlich, natürlich«, flötete die Frau, und ließ Lena schließlich vorbei. Sie hörte aber noch, wie die Frau ihren Mann ärgerlich zuraunte: »Eine unmögliche Frau, einfach unmöglich! Nicht wahr?«
    Jedoch die Antwort des Mannes, konnte Lena nicht mehr hören – woran ihr auch nicht im Mindesten gelegen war. Es war schließlich nichts Ungewöhnliches, dass sich Menschen auf Anhieb unsympathisch fanden, und diese beiden, das wusste sie genau, waren ihr im höchsten Maße unsympathisch – was sicherlich auf Gegenseitigkeit beruhte.
    Als Lena jedoch wenig später den Speisesaal betrat, waren, wie gestern auch schon, nur noch an dem Tisch dieser beiden unsympathische Leute zwei Plätze frei. So ausgiebig sie ihren Blick auch in die Runde schweifen ließ, doch ohne Erfolg, es waren alle Tische besetzt. Und sie bemerkte, wie bereits verschiedentlich getuschelt wurde. Über was aber, das konnte sie nur erahnen, da ihr nicht entgangen war, dass dieses bewusste Ehepaar, ganz offensichtlich auch von anderen Mitreisenden gemieden wurde.
    »Was ist, Lena, was stehen Sie noch so verloren herum?«, fragte Knut dicht hinter ihr. »Oder haben Sie extra auf mich gewartet?«, sagte er mit unerhörtem Grinsen, so dass sie sich brüsk abwandte.
    Er aber beugte sich mit strahlenden Lächeln zur rundlichen Frau hinab. »Ich hoffe, liebe Frau, Sie haben gut geschlafen, zumindest sehen Sie heute Morgen sehr erholt und erfrischt aus«, säuselte er mit übertriebener Galanterie.
    Das glänzende runde Gesicht der Frau begann vor lauter Freude noch mehr zu glänzen. Sie strahlte über das ganze Gesicht, und freute sich anscheinend so sehr, dass sie versehentlich schmatzte und ihr mächtiger Busen fast den Teller umgekippt hätte. »O ja«, sagte sie mit einem koketten Augenaufschlag, »ich habe prächtig geschlafen, ganz wunderbar.«
    »Und geschnarcht«, murmelte ihr Mann.
    »Ach du, was du immer hast«, winkte die Frau verächtlich mit der Hand ab und wandte sich sofort Knut wieder zu. »Sie dagegen haben bereits fleißig gearbeitet.« Und noch ehe er etwas erwidern konnte, sagte sie zu Lena geneigt: »Wie schön von Ihnen, dass Sie ihn dabei wenigstens etwas geholfen haben.«
    »Ah, habe ich das …?«, fragte sie Knut mit unterdrückten Lachen.
    Er stutzte einen Augenblick, doch dann antwortete er prompt: »Indirekt schon – es ging zumindest gleich viel schneller.«
    Nun war es an Lena verblüfft dreinzuschauen, und so sagte sie mit resignierten Kopfschütteln: »Das verstehe wer will – aber ich nicht!«
    »Ach Gott, sehen Sie nur«, wobei die rundliche Frau ihre Hand auf Knuts Arm legte, »wie genierlich die gute Frau jetzt dreinblickt – direkt rührend.«
    Lenas Augen begannen gefährlich zu funkeln und sogar ihre Stimme nahm einen gereizten Klang an, als sie fragte: »Von was reden Sie eigentlich die ganze Zeit? Ich verstehe kein Wort.«
    »Aber, aber …«, setzte die Frau zur genüsslichen Erklärung an. Doch Knut fiel ihr rasch ins Wort, indem er sich erhob und laut verkündete: »Meine lieben Fahrgäste, wie ihr alle wisst, haben wir noch eine ziemlich lange Fahrt vor uns und deshalb bitte ich sie umgehend ihre Plätze einzunehmen, damit wir wie vorgesehen, heute Abend rechtzeitig die Fähre in Neapel erreichen.«
    Den allgemeinen Aufbruch nicht achtend, blieb Lena an der blumenübersäten Balustrade stehen und sah auf den hellen, ruhigen See hinaus. Das Wasser am Ufer war so klar, dass weithin der steinige Untergrund, samt Lebewesen sichtbar wurde. In weiter Ferne, fast am gegenüberliegenden Ufer, waren einige weiße Segel zu sehen; die eigentlich mehr wie gemalt, wie hin projiziert aussahen.
    »Was ist Lena, wollen Sie etwa nicht mitfahren?«, rief Knut ihr zu.
    »Doch, doch!«, rief sie zurück, und versuchte sich mit aller Gewalt von dem bezaubernden Anblick loszureißen. »Da bin ich ja schon! Von mir aus kann es losgehen.«
    Die Türen schlossen sich und schon verließen sie den Parkplatz vor dem Hotel.
    Eine Weile sahen sie, jeder mit sich beschäftigt, stumm zum Fenster hinaus.
    Einerseits Lena, weil sie ja nichts von der vorüberziehenden Landschaft verpassen wollte,

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