Die Ueberbuchte
heute!«, erwartete Knut sie bereits ungeduldig in der Hotelhalle.
»Du bist gut – ich war bereits ausgiebig schwimmen!«
»Das hätte ich mir ja fast denken können, dass du nicht so lang schläfst. Ich dagegen«, brüstete er sich, »habe inzwischen meine Mutter im Krankenhaus angerufen. Die hat sich vielleicht gefreut! Es scheint ihr tatsächlich etwas besser zu gehen – wenigstens kam es mir so vor.«
»Wie schön, das freut mich wirklich sehr!«
»Stellt dir vor«, redete er sofort weiter, »meine Mutter sagte doch, dass es seit gestern pausenlos regnen würde, und dazu noch ein eklig böiger, viel zu kalter Wind – ist das nicht furchtbar?!«
»Eigentlich unvorstellbar, wenn man diesen blanken Himmel ansieht, der im Grunde der gleiche wie zu Hause ist.«
»Aber richtig schlimm wird diese Vorstellung erst, wenn ich daran denke, dass wir in zwei Tagen schon, uns ebenfalls in die Schlechtwetterzone begeben müssen. Ein schrecklicher Gedanke, findest du nicht auch?«
»Das ist wirklich nicht fair von dir, mich jetzt, noch vor dem Frühstück auf diese Grausamkeiten hinzuweisen!«
»Nanu, welche Grausamkeiten denn?«, fragte da eine wohlbekannte Stimme hinter ihr. Es war der gutaussehende Mann, ihr Tischnachbar.
Lena drehte sich zu ihm um. »Das wir in zwei Tagen schon wieder abreisen müssen …!«
»Oh, das rechtfertigt natürlich auch den größten Unmut«, säuselte der Mann dicht neben ihr.
Lena sah sich suchend um. »Ihre Frau ist wohl schon vorausgegangen?«
»Ach du lieber Himmel, wo denken Sie hin! Meine Frau, und nur eine Minute früher als nötig aufzustehen, wäre schlichtweg undenkbar! Sie liebt es über alles, bis in den hellen Tag hinein zu schlafen.«
»Dann wird sie aber das Frühstück versäumen«, bemerkte Lena.
»Keine Angst, das haben wir längst geregelt«, erwiderte er mit geheimnisvollem Schmunzeln.
Lena und Knut wechselten einen beredten Blick und enthielten sich einer weiteren Diskussion über dieses Thema, denn sie hatten schon längst bemerkt, dass die hübsche blonde Frau nach allen Regeln der Kunst verwöhnt wurde. Und sie verspürten absolut keine Lust darauf, über etwaige Einzelheiten unterrichtet zu werden.
Doch etwas konnte sich Lena dennoch nicht verkneifen zu fragen: »Kinder haben Sie wohl keine?«
»Doch, doch, aber aus der ersten Ehe – einen Sohn. Der macht zurzeit sein Abitur – oder besser gesagt, er versucht es.«
Lena lachte. »Das kenne ich … Ein schreckliches Alter, nicht wahr?«
Er nickte. »Weiß Gott!«
Nun aßen sie schweigend.
Und erst nach einer Weile, als der gutaussehende Mann mit größter Sorgfalt seine Serviette mit samt dem Teller zur Seite geschoben hatte, wandte er sich mit ernsten Gesicht Lena wieder zu. »Wie war das eigentlich damals bei Ihnen?« Er zögerte kurz und korrigierte sich lächelnd: »Mit ›damals‹ meinte ich natürlich die DDR – wurde da nicht auch alles Mögliche subventioniert?«
Obwohl sie sich im Geheimen über die seltsamen Gedankensprünge des Mannes wunderte, antwortete sie gelassen: »Alles Mögliche ist gut – eher alles, das wäre das richtigere Wort!«
»Naja, alles ist wohl auch ein bisschen übertrieben, denn Autos und Elektronikartikel, soweit ich mich erinnere, gehörten schon mal nicht dazu, so teuer wie die waren.«
»Ja, das stimmt allerdings! Denn generell alle Luxusartikel, wozu auch Kaffee und Schokolade gehörten, wurden natürlich nicht bezuschusst. Aber wieso, auch? Das verstehe ich jetzt nicht so ganz?«
»Ganz einfach, weil sich neuerdings bei uns auch zunehmend diese schreckliche Subventionsmanie durchsetzt – eine direkt gefährliche Unsitte, finde ich. Das beste Beispiel hierfür bietet die Landwirtschaft, gefolgt vom Bergbau, sowie der Stahlindustrie, nicht zu vergessen sind die Mieten, und nun auch noch verstärkt Arbeitsplätze, und so weiter und so fort. Das kann doch unmöglich gutgehen! Schließlich haben wir eine Marktwirtschaft. Und meinem Wissen nach, hat man uns das schließlich so gelehrt, reguliert sich der Markt aufgrund dessen ganz von selbst – und somit die gesamte Wirtschaft. Das was aber jetzt vermehrt geschieht, ähnelt verdammt noch mal, eher sozialistischen Machenschaften!«
Lenas Miene wechselte zwischen Zustimmung und Ablehnung hin und her. So war es auch nicht verwunderlich, dass ihre Stimme unsicher schwankte, als sie erwiderte: »Sie mögen ja auf einer gewissen Weise recht haben, aber was wäre, wenn diese aufgezählten Bereiche nicht
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