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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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und andererseits Knut, weil er auf den regen Verkehr achten musste.
    Erst nachdem sie die nicht sonderlich interessante Po-Ebene durchfuhren, unterhielten sie sich hin und wieder über irgendwelche Belanglosigkeiten, die sich zumeist auf ihre momentane Reise bezogen.
    Plötzlich fragte Knut vollkommen unvermutet: »Wird das jetzt, wo Sie nicht mehr in Arbeit stehen, nicht zu langweilig für Sie werden?«
    »Sie meinen Zuhause?«
    »Ja.«
    »Keineswegs, wo denken Sie denn hin! Erstens lässt man sich für alles viel mehr Zeit, da einem niemand mehr hetzt, und zweitens, es gibt so vieles was ich immer tun wollte aber nie konnte. So gesehen begann ein völlig neues Leben für mich – ein herrlich freies, wunderbar erfülltes Leben. Ja wirklich, ich hätte das selbst kaum für möglich gehalten – aber es ist so.«
    Knut nickte, aber sein Gesicht war sehr ernst, fast schon enttäuscht. Er überlegte, schien nach einer Antwort zu suchen, die dann doch nur lautete: »Ich verstehe …«
    »Nein, mein Lieber, das tun Sie nicht!«, erwiderte Lena entschieden.
    Er streifte sie mit einem spöttisch erstaunten Blick. »Aha, und wieso nicht?«
    »Weil Sie keine Frau sind und gar nicht wissen können, was in einer Frau vor sich geht, die jahrzehntelang nur für ihre Familie gelebt hat.«
    Knut lachte hell auf, und wie ihr schien, erleichtert, irgendwie erfreut. »Was für eine Logik, typisch Frau, als ob die Männer nur zum Spaß, nur für sich, eine Familie zu unterhalten suchen!«
    »Das wahrscheinlich nicht. Doch zumindest in meinen beiden Ehen war es so, dass das normale Tagesgeschehen weitestgehend vom Mann und den Kindern bestimmt wurde. Und ich, als Gattin und Mutter, hatte schließlich nur noch das zu tun, was dieser Tages- und Jahresplan vorsah. Bitte, verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, denn dieses, von bestimmten Notwendigkeiten vorgefertigte Schema, war mit Sicherheit vollkommen unbewusst entstanden. Deshalb wäre es auch völliger Blödsinn zu behaupten, mich sozusagen als Unterdrückte, todunglücklich gefühlt zu haben; so war es natürlich nicht.«
    »Nein …?«
    »Nein.« Sie schnitt in aller Ruhe den in ihren Schoß liegenden Apfel in Scheiben und reichte ihm ein Stück davon hin, und wiederholte: »Nein, ich war weder unzufrieden, noch unglücklich. Genauer gesagt; ich tat gewissermaßen meine Pflicht – und die, wie jede andere auch, so gewissenhaft wie möglich. Nur, später dann, als die Kinder außer Haus weilten, begann ich plötzlich nachzudenken – wiederum völlig unbewusst. Und da sich just in dieser Zeit mein Mann beruflich verändern wollte, was für mich ein völlig unakzeptabler Vorschlag darstellte, so zogen wir es vor einen Schlussstrich unter unser gemeinsames Leben zu ziehen. Tja, und damit begann für mich ein gänzlich neues, mitunter schon recht gewöhnungsbedürftiges Leben. Doch immerhin eines, das von nun an nur mir gehören würde. Das mögen Sie zwar für fürchterlich egoistisch halten.« Sie zuckte gleichgültig die Schultern. »Ich kann’s halt nicht ändern.«
    »So in etwa verstehe ich Sie schon – vielleicht sogar aus sehr ähnlichen Gründen. Nur jetzt …«, er stockte und überlegte, er konnte sich anscheinend nicht für die rechten Worte entscheiden.
    Da kam ihm Lena lächelnd zu Hilfe: »Sie fühlen sich einsam, weil Sie sich vor dem Alleinsein im Alter fürchten, stimmt’s?«
    »Ja«, sagte er so leise, dass Lena es nur erahnen konnte.
    »Bis dahin dürfte es ja noch eine Weile dauern, und wer weiß, das Leben geht oft seltsame Wege. Warum also nicht auch bei Ihnen?« Sie lachte vergnügt und gurtete sich ab. »Jetzt wird es erst einmal Zeit für einen Kaffee, finden Sie nicht auch?« Sie erhob sich und ging zur Kaffeemaschine, was mit einem lauten Beifall honoriert wurde.
    Währenddessen kündigte Knut über das Mikrofon an, dass in etwa einer halben Stunde, eine kurze Pause fällig sei.
    Das Wetter war unvergleichlich schön und trotz puren Sonnenschein nicht zu heiß, da ein leichter Nordostwind für angenehme Temperaturen sorgte.
    Wie immer bei den Pausen an den Raststätten, strömte erst einmal alles zu den Toiletten, was natürlich immer auch einen mehr oder weniger großen Stau verursachte. Während die Letzten noch anstanden, gruppierten sich die Ersten bereits mit vielen Fragen um Knut herum.
    So auch diesmal. Zielstrebig trat ein gutaussehendes junges Paar an ihn heran, sie, groß, schlank, blondhaarig, mit einem ausgesprochen puppigen Gesicht, er,

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